Sitzung am 4. mangelnden Angebors herausgebildet hat, zugrunde 24 gelegt werden darf, ſondern der die vorhandenen, eventuell die geſteigerten Produktionskoſten zugrunde gelegt werden müſſen. Wir haben uns von Anfang an darüber beklagen müſſen, daß das nicht erfolgt iſt, daß man in der Regel einer ungeſunden Preisbildung die Zügel ſchießen ließ, bis ſich dann übermäßige Preiſe herausgebildet hatten, und daß man dann mit Rückſicht auf die Käufer, auf die Spekulanten, die ſich zu den alten Preiſen gedeckt hatten, nachher ganz ge⸗ ringe Preisermäßigungen eintreten ließ, die in keiner Weiſe den bereits eingetretenen Notſtand vermindern kkonnten. Wir dürfen doch nicht vergeſſen, daß bereits vor dem Kriege die Preiſe keine normalen, ſondern durch Zölle und Einfuhrerſchwerungen künſtlich hoch⸗ getriebene Preiſe geweſen ſind. Wenn man alſo mit dieſen Preiſen Vergleiche ziehen will, ſo kommt man von vornherein zu unzutreffenden Ergebniſſen, um die jetzigen noch weit höheren Preiſe zu rechtfertigen. In Wirklichkeit ſind ſeit dem Kriege die Preiſe in einem Maße geſtiegen, daß ſelbſt jene künſtlich hoch⸗ getriebenen Preiſe vielfach als ein Ideal erſcheinen. In mancher Hinſicht könnte man ſagen: das Ideal der agrariſchen Preispolitik, wie ſie vor dem Kriege beſtanden hat, iſt nun ungefähr erfüllt. Das Ideal war ja immer: möglichſte Fernhaltung der Ein⸗ fuhr, möglichſte Sperrung der Grenzen und dann nach dem vorhandenen Beſtande des Inlandes eine Preisbildung, die jenen Kreiſen etwa genügen konnte. Man hat uns für die 33 Jahre agrariſcher Politik, wo wir durch Steigerung unſerer Lebensmittelpreiſe jenen Schichten Vorteile und Erhöhung der Grund⸗ rente zuweiſen mußten, damit getröſtet, daß dafür auch die Landwirtſchaft uns im Falle eines Krieges verſorgen würde. Wir haben es nun erlebt, unter wel⸗ chen Bedingungen, zu welchen Preiſen und mit wel⸗ chen ſonſtigen Schwierigkeiten dieſe Verſorgung vor ſich geht. Wir ſehen, wie überall ein Kreislauf ſich vollzieht, der in jedem Falle einer Herabſetzung der Preiſe entgegenwirkt. Werden etwa die Milchpreiſe nicht ſo hoch geſetzt, wie es gewünſcht wird, ſo bleibt die Milch weg, und es wird etwas mehr Milch zu Butter verarbeitet. Wird der Butterpreis nicht ganz nach Wunſch feſtgeſetzt, ſo wird die Butter zurück⸗ gehalten. Immer bleibt die Möglichkeit beſtehen, durch Zurückhalten von Waren die Preiſe zu erhöhen, und das ſolange, wie eine Beſchlagnahme nicht ſtattfindet. Bei der jüngſten Verhandlung der Berliner Stadt⸗ verordnetenverſammlung hat ja der Herr Oberbürger⸗ meiſter Wermuth den regelmäßig gewordenen Gang auf dieſem Gebiete ganz anſchaulich geſchildert. Wird ein Preis feſtgeſetzt, ſo verſchwindet die Ware, und es wiederholt ſich bei jeder neuen Ware das gleiche Schauſpiel, bis ſchließlich die Beſchlagnahme erfolgt, die aber vielfach zu ſpät kommt, weil eine ganze Menge von Waren in irgendwelche Kanäle abgefloſſen iſt, aus denen man ſie nicht mehr herausziehen kann. DWir haben als letzten Grund dieſer übermäßigen Vieh⸗ und Fleiſchpreiſe die Futterpreiſe kennen gelernt, die das, was man früher für möglich gehal⸗ ten hat, ins Maßloſe überſtiegen haben, derart, daß, ohne eine angemeſſene und gründliche Herabſetzung der Futterpreiſe eine ausreichende Verſorgung mit Lebensmitteln, vor allen Dingen eine Herabſetzung 20 der Fleiſchpreiſe nicht erwartet werden kann. Es hat ſich aber auch weiter gezeigt, daß der ernſte Wille, den einflußreichen Mächten, die eine 2 Preisſteigerung auch während dieſes Krieges nach Mäglichkeit begünſtigen, entgegenzuwirken, nicht vor⸗ handen iſt. Ich will nur einige Beippiele anführen, Oktober 1916 151 die das ſchlagend dartun. Denken wir an die Vor⸗ gänge bei der Obſtverpachtung. In den ver⸗ ſchiedenſten Orten hat man erfahren, daß die Obſt⸗ pachtpreiſe in einem Maße in die Höhe gegangen ſind, daß ſie ſich teilweiſe bis zu dem Zehnfachen des früheren Pachtpreiſes geſteigert haben. Nirgends iſt ein Eingreifen erfolgt, obwohl es doch die einfachſte Sache von der Welt geweſen wäre, von vornherein für die Gemeinden und auch ſonſt für die Obſtpächter den Preis feſtzuſetzen, vielleicht mit einem geringen Zuſchlag für etwaige Produktionskoſtenſteigerung, der aber ſehr gering hätte ſein können. Denken wir wei⸗ ter daran, daß man nichts getan hat, um durch Oeff⸗ nung der Wälder den breiten Schichten eine beſſere Verſorgung mit Pilzen, Beeren und anderen Erzeugniſſen des Waldes zu ermöglichen, daß man es unterlaſſen hat, durch Anordnung eines ausreichenden Wildabſchuſſes den Flurſchaden, der die Ernte gefährdet, zu vermindern und eine beſſere Verſorgung der Bevölkerung mit Fleiſch herbeizuführen. So laſſen ſich noch manche Beiſpiele anführen. Ich will hier nur noch den Kartoffelpreis erwähnen. Wir erleben jetzt Kartoffelpreiſe, die weit über die früheren Sätze hinausgehen. Man hat es durch künſt⸗ liche Mittel nunmehr fertig gebracht, eine kleine Ver⸗ minderung dieſes Preiſes zu erzielen. Unter den jetzigen Verhältniſſen, ſolange die Erzeugungspreiſe nicht Hand in Hand mit einer entſprechenden Be⸗ ſchlagnahmepolitik angemeſſen herabgeſetzt werden, müſſen wir uns ja dieſes Hilfsmittel gefallen laſſen, ohne zu vergeſſen, daß es ſchließlich doch die Steuer⸗ zahler ſind, die über kurz oder lang dieſe Zuſchüſſe, die Reich, Staat und Gemeinde dem Kartoffelerzeuger gewähren, werden bezahlen müſſen. Mindeſtens aber muß dafür geſorgt werden, daß die Kartoffelverſor⸗ gung wirklich zuverläſſig und ausreichend iſt. Davon kann jedoch bei uns nicht die Rede ſein. Man hat ſo oft in der hieſigen Preſſe, die ja vermutlich den amt⸗ lichen Quellen nicht fern ſteht, Mitteilungen geleſen, daß wir mit Kartoffeln ausreichend verſorgt ſeien, daß eine Knappheit nicht beſtehe und nicht zu erwar⸗ ten ſei; man hat das zur ſelben Zeit geleſen, wo ſich vor den Gemüſegeſchäften wieder die Kartoffelparaden aufgeſtellt haben, wo man von Geſchäft zu Geſchäft gehen konnte, ohne Kartoffeln zu bekommen. Man hat es ebenſo bei den außerordentlich hohen Kar⸗ toffelpreiſen, die bewilligt worden ſind, nicht mehr fertig gebracht, dafür zu ſorgen, daß wenigſtens eine geſunde, tadelloſe Ware geliefert worden iſt. In die⸗ ſem Frühjahr ſind vielfach Kartoffeln geliefert wor⸗ den, die ein gewiſſenhafter Viehzüchter ſeinem Vieh nicht vorſetzen konnte. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Solch minderwertiger Kram iſt dem Publikum ge⸗ boten worden. Ebenſo erleben wir es auf anderen Gebieten, daß mit den amtlichen Verordnungen geradezu Spott getrieben wird. Ich erinnere an die Feſtſetzung der Butterpreiſe. Meine Herren, wer von Ihnen hat ſchon einmal Gelegenheit gehabt, in irgendeinem Geſchäft Butter zweiter Klaſſe zu finden? Das gibt es einfach gar nicht. (Sehr richtig!) * Es werden 4 feſtgeſetzt für Butter von drei Klaſſen; aber verkauft wird immer nur Butter einer, der erſten Klaſſe. Man ſollte doch dieſer Prellerei