72 Herren, ſich davon überzeugen zu laſſen, daß es beſſer iſt, erſt bei 3,50 ℳ zu bleiben. Es kommt hinzu, daß die Privatkliniken auch noch immer mit 3,50 % die Kranken aufnehmen, und Sie werden mir zugeben, daß jemand, der eine Privatklinik hat, nicht etwa zugunſten der Kranken⸗ kaſſen zuſetzen will. Daß der Verpflegungsſatz in unſerm Krankenhauſe im allgemeinen höher iſt, iſt ja ſelbſtverſtändlich, auch ſchon aus den Gründen, die Herr Kollege Dr Liepmann vorhin angeführt hat. Ich bin natürlich recht zufrieden darüber, daß die Krankenhäuſer gut gebaut ſind, daß wir in unſeren Krankenhäuſern Muſteranſtalten beſitzen; wenn auch der Verpflegungsſatz dadurch ein etwas höherer iſt. Aber eine Stadt wie Charlottenburg, die ſolche Muſteranſtalten baut, muß auch für die entſtande⸗ nen Mehrkoſten mit eintreten und kann nicht alles auf die Bevölkerung abwälzen. Die Dinge liegen ja ſo, daß ein großer Teil der Koſten nicht nur von den Krankenkaſſen einkommt, ſondern auch von Privaten getragen werden muß. Eine Erhöhung des Gas⸗ preiſes, mag ſie auch noch ſo ſchwer wirken, iſt lange nicht ſo ſchlimm, als wenn in der Familie eines kleinen Mannes die Frau erkrankt, ſechs, acht Wochen im Krankenhaus verbringen muß und der Mann die Koſten tragen ſoll. Wenn ihm da jeden Tag 50 5 weniger angerechnet werden, ſo iſt das eine große Entlaſtung für ihn. Ich möchte weiter darauf hinweiſen, daß der Ma⸗ giſtrat in ſeinem Haushaltsplan angibt, daß die Naturalverpflegungsſätze entſprechend den wirklichen Ausgaben in der Zeit von 1. 10. 1914 bis 30. 9. 1915 von 1,05 auf 1,25, alſo um 20 § pro Tag, er⸗ höht worden ſind. Was in der Hauptſache die Ver⸗ teuerung hervorgebracht hat, ſind doch die hohen Lebensmittelpreiſe; hier werden nur 20 § pro Tag angeſetzt, während um 1 ℳ täglich erhöht werden ſoll. Der Magiſtrat hätte dann ſchon vor drei, vier, fünf Jahren mit dem Antrage auf Erhöhung der Kranken⸗ hauskoſten kommen können. Ich kann Sie nur dringend bitten, unſerm An⸗ trage, den Satz vorläufig auf 3,50 ℳ zu normieren, zuzuſtimmen. Wenn Sie aber der Anſicht ſind, daß Sie das nicht können, dann möchte ich Sie bitten, nehmen Sie den Vorſchlag, daß der Satz auf 4 ℳ heraufgeſetzt werden ſoll, aus dem Etat heraus und warten Sie ab, was Berlin macht. (Zuruf: Das geht doch nicht!) Ich ſchlage das ja nur vor, damit wir nicht mit dem 4 ℳ⸗Satz ollein daſtehen. Natürlich wäre es mir lieber, wenn Sie ſchon heute nach unſerm Antrage beſchließen würden. Stadtrat Dr. Gottſtein: Der Vertagungsantrag des Herrn Stadtv. Ahrens iſt nicht annehmbar, denn es würde eine ſo hohe Summe ausfallen, daß ſie bei der Berechnung des Etats unbedingt ins Gewicht fiele und an anderer Stelle eingebracht werden müßte, was heute nicht mehr angängig wäre. Die weiteren Ausführungen des Herrn Stadtv. Ahrens bedürfen einer gewiſſen Ergänzung. Er hebt hervor, daß der Hauptgrund für die Erhöhung der Sätze die Steigerung der Preiſe für Lebensmittel — und, wie ich ergänzend hinzufügen will, auch der Hei⸗ zungspreiſe, der Kohlenvreiſe — ſei, er hat aber nicht erwähnt, daß wir eine Erhöhung ſeit dem Jahre 1909 nicht haben eintreten laſſen. Wenn von 1914 bis Sitzung am 16. März 1916 1915 eine Steigerung in dem Umfange nicht einge⸗ treten iſt, daß ſie die Erhöhung um 25% rechtfer⸗ tigte, ſo beträgt dafür die Steigerung der Preiſe für Nahrungsmittel und Kohle ſeit dem Jahre 1909 34%. Wir hinken alſo weſentlich nach und haben in Berückſichtigung dieſer Umſtände gefolgert, daß es eine Pflicht der Bevölkerung iſt, an dieſer Steigerung ihren Anteil auf ſich zu nehmen. Nun hat Herr Stadtv. Ahrens einen ſehr wichtigen Punkt ganz außer Acht gelaſſen. Mögen Schöneberg und Weißenſee einheitlich den Satz auf nur 3,50 ℳ erhöht haben, wir aber gleich um 1 ℳ, ſo haben wir eine Beſchränkung eintreten laſſen ge⸗ rade unter Berückſichtigung wichtiger Forderungen der Volksgeſundheitspflege: wir haben den Satz für Kinder nicht erhöht, weil wir die Ver⸗ ſchleppung von Epidemien in den Haushalt dadurch vermindern wollen, daß wir die Krankenhausauf⸗ nahme der Kinder bei Infektionskrankheiten in tun⸗ lichſt großem Umfange ermöglichen. Wenn wir das mit in Betracht ziehen, ſo iſt unſere Geſamterhöhung nicht beträchtlicher als in Schöneberg, ſie trägt aber den wichtigſten Forderungen der Geſundheitspflege beſondere Rechnung. Herr Stadtv. Ahrens hat dann angeführt, daß es für den Mann, deſſen Frau 5 bis 6 Wochen im Krankenhauſe verbleiben müßte, eine ſchwere Be⸗ laſtung bedeute, den erhöhten Satz zu zahlen. Der Zeitraum von 5 bis 6 Wochen iſt für die überwie⸗ gende Mehrzahl der Fälle viel zu hoch gegriffen. Es handelt ſich gerade bei den akuten Fällen, den chirur⸗ giſchen Fällen, bei denen Selbſtzahler Aufnahme im Krankenhauſe finden, um viel kürzer verlaufende Krankheiten, die eine geringere Dauer der Aufnahme bedingen und wo der Unterſchied nachher nicht ſo ſehr ins Gewicht fällt gegenüber den wegfallenden Koſten die heute doch auch weſentlich geſteigert Ind. Wir haben nur dem Rechnung getragen, daß wir ſechs Jahre lang eine Erhöhung nicht haben eintreten laſſen, und geglaubt, unter den gegenwärtigen Um⸗ ſtänden die ganze Frage wieder aufrollen zu müſſen. Wir ſind noch unterhalb der Selbſtkoſten geblieben und fordern nicht mehr als andere Orte; wir haben nur eine feinere Verteilung vorgenommen, um eine Verminderung der Aufnahmen der Kinder in die Krankenanſtalten zu verhüten. Ich wiederhole ſchließlich: es iſt unmöglich, den Vertagungsantrag anzunehmen, denn der Ausfall im Haushalt iſt ſo groß, daß er in anderer Form gedeckt werden müßte, und die Herren wären in großer Ver⸗ legenheit, im Augenblick dem Rechnung zu tragen. Der Unterſchied zwiſchen 3,50 ℳ und 4 ℳ beträgt mehr als 100 000 ℳ. Stadtv. Gebert: Meine Ausführungen ſollen nicht die Frage der Erhöhung der Krankenhauskoſten betreffen, ſondern ich will hier abermals den Wunſch zum Ausdruck bringen, den ich ſchon im Ausſchuſſe geäußert habe: ich bitte den Magiſtrat, in Erwägung zu ziehen, daß für die Angeſtellten des Krankenhauſes ſolche Arbeitsverhältniſſe geſchaffen werden, daß die Leute ſich dort wohl befinden, daß die beſtehende Fluktuation vermieden wird und ſie eine dauernde Arbeitsſtätte im Krankenhaus erhalten, ſowie daß ihnen endlich der langerſehnte Arbeiterausſchuß ge⸗ geben wird. (Die Verſammlung lehnt den Antrag des Stadtv. Ahrens ab, beſchließt mit großer Mehrheit die Er⸗