152 der Käufer ein Ende machen und einfach einen Durch⸗ ſchnittspreis, etwa in Höhe der zweiten Klaſſe, feſt⸗ ſetzen, oder man follte ſich die Komödie erſparen und nur Butter erſter Klaſſe anerkennen, auch wenn ſie teilweiſe recht minderwertig, vielfach ſogar, wie feſt⸗ geſtellt wurde, künſtlich gewäſſert worden iſt. Auch die Fleiſchtarte, die jetzt feſtgeſetzt iſt, zeigt noch mancherlei Mängel. Man hat jetzt die Hühner einbezogen, aber mit einem ſehr geringen Satz, der weit unter dem normalen Gewicht unſerer deutſchen Durchſchnittshühner ſteht. Gänſe und Enten hat man gar nicht in die Fleiſchregelung ein⸗ bezogen und die Dauerware bloß mit dem gleichen Gewicht ſchieren rohen Fleiſches. Kurz, man hat den⸗ jenigen, die in der Lage ſind, mehr für ihre Fleiſch⸗ verſorgung auszugeben, immer noch die Möglichkeit gelaſſen, ſich in hohem Maße mit Fleiſchwaren zu verſehen, ſtatt ihnen genau das Maß anzurechnen, das ſie in Wirklichteit an Fleiſch beziehen, um ſo der All⸗ gemeinheit eine kleine Erhöhung des Fleiſchkontigents zukommen zu laſſen. 1 Es iſt feſtgeſtellt worden, daß in großem Um⸗ fange ſelbſt unreiſe Kartoffeln ausgemacht und gelie⸗ fert worden ſind. Infolgedeſſen iſt unſere Verſorgung mit Kartoffeln, die ohnehin nicht glänzend iſt, durch die Schuld gewiſſer Produzentenkreiſe noch bedeu⸗ tend verſchlechtert worden. Auf allen Gebieten ſehen wir immer dasſelbe: daß es ohne eingreifende ſcharfe Zwangsmittel nicht möglich iſt, den Preistreibereien, all den anderen unlauteren Machenſchaften auf Koſten der Verbraucher entgegenzuwirken. Herr von Ba⸗ tock i hat ja einige ſehr zu Herzen gehende, ich möchte geradezu ſagen, rührende Briefe an die Landwirte und die Landfrauen geſchrieben. Ich fürchte nur, die Kreiſe ſind von viel zu hartem Holze, als daß der⸗ artige Aufrufe an das Gemüt ſtark auf ſie wirken würden. Da muß ganz anders eingegriffen werden, da muß man im Notfall mit Zwangsmitteln vor⸗ gehen. Wenn von dem preußiſchen Landwirtſchafts⸗ miniſter geſagt worden iſt: man kann doch nicht einen Antreiber hinter jeden Landwirt ſtellen, um ihn zur Produktion zu zwingen — ach, wenn nur die Leute wüßten, daß ihnen nach ſorgſamer Prüfung ein be⸗ ſtimmtes Maß von Produktion auferlegt wird und daß, wenn ſie es nicht leiſten, andere Leute mit der Bewirtſchaftung auf ihre Koſten beauftragt würden — Kriegsbeſchädigte, die das verſtehen, haben wir ja enug —, dann würden ſie ſich wohl bemühen, den ehördlichen Anforderungen mehr zu entſprechen. Man hat es ja erfahren, wie geradezu Hohn getrie⸗ ben worden iſt: es iſt von agrariſcher Seite geſagt worden: auf Herrn von Schorlemer können wir uns verlaſſen, da werden die Dinge nicht ſo ge⸗ fährlich werden. Herr von Schorlemer iſt in dieſen Tagen ja ſehr gefeiert worden; aber ich weiß nicht, ob der Großfürſt Nikolai Nikolajewitſch dem deut⸗ ſchen Volke ſoviel Schaden getan hat wie der Mann. Ein Hindenburg hat ſich für ihn leider nicht ge⸗ funden. Nun iſt die Frage: was kann die Ge⸗ meinde tun, um dieſen Mißſtänden entgegenzu⸗ wirken? Es handelt ſich da zum Teil um Dinge, die man beklagen kann, die aber durch die Feſtſtellung hier nicht mehr anders werden. Natürlich trifft auch unſere Gemeindeverwaltung als höchſte Vertreterin der Bürgerſchaft, die mit den maßgebenden Zentral⸗ behörden zu verhandeln hat, ein Teil der Schuld. Wenn ſie mit derſelben geſunden Rückſichtsloſigkeit, wie ſie die Wortführer der Agrarier anzuwenden pfle⸗ gen, die ihnen anvertrauten Intereſſen geltend machen Sitzung am 4. Ottober 1016 wollte, dann wäre es wohl möglich, uns aus einem bloßen Objekt der Geſetzgebung ein wenig zum Sub⸗ jekt zu machen. Aber die Gemeinden könnten 41 manchen Gebieten auch heute noch manches tun. Au in der praktiſchen Betätigung iſt ja vieles verſäumt worden, manches, was während des Krieges ſich nicht mehr machen ließ, weil man vorher nicht daran ge⸗ gangen iſt, manches, was wir auch während des Krieges ſowohl zentral als auch für die örtlichen Ver⸗ hältniſſe gefordert haben und was doch unterblie⸗ ben iſt. Sehen wir, was in anderen Städten geſchieht! Es iſt recht kennzeichnend, daß faſt nur ſüd⸗ und weſt⸗ deutſche Städte auf dem Gebiete bahnbrechend vor⸗ gegangen ſind. Ich weiß nicht, ob es die Einwirkung unſeres Klaſſenwahlſyſtems oder ob es das bureau⸗ kratiſche Syſtem iſt, das bei uns ſtärker ausgeprägt iſt, jedenfalls bleiben die oſtdeutſchen Städte den ſüddeutſchen gegenüber im Hintertreffen. Ich will nur einiges von dem anführen, was an manchen Orten für die Fleiſch⸗ und Milchverſorgung ge⸗ ſchehen iſt. Die Stadt Frankfurt a. M. hat in der letzten Zeit ungefähr 800 Schweine zur eigenen Zucht angeſetzt und plant, dieſe Zahl bis auf nahezu 2000 zu erhöhen. 500 Milchkühe ſind bereits vorhanden, die die Stadt oder ſtädtiſche Stiftungen heranziehen und die täglich ungefähr 5500 Liter Milch liefern, außerdem eine ganze Reihe von Ziegen. Die Stadt Aachen hat eine Molkerei über⸗ nommen. Sie hat ebenſo eine Viehmäſtung einge⸗ richtet. Wir ſehen, wie an anderen Orten das gleiche geſchieht, wie in großem Maße Gemüſe⸗ und ſonſtige Verkaufsſtellen eingerichtet werden. Charlottenburg hat ja nun glücklicherweiſe zwei Gemüſever⸗ kaufsſtellen eingerichtet. Von Seiten der In⸗ tereſſenvertretung der Gemüſehändler iſt bereits die Forderung geſtellt worden, dieſe ſtädtiſchen Verkaufs⸗ ſtellen eingehen zu laſſen. Nein, meine Herren, ſie müſſen nicht bloß beſtehen bleiben, ſondern müſſen bedeutend vermehrt werden; denn dieſe ſtädtiſchen Verkaufsſtellen bilden die einzige ausreichende Preis⸗ regulierung, ſind das einzige Mittel, um einer über⸗ mäßigen Preistreiberei, wie wir ſie in den Geſchäften überall erleben, ſobald die Verhältniſſe es geſtatten, entgegenzuwirken. Dabei möchte ich namentlich darauf hinweiſen, daß in dem ſtark bevölkerten Stadt⸗ teile jenſeits der Spree eine ſtädtiſche Verkaufsſtelle noch nicht beſteht. Sie iſt dort geradezu eine Not⸗ wendigkeit, denn die Preiſe ſind da ſo hoch, wie ſie nur in den teuerſten Stadtvierteln ſein können. Ebenſo war längſt in Ausſicht geſtellt, dort eine zweite F iſchverkaufsſtelle zu errichten. Wenn auch die Fiſchverſorgung jetzt recht ungünſtig und mangelhaft iſt, ſo müßte doch dafür geſorgt wer⸗ den, daß unſere an ſtarker Ueberfüllung von Käufern meg Verkaufsſtelle auf dieſe Weiſe entlaſtet wird. Ebenſo wäre es wünſchenswert, daß dort eine ſtädtiſche oder von einer gemeinnützigen Vereini⸗ gung. unterhaltene Speiſewirtſchaft errich⸗ tet wird in der Art, wie die Mittelſtandsküchen ſind. Ich habe ſpeziell die Mittelſtandsküche am Stuttgarter Platz kennen gelernt und ſie nach dem Gebotenen wie nach der ganzen Einrichtung muſter⸗ haft gefunden. Derartiges könnte und ſollte auch anderwärts geboten werden. Unſere Maſſen 1 dagegen nicht in dem Maße in Anſpruch fung wird 1 genommen, wie man es erwartet hat. Wenn daraus die Folgerung gezogen wird, daß in den breiten Schich⸗