104 teit empfunden haben, daß wir unſerer Fiſchver⸗ taufsſtelle, die ſich bekanntlich in der Schiller⸗ ſtraße befindet, eine zweite im Norden der Stadt angliedern. Denn es hat ſich als notwendig gezeigt, daß wir die Fiſchverſorgung, gerade weil die Fleiſch⸗ verſorgung ſo außerordentlich hapert, verſchärft in Anſpruch nehmen müſſen und daß im Norden der Stadt, gerade da, wo größtenteils die minderbemit⸗ telte Bevölkerung wohnt, für eine zweite Stelle ein dringendes Bedürfnis iſt. Die zweite Verkaufs⸗ ſtelle wird in den allernächſten Tagen eröffnet werden, und zwar in der Kaiſerin⸗Auguſta⸗ Allee. Wir ha⸗ ben uns zur ſofortigen Belieferung unter anderm einen großen Poſten von Heringen, 400 Tonnen, ge⸗ ſichert und hoffen auf dieſe Weiſe in geringem Um⸗ fange einen gewiſſen Erſatz für das mangelnde Fleiſch bieten zu können. Ferner möchte ich materiell bei dieſer Gelegen⸗ heit mitteilen, daß bei uns auch ſchon ſeit mehreren Wochen die Frage der fahrbaren Küchen ſchwebt und daß wir in den allernächſten Tagen — ich glaube, am Montag, dem 15. Mai in der Lage ſein wer⸗ den, zunächſt mit zwei fahrbaren Küchen die Bevölke⸗ rung, beſonders der ärmeren Stadtteile, zu verſorgen. Sollte ſich die Einrichtung bewähren, ſo werden wir auf dieſem Gebiete fortfahren. Ich zweifle nicht daran, daß dieſe Maßnahme bis zu einem gewiſſen Krade auch dazu beitragen wird, die Bevölkexung mit Nahrungsmitteln billig und gut zu verſorgen. (Bravol) Wir haben in dieſer Beziehung ſchon Angebote von verſchiedenen Privatſeiten, die ſich auch für die Sache intereſſieren, ſodaß wir wahrſcheinlich in der Lage ſein werden, mehrere Zentralen über die Stadt zu verteilen und auf dieſe Weiſe eine zweckmäßige Be⸗ lieferung der geſamten Stadt herbeizuführen. Meine Herren, mit wenigen Worten zu dem Antrag Nr. 3! Es kann natürlich im Prinzip nur anerkannt werden — das habe ich auch an die Spitze meiner Ausführungen geſtellt —, wenn diejenigen Kreiſe, die nun einmal mit Nahrungsmitteln han⸗ deln, aufs ſchärfſte kontrolſiert wenden. Aber ich hale mir bereits erlaubt darauf hinzuweiſen — und Sie haben dem, glaube ich, zugeſtimmt —, daß dieſe Kontrolle an ſich ſehr vorſichtig ſein und daß es un⸗ ter allen Umſtänden vermieden werden muß, daß die Art dieſer Kontrolle gerade die Ausſchreitungen wach⸗ ruft. Ich bitte Sie, ſehr zu überlegen, ob es zweck⸗ mäßig iſt, allzu große Kreiſe, d. h. eine allzu große Anzahl von Perſonen, mit dieſer Kontrolle zu be⸗ auftragen. Ich darf Ihnen mitteilen, daß die Mit⸗ glieder der Preisprüfungsſtelle, meiner Auffaſſung nach berechtigterweiſe, den Wunſch geäußert haben, ihrerſeits Ausweiſe zur Kontrollierung zu bekommen. Ich glaube, dabei könnte man es bewenden laſſen, denn das iſt die eigentlich zuſtändige Stelle dafür, und wenn die Mitglieder der Preisprüfungsſtelle mit ſolchen Ausweiſen ausgerüſtet ſind, dann ge⸗ langt das Weſentliche der Wünſche, die von Ihnen geäußert worden ſind, zur Erfüllung. Meine Herren, zum Schluß geſtatten Sie mir noch ganz kurz einige allgemeine Betrachtungen. Ich habe vorhin ſchon betont: niemand kann mehr davon überzeugt ſein, daß wir und daß unſere Bevölkerung augenblicklich in einer ſchweren Zeit hinſichtlich der Nahrungsmittelverſorgung ſteht. Aber wir müſſen uns immer, wie ich glaube, zweierlei dabei vor Augen halten. Ich habe mir ſchon bei dem erſten Male, a's Sitzung am 10. Mai 1916 ich die Ehre hatte, an dieſer Stelle in dieſer Frage un Ihnen zu ſprechen, darauf hinzuweiſen erlaubt und ich glaube, das iſt jetzt noch mehr am Platze, als es damals war —, daß wir auf dem Nahrungsmittel⸗ markt augenblicklich mit dem größten Käufer und Konſumenten zu rechnen haben, den es in der Welt⸗ geſchichte bisher je gegeben hat: das iſt unſer Heer, und daß wir alle nur den Wunſch haben können, daß die Ernährung unſeres Heeres, die die Schlag⸗ fertigkeit unſeres Heeres bedeutet, unverändert eine gute, ja eine reichliche ſei, 4 (Sehr richtig!) daß insbeſondere die Fleiſchnahrung des Heeres — und darauf kommt es jetzt beſonders an eine eben⸗ ſo vorzügliche ſei, wie das bisher der Fall war. (Sehr richtig!) Das legt naturgemäß der Zivilbevölkerung Entbeh⸗ rungen auf. Aber ich meine, wenn wir ſie von die⸗ ſem Geſichtspunkt aus anſehen, dann wird die Zivil⸗ bevölkerung dieſe Entbehrungen gern tragen. Meine Herren, ein anderer Punkt kommt auch nach dazu. Es iſt, wie ich mit innerer Befriedigung konſtatiert habe, von keinem der Herren Vorredner ernſtlich der Vorwurf erhoben worden, der leider in der Preſſe öfters ausgeſprochen wird, der zu Zeiten vielleicht berechtigt war, der meiner Anſicht nach aber eben entſchieden unberechtigt iſt, daß nämlich an der Zurückhaltung des ſchlachtreifen Viehes die Landwirt⸗ ſchaft Schuld trüge. Trotzdem wir hier in der Stadt in erſter Linie Konſumentenintereſſen vertreten, habe ich es doch ſtets für richtig gehalten, daß man die objektive Gerechtigkeit über alles ſtellt. (Sehr richtig! und Bravol) Es liegt nicht im vaterländiſchen Intereſſe — das möchte ich ausdrücklich betonen —, wenn augen⸗ blicklich der Landwirt gezwungen wird, nachdem die Weide kaum eröffnet iſt, ſchlachtunreifes Vieh in gro⸗ ßen Maſſen in die Städte zu treiben, (Sehr richtig!) ſondern es liegt im eminent vaterländiſchen Inter⸗ eſſe, wenn ihm die Möglichkeit gegeben wird, es ſo⸗ zuſagen koſtenlos auf faſt das Doppelte ſeines Wer⸗ tes für die Ernährung der Bevölkerung her⸗ anzuziehen. 6 (Sehr richtig!) Wenn Sie bedenken, daß im Augenblick dieſes Mo⸗ ment und das Moment unſerer Heeresernährung aufs ſchärfſte zuſammentreffen, ſo werden Sie, glaube ich, eine objektive Erklärung, die keinerlei ſubjektives Verſchulden vorausſetzt, für die augen⸗ blickliche Fleiſchknappheit haben, und ſie gegeben zu haben, darauf lege ich allerdings beſonderen Wert. Meine Herren, wir können wohl unſere Auf⸗ faſſung — ich ſage: unſere, denn ich glaube, Sie können ſich ihr auch nicht entziehen dahin zu⸗ ſammenfaſſen: wir haben Lebensmittel in einem ſolchen Umfange, daß wir nicht zu verhungern brauchen; alſo irgendwelche Befürchtungen nach der Richtung, die unſere Feinde gern ſehen würden, liegen nach meiner ehrlichen Ueberzeugung nicht vor.