Sitzung am 4. Diejenigen Nahrungsmittel, bezüglich deren wir irgend welche direkte Einwirkung noch haben könnten, ſind uns durch Gründung von Reichsgeſellſchaften uſw. derart im Verkehr beſchnitten worden, daß auch nach dieſer Richtung irgend eine Möglichkeit für uns kaum vorliegt. Es wird ſich alſo immer wieder um die alte Frage drehen: iſt die Stadt in der Lage und kann ſie die Nahrungsmittel, die ihr von über⸗ geordneten Stellen zugewieſen werden, richtig ver⸗ teilen? Ich verzichte aus dieſen und den im An⸗ fang dargelegten Gründen darauf, auf theoretiſche Fragen heute näher einzugehen, ſondern ich möchte mich darauf beſchränken, praktiſch Stellung zu nehmen zu den Anträgen, die Sie uns heute vorgelegt haben. Da will ich nun von vornherein mit den Herren Vorrednern gerne und freudig anerkennen, daß die geſamten Ausführungen des heutigen Tages und ebenſo die Anträge, die aus Ihrer Mitte geſtellt worden ſind, von dem Geiſte getragen ſind, den wir alle jetzt mehr noch als früher nötig haben, von dem Geiſte der Einigkeit in den Zielen und anſchei⸗ nend auch der Einigkeit in den Wegen, auf denen dieſe Ziele erreicht werden ſollen. Denn der Quali⸗ tätsunterſchied zwiſchen dem ſozialdemokratiſchen und dem liberalen Antrag iſt meiner Anſicht nach nicht ſo groß, daß daraus eine weitgehende Diver⸗ genz der Stadtverordnetenverſammlung geſchloſſen werden könnte. Auf ein paar der weſentlichſten Be⸗ ſchwerden möchte ich immerhin kurz eingehen, die von den Herren Vorrednern geſtreift worden ſind. Der Magiſtrat beklagt es natürlich mit der ge⸗ ſamten Bürgerſchaft auf das lebhafteſte, wenn ihm von den übergeordneten Stellen Waren zur Verteilung zu⸗ gewieſen werden, die in der Qualität nicht das halten, was ſie eigentlich halten müſſen. Wir müſſen ohne weiteres zugeben — jeder von uns har das auch am eigenen Leibe erlebt —, daß bezüglich der Butter, der Margarine und des Mehles insbeſondere in letzterer Zeit nicht alles ſo war, wie es hätte ſein ſollen. Herr Zielenziger hat mit Recht darauf hin⸗ gewieſen, daß bezügl. des wichtigſten dieſer drei Nahrungsmittel, des Mehles, unſere Befugniſſe außerordentlich beſchränkt ſind. Wir können das Mehl nicht zurückweiſen, ſondern wir müſſen es nehmen. Meine Herren, ich fühle mich verpflichtet, hier in der Oeffentlichkeit zu konſtatieren, daß aller⸗ dings unſere Mehllieferungen in der letzten Zeit qualitativ durchaus nicht auf der Höhe ſtanden. (Hört! hört!) Wir haben ſofort die nötigen Schritte eingeleitet, mit dem Erfolge, daß uns entſprechende Mehlquan⸗ ten zur Vermiſchung mit dem uns gelieferten, zwei⸗ fellos etwas dumpfigen Mehl zugewieſen ſind, we⸗ durch wir dieſe Mißſtände nach Möglichkeit beſeitigt haben. Aber ich betone nochmals: Wir ſind nicht in der Lage, das uns gelieferte Mehl zu beanſtan⸗ den und zurückzuweiſen, ſondern können nur, wie Herr Zielenziger mit Recht bemerkt hat, Minderung des Preiſes verlangen. Und auch darin gebe ich 4 Herrn Zielenziger recht: durch dieſe Minderung des Preiſes wird das Brot und die Schrippe, die 8 dem Konſumenten geboten wird, nicht beſſer. Ich bitte aber die Verſammlung, davon überzeugt zu ſein, daß wir unſere Rechte nach dieſer Richtung hin Oktober 1916 ſtets wahrnehmen werden, da wir ſelbſtverſtändlich in erſter Linie berufen ſind, die Intereſſen der ſtäd⸗ tiſchen Konſumenten zu vertreten. Was nun die Faſſung der Anträge betrifft, ſo nehme ich, ebenfalls hier dem Gedanken⸗ gange des Herrn Redners der liberalen Fraktion folgend, an, daß im erſten Teile eigentlich wohl nur ein mildes Einverſtändnis mit der bisherigen Aktion des Magiſtrats ausgedrückt werden ſollte. (Heiterkeit.) Denn wenn es anders wäre, wenn Sie etwa glaub⸗ ten, damit erſt den Magiſtrat auf ſeine Pflicht hin⸗ weiſen zu ſollen, ſo müßte ich ſagen, daß das min⸗ deſtens 2 Jahre zu ſpät käme. (Heiterkeit.) Alſo in dieſer Beziehung ſind wir, glaube ich, ganz einig. Was den zweiten Teil betrifft, worin der An⸗ trag der liberalen Fraktion von dem der ſozialde⸗ mokratiſchen divergiert, ſo möchte ich mich — und ich glaube auch im Namen des Magiſtrats ſprechen zu können — voll und ganz mit dem Antrage der liberalen Fraktion identifizieren. Das kann ich des⸗ halb tun, weil der Magiſtrat nie anders in ſeiner Geſamtauffaſſung gedacht hat, als es meiner Anſicht nach — auch in formell glücklicher Weiſe — in dem Antrage der liberalen Fraktion feſtgelegt worden iſt. Ja, ich darf weitergehen und darf ſagen, daß auch der Deutſche Städtetag und ſein Nahrungsmittel⸗ ausſchuß gerade die beiden Punkte, die in dieſem Antrage hervorgehoben ſind, ſtets in ſeinen Forde⸗ rungen betont hat. Der erſte Teil des liberalen Antrags betont nach meiner Auffaſſung ſehr glücklich den alten Standpunkt, den wir immer vertreten haben⸗ der Magiſtrat ſowohl wie die Geſamtheit der Ver⸗ tretung der deutſchen Städte —, daß nur durch eine zweckmäßige Staffelung der Preiſe erzielt werden kann, daß die einzelnen Verbraucherorte richtig be⸗ dient werden. Der zweite Teil weiſt mit Recht da⸗ rauf hin, daß die Berechtigung, die die übergeord⸗ neten Stellen jetzt haben, uns insgeſamt zu beliefern, und die Negation unſerer eigenen Tätigkeit auf die⸗ ſem Gebiete andererſeits die Verpflichtung dieſer Behörden ſchafft, uns nun auch qualitativ das zu liefern, worauf wir als Konſumenten Anſpruch haben. Auch in dieſer Beziehung kann man, glaube ich, dem Antrage ruhig zuſtimmen. Insgeſamt wird der Antrag der liberalen Fraktion nur dazu beitragen, die Stellung, die der Magiſtrat ſtets ein⸗ genommen hat, zu ſtärken, und von dieſem Geſichts⸗ punkt aus darf ich ihn begrüßen. Was nun den Zuſatzantrag des Herrn Stadt⸗ verordneten Dr Stadthagen betrifft, ſo ſtehe ich ihm mit etwas geteilten Gefühlen gegenüber. Ich muß auf der einen Seite zugeben, daß er verhältnismäßig unſchädlich iſt, glaube aber auf der anderen Seite nicht, daß er irgend welchen Zweck erreichen wird. (Sehr richtig!) Meine Herren, der Deutſche Städtetag hat ſich ja mit dieſer Frage auch ſchon lebhaft beſchäftigt. Wir müſſen zunächſt konſtatieren, daß der Kreis der Waren, auf die der Antrag überhaupt Anwendung 157