112 Stadtu. Gebert (Schlußwort): Meine Herren! Nach der breiten und ausgedehnten Debatte kann ich mich in meinem Schlußwort kurz faſſen, ſehe mich aber doch veranlaßt, einige Ausführungen über das zu machen, was ich aus dem Munde des Herrn Oberbürger⸗ meiſters heute hier wieder gehört habe. Wenn der Herr Oberbürgermeiſter von der Auf⸗ faſſung ausgeht, daß nur dann eine Fleiſchkarte ein⸗ geführt werden kann, wenn tatſächlich die notwen⸗ dige Fleiſchmenge vorhanden iſt, ſo ſtehe ich doch auf einem andern Standpunkt. Richtig mag es wohl ſein, daß die zur Verfügung ſtehende Menge im all⸗ gemeinen nicht ausreicht; aber ich ſage mir: die Zu⸗ ſtände, wie ſie jetzt ſind, daß die Leute nicht nur 15, 18 Stunden, wie Herr Kollege Bernhard geſagt hat, nein 24 Stunden vor den Schläch⸗ terläden ſtehen und ſchließlich doch unverrichteter Sache nach Hauſe gehen, können unmöglich beſtehen bleiben. Die gleichen Erſcheinungen haben ſich in der letzten Zeit vor den Butterläden abgeſpielt. Das alles mußte dazu führen, daß eine große Erbitte⸗ rung im Kreiſe der Bevölkerung Platz griff. Ver⸗ geſſen Sie auch nicht, daß es ſpeziell die Schlächter⸗ meiſter fertig gebracht haben, in der Deutſchen Fleiſcherzeitung zu ſchreiben: Man hat dem Pöbel Gelegenheit gegeben, ſein Mütchen an den Fleiſchern zu kühlen, da man De⸗ monſtrationen anderer Art ſehr vernünftügerweiſe unterdrückt und ihm ſo die Möglichkeit, ſich auszut oben, benimmt. Ja, meine Herren, wenn man derartige Artikel in den Zeitungen der Intereſſenten, hier der Fleiſcher, findet, dann braucht man ſich gar nicht zu wundern, wenn ſich allmählich innerhalb der Konſumenten⸗ kreiſe eine Empörung bemerkbar macht. Meine Herren, was haben wir denn eigentlich noch für Fleiſchermeiſter im eigentlichen Sinne des Wortes? Wir haben in Charlottenburg keine Fleiſchermeiſter mehr; in Wirklichkeit ſind es nur Warenverteiler. Dieſe Warenverteiler können nach meiner Ueberzeu⸗ gung, wenn die Stadt ſich aufrafft, die geſchloſſenen Verkaufsläden wieder aufzumachen, ohne weiteres von der Stadt übernommen werden; ſie werden ge⸗ nau ſo wie ihre eigenen Intereſſen auch die Inter⸗ eſſen der Stadt, der Allgemeinheit vertreten, noch dazu, wenn ſie ſich unter ſtädtiſcher Kontrolle be⸗ finden. Alſo ich habe gar keine Angſt. daß die Durchführung dieſer Maßregel unmöglich iſt, ſondern ich ſtehe auf dem Standpunkt, daß ſie im Intereſſe der Stadt und der Bevölkerung wohl verwirklicht werden kann. Wir ſehen ja, wie es in anderen Städten — ich erinnere nur an Ulm und Cöln — im Intereſſe der Bevölkerung gemacht wird. Meine Hexren, der Herr Oberbürgermeiſter ſagte: Ja, uns joll ein weit höheres und beſſeres Ziel vor Augen ſchweben, das Durchhalten. Wenn das der Fall iſt, dann ſollten wir mit allen uns zu (Gebote ſtehenden Mitteln da eingreifen, wo auch nur verſucht wird, einzuhamſtern oder das zur Verfügung ſtehende Fleiſch beiſeite zu ſchieben. Schon der Ver⸗ ſuch als ſolcher muß nach meinem Dafürhalten ge⸗ hrandmarkt werden. Wenn dann der Herr Ober⸗ bürgermeiſter von all den Fällen, die hier vorge⸗ kommen ſind, immer ſagte, daß ſie noch ſchwebten, ſo kommt mir da das Gefühl, daß zum Schluß das Theater wohl ſo auslaufen wird: dies Kind, fein Engel iſt ſo rein, laßt's eurer Huld empfohlen ſein. Ich erinnere Sie an Sitzung am 10. Mai 1916 die Zeit, wo der Innungsmeiſter Paſchke Mitglied dieſer Verſammlung war. Als wir damals di⸗ Frage der Verſorgung der Stadt mit billigem Fleiſch hier in dieſem Saale erörterten und Herr Paſchke ſich die redlichſte Mühe gab, die Stadt dabei zu un⸗ terſtützen, hat es nicht lange gedauert, daß er aus dieſem Saale verſchwand. Und warum? Weil ihm ſeine Innungsbrüder das Leben ſo ſauer mach⸗ ten, daß er nicht mehr anders konnte. Das ſind Er⸗ ſcheinungen, die ſich im Kreiſe der Intereſſenten ab⸗ geſpielt haben. Und wenn Sie heute die Volks⸗ zeitung leſen, ſehen Sie ja, wie die Intereſſen der Fleiſchermeiſter mit den Intereſſen der Großfleiſcher aufeinander ſtoßen. Alſo ich bin der felſenfeſten Ueberzeugung, daß die Aufforderung, die der Herr Oberbürgermeiſter auch an dieſe Kreiſe der Bevölke⸗ rung glaubte richten zu können, einfach verſagen wird. Wenn wir die Warenverteiler nicht auf un⸗ ſerer Seite finden, werden wir lange warten können; ſie alle ſehen zu, wie ſie am beſten fortkommen. Aber, meine Herren, noch eine andere Frage kommt hier in Betracht: es handelt ſich nicht nur um die Quantität, ſondern auch um die Ouali⸗ t ä 1. Das iſt eine ſehr wichtige Frage, und ich be⸗ daure ſehr, daß ſie im Laufe der Debatte nicht erör⸗ tert worden iſt. Wir haben verſchiedene Lebensmit⸗ tel, die in letzter Zeit, ſagen wir offen, gefälſcht worden ſind; ich erinnere Sie nur an das Brot. Ich will hier den Namen des Bäckermeiſters Mi chl er nennen, der ein Brot fabriziert hat — ich habe es ſelbſt bekommen — das nicht zu eſſen war. Ich habe es dem Unterſuchungsamt des Magiſtrats zur Ver⸗ fügung geſtellt und leider wurde mir beute mitgeteilt — ob das eine Kurßſichtigkeit der Militärbehörde iſt, weiß ich nicht — daß der Herr, der die Unterſuchungen vor⸗ nimmt, plötzlich einge zogen worden ſe i. Nun wandern vie zu unterſuchenden Produkie nach Berlin, und ea reroehen drei, vier und noll mehr Wochen, ehe vr eine Nachricht über die Be⸗ ſtandteile des Brotes befkommen. Das ſind auch Zuſtände, die ein ganz eigenartiges Licht auf die Ver⸗ hältniſſe werfen. Alſo wir müſſen auch ein Augen⸗ merk auf die Qualität richten. Dann aber müſſen wir auch auf die Preiſe ach t e n. Wir haben für verſchiedene Lebensmittel keine Höchſtpreiſe; da kann der Kaufmann nehmen, was ihm beliebt. Es kommt ja nicht bloß das Fleiſch in Betracht, ſondern zum Fleiſch gehört auch Fett. Dann wird uns immer geſagt: eßt Fiſch Ja, wenn man Fiſch eſſen will, ſo gehört meiſtenteils Fett dazu. Eſſen Sie ſonſt irgend etwas, ſo gebrau⸗ chen Sie dazu immer noch die notwendigen Zu⸗ taten; denn in rohem Zuſtande kann man dieſe Le⸗ bensmittel wohl nicht zu ſich nehmen. Deshalb verſtehen es auch die Kaufleute, auf dieſe Waren Preisaufſchläge zu machen, die oft ganz ungeheuer⸗ lich ſind. Alſo wir haben auch unſere Aufmerkſam⸗ keit auf den Preis zu richten. Schließlich muß man auch auf das Gewicht be z w. auf das Maß aufpaſſen; (Sehr richtigl) kommt es an. Bei der Milch beiſpiels⸗ weiſe weiß man nie, ob man ſein richtiges Quantum kekommt, da es viel darauf ankommt, wie die Milch abgegeben wird. Oftmals wird ſie vom Produzen⸗ (en direkt an den Konſumenten geliefert, er bringt ſie morgens ins Haus, und wenn man dann die Milch nimmt, weiß man nicht, ob man einen viertel, einen halben oder dreiviertel Liter hat. Man wird alſo auch darauf