164 2 tonug Vorſteher Dr Frentzel: Ich kann Ihnen im weſentlichen recht gelen; Sie haben nur vollkommen überſehen, daß die Differenz in unſeren Anſchau⸗ ungen darin beſteht, daß ich dieſe Anträge als ſelb⸗ ſtändige angeſehen habe. Allerdings darin gebe ich Ihnen nicht Recht, daß ich mit Rückſicht auf die Ver⸗ ſammlung, wie es notig geweſen wäre, nicht die Dringlichteit habe beſchließen laſſen, und zwar des⸗ halb nicht, weil ich in einem anderen Falle, ich glaube, auf Ihren Wunſch — ich weiß es allerdings nich: genau— auch ſo verfahren bin. Dem Buchſtaben nach mögen das nicht Ihre Worte ſein, dem Sinne nach trifft es aber zu. Ich habe deshalb ſcharf unter⸗ ſchieden zwiſchen Anträgen, bei denen man mindeſtens zweifelhaft ſein kann, ob es Zuſatzanträge ſind, und zwiſchen Anträgen, bei denen ein Zweifel nicht be⸗ ſteht. Ich werde aber, aus dieſer Erfahrung ge⸗ witzigt, Veranlaſſung nehmen, nur ſolche Anträge als ſelbſtändige zu behandeln, für die auch die for⸗ melle Legitimation ſeitens der Verſammlung ent⸗ weder durch Beſchluß der Dringlichkeit oder durch vorherige Einbingung feſtgeſtellt iſt. Ich glaube, damit können wir das Kriegsbeil begraben. Stadtv. Dr Stadthagen (zur Geſchäftsordnung): Ich kann mich dem Herrn Kollegen Hirſch nur darin anſchließen, daß Herr Zielenziger und ich entſchieden geſchäftsordnungswidrig geſprochen haben. (Heiterkeit.) Inſofern, daß es indeſſen ſachlich nicht unberechtigt war, trete ich aber dem Herrn Vorſteher bei. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Wir ſind ja alle darüber einig, daß nicht nach der Ge⸗ ſchäftsordnung verfahren worden iſt. Wenn ich das Wort nochmals ergreife, ſo geſchieht es nur, um den Herrn Vorſteher darüber aufzuklären, daß ſich der Fall, wo angeblich nach meinem Wunſche verfahren worden iſt, anders verhält. Erſtens werden Wünſche von mir überhaupt nicht erfüllt, (Heiterkeit) und zweitens handelte es ſich darum, daß von allen drei Fraktionen ſelbſtändige Anträge eingebracht worden waren, die ſich auf dasſelbe Thema bezogen. Es wurde beſchloſſen, ſie gemeinſchaftlich zur De⸗ batte zu ſtellen, und da war es ſelbſtverſtändlich, daß jeder Antragſteller das Schlußwort erhielt. Oberbürgermeiſter Dr Scholz: Meine Herren! Auf die Gefahr hin, Ihren Schmerz dadurch zu er⸗ regen, daß ich die Debatte wieder eröffne, was ja automatiſch eintreten muß, wenn ein Magiſtrats⸗ vertreter das Wort nimmt, möchte ich doch auf zwei Punkte mit wenigen Worten eingehen. Der eine iſt die Maſſenſpeiſung. Ich möchte nicht, daß etwa durch Schweigen vom Magiſtratstiſch der Eindruck erweckt wird, als ob wir die Maſſenſpeiſung als nebenſächlich anſehen. Davon iſt durchaus nicht die Rede. Aber wir waren uns in der Nahrungsmittel⸗ deputation von vornherein darüber einig — in die⸗ ſer Beziehung ſtehe ich au, einem anderen Stand⸗ punkt als der Herr Stadtv. Erdmannsdörfer daß eine große Reklame für die Maſſenſpeiſung nicht zweckmäßig ſei, weil auch wir der Anſicht ſnd, die von einem Vertreter der ſozialdemokratiſchen Fraktion ſehr mit Recht betent worden iſt, daß der am 4. Ottober 1916 Einfamilientochtopf im allgemeinen Intereſſe dem Geſamtkochtopf vorzuziehen iſt. Ich kann feſtſtellen, 4 daß ſich die Maſſenſpeiſung, die durch die Verſor⸗ gung der Bevölkerung mit friſchem Gemüſe erheblich zuruͤckgegangen war, jetzt wieder etwas gehoben hat. Für die Herren, die es intereſſiert, kann ich die Zah⸗ len geben. Die Teilnehmerzahl war auf 5000 ge⸗ ſtiegen. Sie ging mit Beginn der großen Ferien, wohl nicht beeinflußt dadurch, daß die Teilnehmer in die Sommerfriſche gingen, ſondern durch andere Momente, auf die Hälfte zurück und hat ſich jetzt wieder auf etwa 3000 gehoben. Ich möchte den Standpunkt des Magiſtrars dahin präziſieren, das wir in jeder Beziehung auf eine erheblich größere In⸗ anſpruchnahme der Maſſenſpeiſung durchaus ge⸗ rüſtet ſind, daß wir aber — und das iſt auch der Standpunkt der Deputation — ſehr zufrieden wären, wenn der Andrang im allgemeinen Intereſſe nicht zu groß würde. (Sehr richtig!) Noch ein Wort zu dem Antrag Stadthagen, der mir perſönlich etwas unangenehm iſt, weil an mich der Herr Antragſteller in meiner Eigenſchaft als Vorſtandsmitglied des Deutſchen Städtetages appelliert hat. Ich möchte Sie auf eins hinweiſen, und das iſt das praktiſche Hauptbedenken, das ich gegen die Annahme des Antrags habe. Wollen Sie, wenn Sie dieſen Antrag annehmen, dem Deutſchen Städtetag die Verantwortung für die Beſchaffung derjenigen Nahrungsmittel für Charlottenburg auf⸗ erlegen, die überhaupt noch zu haben ſind? (Widerſpruch.) Das tun Sie aber. Wir können ſelbſtverſtändlich, wenn wir eine derartige Aktion befürworten, unſerer⸗ ſeits auf dem Markte dieſer Lebensmittel nicht mehr allein vorgehen. Das iſt eine ganz unerwünſchte Konſequenz, die Sie wohl alle nicht ziehen wollen. Ich perſönlich würde ganz zufrieden damit ſein können, denn die Verantwortung des Magiſtrats würde dadurch völlig aufgehoben, da wir dann gar nichts mehr hätten, für das wir ſelbſtändig zu ſor⸗ gen in der Lage wären. Ich bitte Sie, ſich bei der Frage der Annahme oder Ablehnung des Antrages dieſer Konſequenz bewußt zu ſein. (Die Beſprechung wird hierauf geſchloſſen.) Vorſteher Dr. Frentzel: Wir kommen zur Ab⸗ ſtimmung, und zwar denke ich ſo vorzugehen, daß wir den Antrag Bade und Genoſſen teilen und zu⸗ nächſt über ſeinen Wortlaut bis zu dem Worte „ſicherzuſtellen“ abſtimmen. Dann werde ich den zweiten Teil des ſozialdemokratiſchen Antrages zur Abſtimmung bringen; ſollte er abgelehnt werden, ſo würde der Antrag Zielenziger und Genoſſen unter a und b zur Abſtimmung kommen. Dann würde der Antrag Stadthagen als Parallelantrag zur Ab⸗ ſtimmung gelangen. Stadtv. Dr Borchardt: Ich bin der Meinung. daß auch bei Annahme des zweiten Teiles des ſo⸗ zialdemokratiſchen Antrages mindeſtens über Punkt b des Antrages Zielenziger abgeſtimmt werden kann. 7 Vorſteher Dr. Frengel: Jawohl, darin ſlimme 18 ich Ihnen zu; man könnte auch bei Annahme des