Stitzung am 7. Fekruar 1917 weſen iſt. Die Herren vergeſſen aber, daß die Ver⸗ hältniſſe nach dem Kriege 1870/71 und unſere augen⸗ licklichen Zuſtände ſehr von einander verſchieden ſind. Es darf doch nicht veraeſſen werden, daß im Kriege 1870/71 nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Soldaten gefallen iſt; alles in allem handelt es ſich um etwa 28 000 Männer, und zwar diejenigen zu⸗ ſammengerechnet, die auf dem Schlachtfelde gefallen oder ſpäter ihren Wunden erlegen ſind, und die⸗ jenigen, die durch Krankheit ihr Leben eingebüßt haben. Demgegenüber ſind die Zahlen, die jetzt in Betracht kommen, doch unvergleichlich viel größer. Und man darf doch nicht nur die Männer rechnen, die im Kriege ihr Leben einbüßen, ſondern man muß auch an alle dieienigen denken, die kriegsbe⸗ ſchädigt werden, die nicht in der Lage ſein werden, ſich wie früher zu bet tigen und die ſich nach allſeiti⸗ gem Wunſche in Zukunft möglichſt auf dem Lande bewegen. IIm Jahre 1871 ſind zahlreiche Leute aus der Kleinſtadt und vom Lande nach der großen Stadt gezogen. Damals waren die kleinen Städte über⸗ völkert, und es lag nahe, daß zahlreiche Leute, da die Erwerbsverhältniſſe auf dem Lande und in den kleinen Städten ungünſtige waren, ſich dorthin be⸗ gaben, wo mehr verdient werden konnte; das waren die großen Städte. Heute dagegen ſind das platte Land und die kleinen Städte beſonders im Oſten entvölkert, und nach dem Kriege wird natürlich die erſte Aufgabe die ſein, daß nach Möglichkeit für Lebensmittel geſorgt wird. Da wird jedenfalls allen Maßnahmen Vorſchub geleiſtet werden, die dahin abzielen, daß die Leute aus den großen Städten nach dem platten Lande abziehen. SEs iſt alſo meiner Ueberzeugung nach ganz un⸗ wahrſcheinlich, daß zahlreiche Leute vom Lande nach der großen Stadt ziehen werden; vielmehr wird es umgekehrt ſein, daß eine Abwanderung aus der großen Stadt nach dem Lande und den kleinen Städten erfolgen wird. Deshalb glaube ich nicht, daß hier eine Wohnungsnot eintreten wird. 13 wenn er ſich ſo verhalten hätte, wie es Herr Stadtv. Katzenſtein hier ausgeführt hat, daß er nämlich nichts in der Sache getan hätte. Der Magiſtrat iſt aller⸗ dings von der Anſicht ausgegangen, daß, wenn in dieſer außerordentlich wichtigen Frage den ſtädtiſchen Körperſchaften, insbeſondere der Stadtverordneten⸗ verſammlung, Vorſchläge unterbreitet werden ſollen, ſie auch ſo vorbereitet werden müſſen, wie das mit Rückſicht auf die Bedeutung der Sache erforderlich iſt. Was zunächſt die Vorfrage betrifft, ob nach dem Kriege eine Kleinwohnungsnot zu erwarten ſein wird, ſo hat Herr Stadtv. Katzenſtein ſchon aus dem Verlaufe der Debatte entnehmen können, daß die Anſichten darüber, ob eine Kleinwohnungsnot nach dem Kriege eintreten wird, doch verſchieden ſind und die von ihm vorausgeſetzte Einſtimmig⸗ keit nicht beſteht. Dieſe Meinungsverſchiedenheit, die heute wie auch in der ganzen Literatur in bezug auf dieſe Frage zu Tage getreten iſt, macht es ſelbſt⸗ verſtändlich doppelt zur Pflicht, die Vorfrage exakt zu prüfen. Es iſt nun leider nicht möglich, die Vorfrage mit ſo allgemeinen Erwägungen zu prüfen und zu beantworten, daß man etwa auf die Erfahrungen hinweiſt, die nach dem Kriege 1870/71 gemacht wor⸗ den ſind; denn allgemeine Erwägungen laſſen ſich ebenſo gegen wie für die erwartete Kleinwohnungs⸗ not nach dem Kriege anführen. Ich weiſe insbe⸗ ſondere auf die eingehenden Ausführungen und ſta⸗ tiſtiſchen Nachweiſungen im Reichsarbeitsblatt vom Juli vorigen Jahres hin; ſie kommen zu dem Er⸗ gebnis, daß die Frage in erſter Linie nach den ört⸗ 8 Verhätniſſen geprüft und beantvortet werden müßte. Meine Herren, es war daher die erſte Pflicht. um überhaupt einen tragfähigen Boden für weitere Erwägungen zu finden, die Verhältniſſe, wie ſie bei uns, d. h. nicht nur in Charlottenburg, ſondern in Groß⸗Berlin, gelagert ſind, feſtzuſtellen. Zu dieſem Zwecke iſt, wie in der Mitteilung, die Ihnen ge⸗ druckt zugegangen iſt, dargelegt iſt, eine Zählung „Scchon bei der vorigen Beratung iſt darauf hin⸗ gewieſen worden, daß die Anſichten hierüber ſehr weit auseinandergehen, und in den Kreiſen, mit denen ich Fühlung habe, iſt durchaus die Au verbreitet, daß eher ein Wohnungsüberſchuß als ein Wohnungsmangel eintreten wird. IIch möchte noch daran erinnern, daß der Herr Stadtſyndikus das vorige Mal ausgeführt hat, vor dem Kriege hätten in dem eigentlichen Berlin 28 000 Wohnungen von 1 bis 2 Zimmern leer geſtanden. nicht bezogen worden ſein, und wenn man nun an⸗ nimmt, daß in jede dieſer Wohnungen etwa 5 Per⸗ ſonen untergebracht werden können, dann können, wenn alſo nur dieſe 28 000 Wohnungen bezogen werden, in Berlin allein etwa 140 000 Menſchen eine Wohnungsgelegenheit finden. 2 Ich glaube, wir können alſo ganz getroſt der Zu⸗ kunft entgegenſehen und brauchen nicht zu befürchten, daß eine Kleinwohnungsnot eintreten wird. Nach unſerer Auffaſſung iſt es nicht nötia, daß etwas Be⸗ ſonderes in dieſer Beziehung geſchieht und neue Maßnahmen auf dieſem Gebiete getroffen werden. Stadtſndikus Sembritzti: Meine Herren! Magiſtrat und insbeſondere der Dezernent e mit einem ſchlechten Gewiſſen vor Ihnen 1 t ffaſſung den Umſtand, daß eine Anzahl von Groß⸗ ehen und könnte in der Tat kaum ruhig ſchlafen, der leer ſtehenden Wohnungen in Groß⸗Berlin — die erſte derartige Zählung nach einem einheitlichen Schema — vorgenommen worden. Ich möchte in Parentheſe zu der Auffaſſung, der Magiſtrat hätte in dieſer Sache nichts getan, bemerken, daß dieſe ſtatiſtiſche Aufnahme gegen nicht unerhebliche Wider⸗ ſtände in Groß⸗Berlin auf Initiativen des Berliner Vereins für Kleinwohnungsweſen zuſtande gekom⸗ men und in dieſem Verein der hiemuf bezüg⸗ liche Antrag von dem Vertreter der Stadt Charlot⸗ Inzwiſchen werden dieſe 28000 Wohnungen wohl auch tenburg ausgegangen iſt. Das ſcheint mir keine ganz unwichtige Maßregel in dieſer Sache geweſen zu ſein. Die Feſtſtellung der Ergebniſſe dieſer Sta⸗ tiſtik iſt allerdings bei der gegenwärtigen Geſchäfts⸗ lage der Behörden in Groß⸗Berlin mit Rückſicht auf ine Berliner Gemeinden keine ſtatiſtiſchen Aemter oder dergleichen Einrichtungen haben, nicht ganz leicht geweſen. Tat⸗ ſächlich iſt dem Magaiſtrat das amtliche Ergebnis der Groß⸗Berliner Statiſtik auch erſt in den letzten Tagen des Monats Dezember zugegangen. Ich glaube, dieſe Tatſache allein dürfte genügen, um es zu recht⸗ fertigen, daß es bisher nicht möglich war, irgend⸗ welche Schritte in dieſer Sache zu tun. Meine Herren, dann habe ich ſchon im Jannar vorigen Jahres darauf hingewieſen — und das iſt auch heute von den Herren Vorrednern anerkannt worden —, daß die Mittel zur Löſung der Klein⸗