Sitzung am 16. März 1916 4 zwiſchen Reich, Staat und Gemeinden der Benach⸗ teiligte der Grund⸗ und Hausbeſitz wäre, und daß man im Intereſſe dieſer Kreiſe über die Unbilligkeit, die in dem Verlangen der Herren Miniſter des In⸗ nern und der Finanzen liegt, hinweggehen muß. Deshalb, meine Herren, empfiehlt Ihnen der Ausſchuß e in ſt immig den Antrag, den ich vor⸗ hin mitgeteilt habe, zur Annahme. Hierdurch wird die in ihrem Sollbetrag ohnehin von 500 000 ℳ auf 200 000 ℳ herabgeſetzte Gemeindeumſatzſteuer eine weitere Schmälerung erfahren, natürlich erſt, nach⸗ dem der Magiſtrat ſeinerſeits die Aenderung der Um⸗ ſatzſteuerordnung beſchloſſen hat und ſie dann von uns noch formell genehmigt iſt. Iſt die Aenderung vollzogen, ſo wird ein Rückgang der Umſatzſteuer noch über den veranſchlagten hinaus eintreten; denn wie uns im Ausſchuſſe mitgeteilt worden iſt, ſind nach den Erfahrungen des letzten Jahres die Einnahmen aus der Umſatzſteuer ungefähr zum gleichen Teile aus Zwangsverſteigerungen und aus freihändigen Verkäufen erzielt worden, und wenn nicht ſogar die Mehrheit der Einnahmen aus Zwangsverſteigerun⸗ gen erzielt iſt, ſo liegt das nur daran, daß die herr⸗ ſchende Geſetzgebung den Zwangsverſteigerungen häufig Einhalt gebietet. Wir haben daher den An⸗ ſatz von 200 000 ℳ um weitere 25 000 ℳ auf 175 000 %ℳ ermäßigt. Während ſo die eine Gruppe der wichtigen Real⸗ ſteuern, Grundſteuer und Umſatzſteuer, nicht geſteigert worden iſt, und deshalb im Jahre 1916 einen nicht unerheblich geringeren Ertrag geben wind als im Jahre 1915, erſchien es uns möglich, eine kleine Stei⸗ gerung bei der Gemeindegewerbeſteuer vorzunehmen. Der Ausſchuß ſchlägt Ihnen eine 15⸗ prozentige Erhöhung der Zuſchläge zu den ſtaatlich veranlagten Beträgen der Klaſſe I und II und eine 50prozentige Erhöhung des Zuſchlages zu den ſtaat⸗ lich veranlagten Beträgen der Klaſſe III vor. Der Be⸗ ſchluß iſt dem Ausſchuſſe nicht leicht geworden. Wir haben uns hier in früheren Jahren mit der Gewerbe⸗ ſteuer oft beſchäftigt, und gerade die Rückſicht auf die Gewerbeſteuerklaſſe III hat uns ſtets abgehalten, eine Erhöhung der Gewerbeſteuer zu beſchließen, weil zu der Klaſſe I111 viele Angehörige des gewerblichen Mit⸗ telſtandes gehören. Daß wir Ihnen diesmal trotzdem eine Erhöhung vorſchlagen, ergibt ſich zunächſt aus der Notlage, eben irgendwo, irgendwie eine Erhöhung der Realſteuern vorzunehmen. Denn wenn wir auch die Gewerbeſteuer nicht erhöhen, ſondern bei den alten Sätzen belaſſen würden, würde — infolge der rückläufigen Steuerkraft — hier wieder ein Defizit ent⸗ ſtehen, das natürlich ſchließlich ſeine Deckung ebenfalls bei der Gemeindeeinkommenſteuer ſuchen müßte, und dieſe würde dann ſo in die Höhe ſchnellen, daß es auch den Gewerbetreibenden Nachteil brächte, die auf das Verbleiben und den Zuzug der wohlhabenden Be⸗ völkerung angewieſen ſind. Ferner, meine Herren, kam in Betracht, daß ſich die Verhältniſſe im Sinne der Ge⸗ werbeſteuerklaſſe 111 nach der Erhöhung nicht ſo ungünſtig geſtalten werden, wie wir anfangs be⸗ fürchten mußten. Das Aufkommen aus der Waren⸗ hausſteuer hat es im Rechnungsjahre 1915 ermög⸗ licht, die Pflichtigen der Klaſſe IV ſämtlich und von den Pflichtigen der Klaſſe I1I diejenigen völlig frei zu laſſen, die in den drei unterſten Stufen von 32, 36 umd 40 ℳ veranlagt werden. Im Rechnungsjahre 1916 wird nun das Aufkommen der Warenhausſteuer wieder eine völlige Entlaſtung der Gewerbeſteuer⸗ pflichtigen der Klaſſe IV und ebenſo ein völliges 75 Freibleiben der Gewerbeſteuerpflichtigen der Klaſſe III geſtatten, ſoweit ſie zu Sätzen von 32 und 36 veranlagt ſind, und auch diejenigen, die zu Sätzen von 40, 48 und 56 ℳ veranlagt ſind, werden noch zur Hälfte von der Steuer frei bleiben. Hierdurch er⸗ ſcheinen die Wirkungen der Steuererhöhung, die Ihnen empfohlen wird, immerhin erträglicher, als der erſte Eindruck es erwarten läßt, und der Ausſchuß be⸗ antragt deshalb, die vom Magiſtrat vorgeſchlagene Erhöhung der Gemeindegewerbeſteuer zu bewilligen. Der Magiſtrat rechnet hieraus auf einige 70 000 ℳ Mehrertrag. Meine Herren, bevor wir uns nun zur Ge⸗ meindeeinkommenſteuer wenden, laſſen Sie mich noch mit wenigen Worten die Frage behandeln, ob es möglich war, andere neue Steuerquellen zu erſchließen. Ich kann mich hier ganz kurz faſſen. Die Filialſteuer, die als einziges, wirklich greif⸗ bares Projekt genannt wurde, iſt bereits bei der Er⸗ örterung des Sonderplanes Nr. 5 geſtreift worden. Ich darf zuſammenfaſſend nur ſagen, daß der Haushalts⸗ ausſchuß in ſeiner großen Mehrheit dieſem Steuer⸗ plane nicht näher getreten iſt, weil man erſtens der Meinung war, im Intereſſe der geſamten Charlotten⸗ burger Bevölkerung die Filialen der großen Berliner Geſchäftshäuſer in unſerer Stadt halten zu müſſen, und weil uns zweitens hieran ein außerondentlich wichtiges Intereſſe der Charlottenburger Hausbeſitzer vorzuliegen ſchien, die es ſicherlich unter den heutigen Verhältniſſen kaum verwinden würden, wenn dieſe Geſchäfte, weil ſie die Lebenskraft der Filialen be⸗ droht glauben oder auch aus Verärgerung, die Fili⸗ alen aus Charlottenburg zurückziehen würden, ſei es, daß ſie ſie überhaupt auflöſen, ſei es, daß ſie ſie in einer der Nachbargemeinden, in einer der benachbarten Straßen unterbringen. (Sehr richtig!) Dieſe Gründe waren für die große Mehrheit des Ausſchuſſes maßgebend, eine Filialſteuer im gegenwär⸗ tigen Augenblicke von der Hand zu weiſen, und es blieb ſchließlich die Notwendigkeit, die Zuſchläge zur Ge⸗ meindeein kommenſteuer erheblich zu er⸗ höhen. Es erwies ſich nicht als angängig, etwa bloß die Ziffern des Sollbetrages, die der Herr Kämmerer auf Grund ſeiner eingehenden Prüfung veranſchlagt hat, in die Höhe zu ſetzen. Wir waren uns zwar dar⸗ über klar, daß die Schätzung vorſichtig iſt und die Hoffnung beſteht, daß die Entwicklung die Schätzung nach der guten Seite hin Lügen ſtrafen wird. Aber bei dem großen Scharfblick, den unſer Herr Kämmerer in ſeinen Schätzungen 12 Jahre hindurch bewieſen hat, war es uns bedenklich, poſitiv zu erklären: die Schätzung iſt zu niedrig, und wir wagen es, ſie zu erhöhen. So müſſen wir das, was uns zur Balanzie⸗ rung des Haushaltes fehlt, andererſeits durch eine Steigerung des Satzes der Gemeindeeinkommenſteuer decken, und der Ausſchuß ſchlägt Ihnen in Ueberein⸗ ſtimmung mit der Magiſtratsvorlage vor, den Zu⸗ ſchlagsſatz auf 170 % zu bemeſſen. Meine Herren, daß der Entſchluß, von 140 auf 170 % zu gehen, einer Vreſammlung ſchwer fallen muß, die jahrelang mit zäheſter Energie an dem Steuerſatze von 100 % feſtgehalten, die ſich auch gegen die kleinſte Erhöhung dieſes Steuerſatzes mit allem Eifer und aller Kraft zur Wehr geſetzt hat, iſt ſelbſt⸗ verſtändlich. Aber wir ſind überzeugt, daß die Bür⸗ gerſchaft es würdigen wird, daß wir gerade in ernſter Zeit eine vorſichtige und weitblickende Finanzpolitik