Sitzung am 21. wir uns ja noch eingehend im Ausſchuß zu unter⸗ halten haben. Angedeutet ſind bereits mehrere Punkte, die im Haushaltsausſchuß zu Erörterungen Anlaß geben werden, und wir wollen hoffen, daß der Etat aus dem Ausſchuß mit einem etwas freund⸗ mane herauskommt, als er hineingeſchickt wird. 4 (Bravo!) Stadtv. Dr. Liepmann: Meine Herren! Es iſt ein bedeutſames Zeichen der Zeit, daß wir uns heute im allgemeinen nicht über die Art und Höhe der Aus⸗ gaben, ſondern mehr über die Art und die Höhe der Einnahmen unterhalten haben. Die gewaltigen Er⸗ eigniſſe, die wir jetzt durchleben, bringen es ja mit ſich, daß wir weniger auf die Wirtſchaftlichkeit unſerer Maßnahmen Gewicht legen, ſondern darauf, ob dieſe Maßnahmen geeignet ſind, unſere Bürger durch die Leiden des Krieges möglichſt unbeſchädigt hindurch⸗ zuführen und bis zum Frieden ein Durchhalten ohne Schädigung an dem Mark der Volkskraft zu ermög⸗ lichen. Meine Herren, die ſchwierige Frage, wie wir die Uebergangswirtſchaft ausgeſtalten, wie wir alle die Schäden des Krieges wieder heilen, wie wir neue Grundlagen ſowohl für die Kommunen wie für die einzelnen, zu neuem Aufblühen und Gedeihen von Gewerbe, von Handel und Induſtrie gewinnen und ſchaffen, alles das wird ja erſt nach dem Frieden zu erörtern ſein und dann einen ſchwierigen Gegenſtand unſerer Beratungen darſtellen. Für jetzt können wir nur darauf Gewicht legen, daß uns die geſunde Grundlage unſerer Finanzen erhalten bleibt, und das iſt anzunehmen und zu erhoffen nach dem Vorſchlag, den der Magiſtrat uns unterbreitet hat. Was die Einzelheiten des Haushaltsplans be⸗ trifft, ſo haben ſich meine Freunde entſchloſſen, dem Vorſchlag wegen des Ausgleichsfonds mit demjenigen Vorbehalt, den im großen und ganzen ja ſchon der Redner der Mehrheitspartei hier näher ausgeführt hat, zuzuſtimmen. Wir glauben, daß wir, wenn man auch mehr die Rechte der ſtädtiſchen Körperſchaften und die Zwecke, denen der Ausgleichsfonds dient, präziſieren muß, mit Ausſtattung eines ſolchen Re⸗ ſervepoſtens für ſpätere ſchwierige Zeiten ein Fun⸗ dament errichten, auf das man ſich ſtützen kann, wenn die Etatiſterung Schwierigkeiten mit ſich zu bringen droht. Ich will hoffen, daß mich der Fonds ent⸗ ſprechend der Vermutung, die Herr Kollege Dr Frentzel hier ausgeſprochen hat, in einigen Jahren in die Lage verſetzt, bei neuen Belaſtungsvorſchlägen, die uns eventuell der Herr Kämmerer macht, bean⸗ tragen zu können, die und die Summe aus den bereit⸗ ſtehenden Mitteln dieſer neu ausgeſtalteten Reſerve zu entnehmen. Was die Einkommenſteuer betrifft, ſo ſtimme ich darin vollkommen dem Herrn Kollegen Dr. Frentzel bei, daß der Herr Kämmerer in ſeinem Voranſchlage doch wohl zu peſſimiſtiſch geweſen iſt. Wir ſind das ja von dem Herrn Kämmerer gewohnt. Er erklärt immer, daß er uns die Dinge mit ungeheurem Op⸗ timismus ſchildert, und ſchließlich — Gott ſei Dank, kann ich hinzufügen — finden wir, daß ein ganz ge⸗ ſunder Peſſimismus, wie er als ſtädtiſcher Finanz⸗ miniſter ihn auch bei ſolchen Gelegenheiten uns gegen⸗ über zeigen muß, obgewaltet hat. Insbeſondere kann ich ihm in bezug auf die Charakteriſterung der vor⸗ ausſichtlichen Steuerlage des Jahres 1918 nicht bei⸗ ſtimmen. Schon der Herr Vorſteher hat einen Gegen⸗ Februar 1917 39 grund gegen ſeine Ausführungen angeführt; ich möchte mir erlauben, noch auf einen andern aufmerk⸗ ſam zu machen. Im Jahre 1918, wenn wir, wie ja zu hoffen iſt, Frieden haben werden, wird es ſich darum handeln, die aufgebrauchten Lagerbeſtände und Vorräte zu ergänzen, und dadurch wird ein großer Zufluß von Barmitteln von ſeiten der Verbraucher ſund ein erheblicher Umſatz in der Geſchäftswelt her⸗ beigeführt werden. Dieſer Umſatz wird natürlich wieder Gewinne erzeugen, und auf dieſe Weiſe wird der Druck auf die Steuereinſchätzungshöhe wieder ausgeglichen werden, den der Herr Kämmerer aus den ſogenannten Ausverkäufen, d. i. aus den Räumen der vorhandenen Beſtände, herleiten wollte. Bei der Umſatzſteuer iſt der Anſatz gegen das Vorjahr auf die Hälfte gebracht worden. Ich hoffe, daß hierin eine Andeutung nach der Richtung liegt, daß der Magiſtrat der erneuten Erwägung wegen Aenderung des Gemeindeſtatuts nachgeben wird, ſo daß wir auf dieſe Weiſe bald eine Vorlage zum Nutzen der zweiten Hypothekengläubiger und des be⸗ drängten Hausbeſitzes in der Richtung bekommen, daß in ſolchen Zwangsverſteigerungsfällen, in denen es der Billigkeit entſpricht, die Umſatzſteuer durch den Magiſtrat erlaſſen werden kann. Bei dieſer Gelegenheit möchte ich mir auch er⸗ lauben, auf die Ausführungen des Herrn Kämmerers über die gezahlten Mietunterſtützungen ich glaube, es waren 8 Millionen ℳ — und auf den Hinweis, daß dadurch ja ſchon dem Hausbeſitz ein ſo großes Entgegenkommen gezeigt ſei, zu erwidern, daß der Hausbeſitz ja durchaus die Hilfe, die ihm durch die Mietunterſtützungen zuteil wird, aner⸗ kennt; aber, Herr Kämmerer, dieſe Mietunter⸗ ſtützung wird doch in erſter Reihe den notleidenden Mietern und ihren Familien gegeben, (Sehr richtig!) und erſt in zweiter Reihe hat der Hausbeſitz einen Vorteil davon, wie das ja auch der Fall ſein ſoll. Andererſeits darf man dabei nicht vergeſſen, daß er einen Mietnachlaß in einer Zeit bewilligen joll, in der ſonſt alle anderen Bedürfniſſe weit höher be⸗ meſſen werden und im Preiſe ſteigen. Bei den Steuern möchte ich noch erwähnen, daß meine Freunde im vorigen Jahre baten, doch in Er⸗ wägung zu ziehen, ob es ſich nicht empfehlen würde, eine Filialſteuer einzuführen. Ich will mich hier nicht weiter über dieſe Frage verbreiten, weil ich glaube, daß dazu der Ausſchuß die geeignetere Stelle ſein wird. Ich möchte nur bitten, bei den Erwägun⸗ gen, die darüber ſtattfinden werden, ob wir bei einem Satz von 170% bleiben müſſen oder von ihm her⸗ untergehen können, auch dieſe Frage nochmals zu prüfen und dazu das nötige Material aus denjeni⸗ gen Orten Groß⸗Berlins, die eine Filialſteuer haben, gütigſt herbeizuſchaffen. Beſondere Genugtuung muß es ja allen Ein⸗ wohnern Charlottenburgs bereiten, wenn wir uns die Zahlen vergegenwärtigen, die für Kriegswohlfahrts⸗ pflege ausgegeben werden. 34% Millionen ℳ ſind eine Summe, die beweiſt, daß Charlottenburg in der Wohlfahrtspflege weit über diejenige Pflicht hinaus⸗ gegangen iſt, die es nach dem Geſetze zu erfüllen gehabt hätte. 11 7,