Sitzung am 21. Juni 1916 ich gegen einen Abmeldeſchein zurückgeben wollte, los zu werden. Das dritte Mal habe ich den Andrang ungefähr wieder ſo gefunden wie bei dem zweiten Mal. Meine Herren, gewiß war es in der letten Zeit ſchwierig, die Sache zu bewältigen, weil faſt kein Tag ohne neue Karte kam. Immerhin habe ich wenigſtens zweimal dieſe Beobachtungen an Tagen vorge⸗ nommen, an denen neue Karten allgemein nicht ver⸗ teilt wurden, ſondern nur das laufende Geſchäft abgewickelt wurde. Ich habe mich demnach an den Magiſtrat gewendet und angeregt, daß die Tätigkeit der Kommiſſionen erweitert werde. Der Magiſtrat hat mir geantwortet, daß es nicht möglich wäre, die Brot⸗ kommiſſionen von den Schulbezirken zu trennen, weil gerade die Vereinigung aus verwaltungstechniſchen Gründen außerordentlich wichtig wäre. Er hat ferner darauf hingewieſen, daß es an Perſonal mangle und daß ſchon jetzt die Arbeit nur dadurch erledigt werden könne, daß außer den Rektoren ſich auch noch Leh⸗ rerinnen in der opferwilligſten Weiſe für dieſen Dienſt zur Verfügung ſtellen. Ich habe darauf erwidert, daß ich nicht für eine Trennung der Kommiſſionen von den Schulbezirken eingetreten bin, ſondern lediglich für eine Vermehrung oder Vergrößerung der Räume und eine entſprechende Erweiterung des Perſonals. Hierauf hat der Magiſtrat folgenden Beſcheid erteilt: Wir werden nach wie vor bemüht bleiben, für eine möglichſt glatte Abfertigung des Pu⸗ blikums in den Brotkommiſſionen Sorge zu tragen. Die Vorſitzenden der Brotkommiſſionen haben wir erneut gebeten, für den Fall, daß die vorhandenen Hilfskräfte nicht ausreichen, mehr Hilfskräfte anzufordern. Wir werden überdies ſelbſt kontrollieren, ob dieſem Erſuchen Rechnung getragen wird. Wir haben die Vor⸗ ſitzenden ferner gebeten, für die Tage, an denen ein beſonders ſtarker Andrang des Publikums zu herrſchen pflegt, z. B. den Ausgabetagen neuer Karten, einen zweiten Raum für die Zwecke der Brotkommiſſion in Anſpruch zu nehmen, ſoweit Räume im Schulgebäude für andere als Unterrichtszwecke zur Verfügung geſtellt werden können. Wir hoffen, daß da⸗ durch auch die von uns dringend gewünſchte ſchnelle Abfertigung des Publikums erzielt wird⸗ Meine Herren, Sie ſehen hieraus, daß der Ma⸗ giſtrat mit uns das Beſtreben teilt, den Beſchwerden abzuhelfen, und es iſt daraus zu ſchließen, daß es ge⸗ lingen wird, eine Verſtändigung zwiſchen dem Ma⸗ giſtrat und der Stadtverordnetenverſammlung in dieſer Angelegenheit herbeizuführen. Trotzdem haben wir uns genötigt geſehen, die Angelegenheit hier zur Erörterung zu bringen, weil wir doch die Abhilfe⸗ bereitſchaft des Magiſtrats, die aus dem verleſenen Schreiben hervorgeht, nicht für weitgehend genug er⸗ achten. Ich bitte Sie, meine Herren, zu bedenken, daß die Notwendigkeit, die Brotkommiſſionen zu beſuchen, für weite Kreiſe unſerer Bevölkerung be⸗ ſteht. Es müſſen zweitens dorthin gehen die Haus⸗ beſitzer oder ſofern die Hausbeſitzer Portiers haben, die Portiers, die gewöhnlich auf längere Zeit gar⸗ nicht entbehrlich ſind — es ſind heute vielfach Kriegerfrauen, die ohne Vertretung die Portiers⸗ ſtellen verſehen —, die eigentlich dauernd im Haus bleiben ſollten. Es kommt aber weiter hinzu, daß es ſich nicht bloß um die Kartenſerien handelt, die von Hausbeſitzern oder Portiers geholt werden, ſondern vielfach müſſen ein⸗ zelne Karten wegen einer Reiſe zurückgegeben oder 127 wegen eines Beſuches angefordert werden, und dann muß der Mieter entweder ſelbſt hingehen oder ſein Dienſtmädchen hinſchicken, da er nicht jedesmal dem Portier zumuten kann, in die Brotkommiſſion zu gehen. Für alle dieſe Perſonen bedeutet das eine ungeheuer empfindliche Zeiwerſchwendung, wenn ſie eine Stunde und darüber in der Brotkommiſſion zu warten haben, ehe ſie die Karten bekommen. Aus dieſen Gründen iſt es erforderlich, daß man nicht, wie der Magiſtrat es in ſeinem Schreiben in Ausſicht nimmt, nur die Kommiſſion erweitert an den Tagen, an denen beſonderer Andrang zu erwarten iſt, und nur inſoweit, als es die Zwecke der Schulverwal⸗ tung geſtatten, ſondern wir ſind der Meinung, daß es heute, wo weite Kreiſe unſerer Bevölkerung ohnehin leider einen großen Teil ihrer Zeit auf die Beſor⸗ gung notwendiger Lebensmittel verwenden müſſen, unbedingt vermieden werden ſollte, daß ſie auch noch der Karten wegen viel Zeit verſäumen. Die Befrie⸗ digung dieſer Forderung darf nicht abhängig gemacht werden von Schulverwaltungsgeſichtspunkten und nicht beſchränkt werden auf Tage mit ungewöhnlichem Andrang. Ich weiſe darauf hin, daß es auch in anderen Gemeinden Groß⸗Berlins gelungen iſt, jene Schwie⸗ rigkeiten zu meiſtern. Wie ja leider auf vielen Gebieten der Kriegsfürſorge Groß⸗Berlin ein buntſcheckiges Bild bietet, ſo ſind auch auf dieſem die Verhältniſſe außerordentlich verſchieden. Ich habe ſchon geſagt, daß die Charlottenburger Brotkommiſſionen von 5 bis 7 Uhr Dienſtſtunden haben. Berlin hat eine ganz andere Regelung: dort werden die Karten den Hausbeſitzern überſandt, und für den Gebrauch der⸗ jenigen, die für einzelne Fälle Karten nötig haben, ſind die Brotkommiſſionen 7 Stunden geöffnet, näm⸗ lich von 8 bis 1 vormittags und von 5 bis 7 nach⸗ mittags. In Schöneberg iſt ebenfalls eine ſieben⸗ ſtündige Dienſtzeit, und zwar von § bis 3 Uhr. Ich verkenne nicht, daß eine gleiche Dienſtzeit ſich bei uns kaum einführen laſſen würde, wenn man lediglich die Tätigkeit der Herren Rektoren und des ſonſtigen Lehrperſonals in Anſpruch nimmt. Denn ſo außer⸗ ordentlich dankbar wir die Opferwilligkeit anerkennen, mit der dieſe Kreiſe ſich für die Rieſenarbeit zur Ver⸗ fügung geſtellt haben, ſo dürfen wir doch nicht über⸗ ſehen, daß es eine Grenze der Inanſpruchnahme gibt, und daß wir unter Umſtänden genötigt ſein werden, ebenſo, wie es andere Gemeinden gemacht haben, beſoldete⸗Kräfte dafür einzuſtellen. Das iſt natürlich in zwei Richtungen weniger günſtig: einmal, weil wir an ſich die ehrenamtliche Tätigkeit für die Kriegs⸗ fürſorge vorziehen, zweitens, weil andere Kräfte erſt der Einarbeitung bedürfen. Aber was in anderen Städten gemacht worden iſt, nachdem es ſich als un⸗ vermeidlich erwieſen hat, das werden wir auch machen müſſen und machen können. Deshalb richten wir an den Magiſtrat die Bitte, dafür zu ſorgen, daß die Nachteile, die ich eben ſtizziert habe, die zum mindeſten in einem großen Teile der Brotkommiſſionen herrſchen — ich kann es nicht bekunden, ob in allen —, ſo ſchnell wie möglich dadurch beſeitigt werden, daß man die Kommiſſionen in irgendeiner geeigneten Form erweitert und daß man, ſoweit es notwendig iſt, die Dienſtſtunden ver⸗ längert. Ich bin überzeugt, daß der Magiſtrat gern auf dieſen Antrag eingehen wird, denn er wird es ebenſo wenig wie wir wünſchen, daß das „Karten⸗ ſtehen“ zu einer Eigenart der Stadt Charlotten⸗ burg wird.