Sitzung am 7. Februar 1917 Stadtv. Katzenſtein (perſönliche Bemerkung): Meine Herren! Herr Kollege Wöllmer hat mir vor⸗ geworfen, daß ich nur eine Wiederholung meiner Rede vom vorigen Jahr gegeben hätte. Ich bin nicht ſo ehrgeizig, in jeder Frage immer wieder etwas Neues ſagen zu wollen; aber ich bin leider hier in der Notlage geweſen, tatſächlich neuere Dinge anzu⸗ 177 nämlich das Ergebnis der Charlotten⸗ burger Wohnungsſtat i ſt i k. Wenn er mir mein Temperament in dieſer Frage vorgehalten hat, ſo glaube ich, daß gerade dieſe Frage mit Ernſt und dem nötigen Temperament behandelt werden ſollte. (Der von dem Stadtv. Hirſch geſtellte Antrag auf Ueberweiſung der Angelegenheit an einen Aus⸗ ſchuß von 15 Mitgliedern wird in der Abſtimmung nach Probe und Gegenprobe abgelehnt und von der Mitteilung Kenntnis genommen.) Vorſteher Dr Frentzel: Wir kommen nunmehr zu Punkt 4 der Tagesordnung: Einſetzung eines Ausſchuſſes zur Vorberatung des Stadthaushaltsplans für 1917. Meine Herren! Ich habe Ihnen hier eine Mit⸗ teilung zu machen. Die Not der Zeit, die ſich ins⸗ beſondere darin äußert, daß es in allen Betrieben an geſchulten Arbeitern fehlt, wird auch unſere Beratung des Stadthaushaltsplans, und zwar nicht ganz un⸗ weſentlich, beeinfluſſen. Heute vor 8 Tagen, am 31. Januar, machte mir der Herr Kämmerer tele⸗ phoniſch davon Mitteilung, daß es dem Magiſtrat und ihm nicht möglich ſei, wie in früheren Jahren den Mitgliedern der Stadtverordnetenverſammlung ſowohl als auch denen des Ausſchuſſes die Druck⸗ exemplare, in denen die einzelnen Etatkapitel nieder⸗ gelegt ſind, zugehen zu laſſen, d. h. einige Tage bevor die Verhandlungen hier im Plenum über den Stadt⸗ haushaltsplan beginnen. Ich hielt dieſe Mitteilung des Herrn Kämmerers für ſo wichtig und einſchnei⸗ dend, daß ich mich mit ihrer bloßen fernſprachlichen Entgegennahme nicht beruhigen konnte, ſondern glaubte, im Intereſſe der Verſammlung den Herrn Kämmerer bitten zu ſollen, mir Gelegenheit zur, mündlichen Rückſprache über dieſes Thema zu geben. Dieſe Rückſprache hatte noch am gleichen Tage ſtatt⸗ gefunden, und der Herr Oberbürgermeiſter hatte die Güte, derſelben beizuwohnen. 2 Ich habe hier mit den Herren die Angelegenheit nochmals durchgeſprochen, obgleich ich mir non vorn⸗ herein bewußt war, daß man Notwendigkeiten nicht nur tragen, ſondern auch mit Würde tragen müßte, und daß es keinen Zweck hat, gegen Unmöglichkeiten irgendwie ankämpfen zu wollen. In dieſer Be⸗ ſprechung, die ziemlich eingehend war und in der ich auch meinerſeits Vorſchläge machte, in welcher Weiſe durch Heranziehung von Hilfsperſonal im Rat⸗ hauſe bei dieſer Sachlage eine gewiſſe Beſſerung her⸗ beigeführt werden könnte, habe ich die volle Ueber⸗ zeugung gewonnen, daß die Herren vom Magiſtrat die Schwierigkeiten, die für die Stadtverordneten da⸗ durch entſtehen, daß ſie bei der Verhandlung des Haushaltsplans heute in 14 Tagen nicht in der Lage ſind, die den Ausführungen des Magiſtrats zugrunde liegenden Zahlen und Mitteilungen vorher zu prüfen voll und ganz in ihrer Wichtigkeit würdigen und es lebhaft bedauern, daß ſie nichts anderes tun können, als mir noch einmal die Unmöglichkeit zu verſichern, irgendwie durrchgreiſend Athilfe zu ſchaffen, und eben 17 nur das zu leiſten vermögen, was zu leiſten iſt. Und das iſt folgendes. 415 2724 Nach den Mitteilungen, die mir der Herr Käm⸗ merer gemacht hat, werden ungefähr am 15. dieſes Monats unter Zuhilfenahme von handſchriftlich her⸗ geſtellten Exemplaren 6 vollſtändige Exemplare des Etats für die Stadtverordnetenverſammlung zur Ver⸗ fügung ſtehen. Außerdem wird das Steuerkapitel für jedes der 15 Ausſchußmitglieder, vielleicht für jeden Stadtverordneten dann ungefähr fertig ſein. Ferner wird der Ueberſichtsplan, die gedruckte, ich möchte beinahe ſagen: Einleitung zu dem Etat, die ein Urteil darüber ermöglicht, wie die Ginnahmen und Ausgaben ausgeglichen werden, ebenfalls für jeden Stadtwerordneten vorhanden ſein. Es wird nach neuerer Mitteilung auch möglich ſein, nahezu voll⸗ ſtändige Exemplare des geſamten Haushaltsplans für jedes Ausſchußmitglied bei Beginn der Ausſchuß⸗ beratung bereit zu halten. Ferner ſollen von den Sonderetats 4 und 5, Gasanſtalt und Elektrizitäts⸗ werke, noch eine Anzahl Exemplare möglichſt früh⸗ „zeitig bereit gehalten werden, vielleicht wird ſie auf ein Dutzend ſteigen; aber Genaueres und Beſtimmtes kann der Magiſtrat in dieſer Beziehung nicht zufagen, wenn ich die Mitteilungen des Herrn Kämmerers richtig verſtanden habe. Wir haben ja, wie Ihnen bekannt iſt, einen Vertrag mit einer Druckfirma, die uns verpflichtet iſt und die die Lieferung der Druck⸗ arbeiten vertraglich übernommen hat. Die Firma hat aber trotz des wiederholteſten, ſchon in den früheren Perioden ausgeübten Drängens des Herrn Kämme⸗ rers erklärt, daß ſie bei der augenblicklichen Lage nicht imſtande wäre, die Arbeiten ſo pünktlich abzuliefern, wie es nötig wäre, falls ſie für unſere Beratungen irgendwelchen Zweck haben ſollten. Stadtv. Bernhard: Meine Herren! Wir kön⸗ nen ja leider nicht daran zweifeln, daß die Mittei⸗ lung, die uns der Herr Stadtverordnetenvorſteher gemacht hat, vom Magiſtrat beſtätigt werden wird. Wenn ſich die Dinge aber ſo verhalten, wie ſie der Herr Stadtverordnetenvorſteher uns eben mitgeteilt hat, dann muß ich ſagen, daß ich für meine Perſon ebenſo wie wahrſcheinlich die große Mehrheit der Kollegen die Sache nicht recht verſtehe. Es iſt klar, daß im Druckgewerbe genau ſo wie in jedem andern Gewerbe augenblicklich Menſchen⸗ mangel vorhanden iſt, und ich gebe ohne weiteres zu, daß auch die renommierteſte Druckfirma daher ge⸗ wiſſe Schwierigkeiten hat, in ſchneller Zeit einen ſo komplizierten Auftrag fertigzuſtellen, wie ihn ja ein Druckwerk mit ſo vielen Tabellen immerhin dar⸗ ſtellt. Aber andererſeits hat, wie auch der Herr Stadtverordnetenvorſteher uns eben mitteilt, der Magiſtrat mit der betreffenden Druckfirma einen Vertrag. Auf Grund dieſes Vertrages iſt die Firma aur Herſtellung des Etats verpflichtet, und da der Krieg nach verſchiedenen Gerichtsentſcheidungen keine vis major iſt, ſo wird durch den Krieg die Firma von der Verpflichtung, den Etat herzuſtellen, nicht entbunden. Und wenn der Magiſtrat rechtzeitig er⸗ klärt hätte, daß er unter allen Umſtänden auf Er⸗ füllung dieſer Verpflichtung beſtehe, ſo bin ich voll⸗ kommen davon überzeugt, daß zwei Dinge — alter⸗ nativ — eingetreten wären: entweder hätte die Firma erklärt, ſie würde pünktlich liefern, oder ſie hätte eine aegenteilige Erklärung abgegeben; donn hätte der Magiſtrat für Rechnung der Firma den Druck wo anders herſtellen laſſen können, ganz gleich⸗ gültig, welchen Preis er dann dafür zahlte. Dann 1