Sitzung am 10. Mai 1916 berückſichtigen, daß ſich darunter 12 Schülerinnen befinden, die nicht beabſichtigen, das Reifezeugnis der Studienanſtalt zu erwerben, die nur unter dem Zwange der äußeren Verhältniſſe an dem Unter⸗ richt der Studienanſtalt teilnehmen. Sie ſcheiden daher für den Nachweis des Bedürfniſſes aus. Im⸗ merhin bleiben dann noch 25 Schülerinnen übrig; eine Zahl, die nahe an die Marimalzahl einer Stu⸗ dienanſtaltsklaſſe heranreicht. Unter dieſen Umſtän⸗ den hat der Ausſchuß die Frage des Bedürfniſſes einſtimmig bejaht. Die Studienanſtalt auf Weſtend ſoll eine Ober⸗ realſchule ſein. Gegen dieſen Antrag des Magiſtrats ſind Bedenken im Ausſchuß nicht laut geworden. Der Ausſchuß iſt allerdings auch nicht in eine grund⸗ ſätzliche Erörterung der Frage, welchen Charakter die Studienanſtalt haben ſolle — ob ſie als Gym⸗ naſium, oder als Realgymnaſium, oder als Oberreal⸗ ſchule ausgebaut werden ſolle — eingetreten; wohl aber wurden die Vorzüge der Oberrealſchule gelegent⸗ lich hervorgehoben. Damit kann ich meinen Bericht über die Be⸗ ratungen im Ausſchuß ſchließen. Ich möchte Sie bitten, dem Beſchluſſe des Ausſchuſſes beizutreten und die Magiſtratsvorlage anzunehmen. Stadtv. Dr. Rotlholz: Bei dieſer Frage iſt ja entſcheidend geweſen, ob wirklich ein Bedürfnis zur Errichtung einer neuen Studienanſtalt auf Weſtend vorliegt. Die Ausführungen des Herrn Referenten haben mich nicht davon überzeugt, ebenſo wenig wie die Vorverhandlungen und die Tatſache, daß ſowohl die Schuldeputation wie auch ein Unterausſchuß die Vorlage einſtimmig angenommen haben. Die Gründe hierfür möchte ich hier anführen. Ich habe mir die Zuſammenſetzung der Schü⸗ lerinnen der Studienanſtalt in der Nürnberger Straße angeſehen, und da fand ich, daß mindeſtens ein Drittel der dortigen Schülerinnen auswärtige ſind. Ich meine, wenn das der Fall iſt, wenn alſo in der Nürnberger Straße ein großer Teil der Schü⸗ lerinnen aus Auswärtigen beſteht, dann iſt es nicht notwendig, daß wir noch eine neue Studienanſtalt gründen, und ich glaube, für die Entwicklung des Stadtteils macht es nichts aus, wenn die dortigen Eltern ihre Kinder nach der Nürnberger Straße ſchicken, wo Plätze vorhanden ſind, anſtatt, dort draußen in Weſtend eine neue Studienanſtalt auf dem jetzigen Lyzeum aufzubauen. Eein anderer Grund, der für mich maßgebend iſt, iſt natürlich die Finanzfrage der Stadt Char⸗ lottenburg. Jetzt werden ſchon 6000 ℳ neu ange⸗ fordert; was aber der Neubau koſten wird, wenn auf dem Lyzeum eine Studienanſtalt aufgebaut wird, ſteht ja nicht in der Vorlage. Immerhin werden die Koſten beträchtlich höher ſein, und deshalb glaube ich, daß man unter den heutigen Verhältniſſen nicht das neue Experiment wagen ſollte. Es iſt ja über⸗ haupt in Charlottenburg bisher ſchon vielfach darüber geklagt worden, daß die Koſten der Entwicklung des Schulweſens, das in Charlottenburg zweifellos eine e Blüte erreicht hat, kaum mit den Mitteln in inklang zu bringen ſind, die der Stadt zur Ver⸗ fügung ſtehen, und von den verſchiedenſten Seiten behandelte man dieſen Zuſtand kritiſch. Aber wenn die Bedürfnisfrage in dieſem Falle den Ausſchlag gegeben hat, ſo möchte ich mir doch auch erlauben, auf eine andere Frage hinzuweiſen. bei der zweifellos auch ein Bedürfnis vorliegt und 91 dem die Stadt doch nicht Folge gegeben hat. Ich komme auf den jüdiſchen Religionsunterricht in den Studienanſtalten zu ſprechen. Es iſt Tatſache, daß die Studienanſtalten zu einem ganz hohen Prozent⸗ ſatz von jüdiſchen Schülerinnen beſucht werden. Die Vertretung der jüdiſchen Bevölterung, die jüdiſche (Gemeinde in Berlin, hat mehrfach beim Magiſtrat die Einführung des jüdiſchen Religionsunterrichts beantragt. Ich weiß nun nicht, warum dieſem Be⸗ dürfnis, das tatſächlich vorliegt, nicht Rechnung ge⸗ tragen wird, während hier, wo es ſich um 30 Schülerinnen handelt — 2 Vorſteher Dr. Frentzel (unterbrechend): Ich fürchte, daß Sie ſich etwas von der Sache entfernen. (Stadtv. Dr Rorhhol3: Ich meine, es ſteht das in einem engen Zuſammenhang, um die Frage des Bedürfniſſes zu beleuchten!) Ich kann dieſen Zuſammenhang nach Ihren bisheri⸗ gen Ausführungen nicht als gegeben anſehen. Stadtv. Dr Rothholz (fortfahrend): Jedenfalls trägt augenblicklich, wo es ſich nur um 30 Eltern han⸗ delt, die um die Errichtung einer Studienanſtalt für ihre Kinder einkommen, der Magiſtrat mit der Vor⸗ lage, die verhältnismäßig viel, viel mehr koſtet als eventuell die Einrichtung des jüdiſchen Reli⸗ gionsunterrichts für mehr als hundert Schülerinnen, dem Rechnung. Nun weiß ich nicht, ob die Rundfrage, die ergeben hat, daß ſich 30 junge Mädchen eventuell für die Stu⸗ dienanſtalt melden würden, ſo ausſchlaggebend iſt. Mir will es ſcheinen, daß jeder Direktor eines Lyzeums durch eine Rundfrage unter ſeinen [Schülerinnen die Zahl von 30 Schülerinnen erhalten kann, um daraufhin gründen. Aus dieſen Geſichtspunkten heraus bin ich leider nicht in der Lage, dem Ausſchußantrage zuzu⸗ ſtimmen. eine Studienanſtalt zu be⸗ Stadtſchulrat Dr Neufert: Auf die Ausführun⸗ gen des Herrn Vorredners muß ich mit einigen Worten eingehen. Es ſind nicht nur 30 Eltern, die die Errichtung einer Studienanſtalt auf Weſtend wünſchen, ſondern erheblich mehr; die Zahl hat ſich in den letzten Tagen ſtändig erhöht, obwohl wir es nicht als zweckmäßig erachtet haben, auf die An⸗ regung einzugehen, die ſeinerzeit von dem Herrn Referenten gegeben worden iſt, eine Rundfrage unter der Bürgerſchaft zu veranſtalten. Ich habe die feſte Ueberzeugung, daß die Zahl dann noch erheblich in die Höhe geſchnellt wäre, ja ſie wäre ſicherlich ſo groß geweſen, daß wir gar nicht in der Lage geweſen wären, mit der Errichtung einer Klaſſe allen Wünſchen zu entſprechen:; und zwei Klaſſen zu errichten, das lag nicht im Wunſche des Magiſtrats, ich weiß auch nicht, ob in dem der Stadtverordnetenverſammlung. Eine zweite Bemerkung ging dahin, daß ja ſo viele auswärtige Schülerinnen in der Nürnberger Straße — der Herr Vorredner, der ja eine Tochter auf der Studienanſtalt in der Sybelſtraße hat, hätte hinzu⸗ fügen können, auch in der Sybelſtraße — vorhanden wären, daß die Errichtung einer neuen Studien⸗ anſtalt gar nicht nötig ſei. Wir haben allerdings eine Anzahl von auswärtigen Schülerinnen dort