Situng am 18. April 1917 Die Frage des Stimmrechtes iſt ja ſelbſtver⸗ ſtändlich eine Rechtsfrage, über die wir hier nich entſcheiden können. Aler nachdem bereits eine Reihe von Städten in dieſer Richtung unangefochten vor⸗ gegangen iſt, dürfen wir, meine ich, ruhig den Ver⸗ ſuch wagen, den Frauen ebenfalls das Stimmiecht zu verleihen, und dürfen es darauf ankommen laſſen, ob uns von irgend einer Stelle, ſchließlich von höchſter Gerichtsſeite aus, Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. Aber noch eins. Ich halte es für geboten, daß man ſich grundſätzlich in der Richtung bewegt, mindeſtens für die wichtigeren Deputationen mehrere Frauen zuzuwählen; wir haben es ja bereits für einige, aber man ſollte das allgemein als Norm auf⸗ ſtellen. Es iſt ja klar, daß ſich eine einzelne Frau in einem Kreiſe von Männern manchmal vielleicht befangen fühlt; es kann auch eine einzelne Frau nicht jederzeit ſagen, daß ſie die allgemeine Frauen⸗ meinung vertritt. So wird es alſo erwünſcht ſein, daß mehrere Frauen möglichſt mit beſchließender Stimme in die Deputationen hineingewählt werden. Dann dürfen es ſelbſtverſtändlich nicht nur Vertreterinnen eines beſtimmten engeren Kreiſes der Frauenwelt ſein, es darf keine bloße Damenver⸗ tretung ſein, ſondern es müſſen auch die weiteren Kreiſe der Frauenwelt, die heute als Arbeiterinnen wie als Familienmütter und Konſumentinnen in be⸗ ſonderem Maße an unſeren öffentlichen Angelegen⸗ heiten intereſſiert ſind, die Möglichkeit haben, in den Deputationen mitzuwirken. Meine Herren, ich hoffe, daß wir uns in dieſer Beziehung, wenn die Vorlage des Maaiſtrats an uns gelangt, ebenfalls zuſammenfinden können, ſodaß aus dieſem Antrag und aus der ganzen Beſchluß⸗ faſſung ein wirklich ernſthafter Fortſchritt, der zu weiteren Verbeſſerungen führt, hervorgeht. 5 (Bravo!) Stadtv. Schwarz: Meine Herren! Ich will nicht auf die grundſätzliche Seite der Sache eingehen, ſondern mich lediglich darauf beſchränken, zu beto⸗ nen, daß den Frauen da, wo ſie die Qualifikation mitbringen, wo eine volle amtliche Verantwortung auf ihnen ruht, wohl in allererſter Linie einen An⸗ ſpruch darauf haben, in unſeren Deputationen tätig zu ſein. Das iſt im Erziehungsweſen der Fall. Wenn wir in der Schul⸗ und in der Fortbildungs⸗ ſchuldeputation bereits je eine Frau haben, ſo muß ich doch ſagen — und das iſt mir heute viel zu wenig, von ſozuſagen ſachverſtändiger Seite auf⸗ fallenderweiſe überhaupt nicht betont worden , daß uns Frauen bis heute in der Deputation für das höhere Mädchenſchulweſen fehlen. Ich habe das ſeit Jahren als ſtarken Mißſtand empfunden. Denn wir haben ganz hervorragend qualifizierte Frauen, die Oberlehrerinnen, und ich ergreife freudig dieſe Gelegenheit, um bei der Verantwortung, die ſie haben, und bei der Qualifikation und dem Sachver⸗ ſtändnis, die ſie beſitren, die Hoffnung auszuſprechen, daß wir in Zukunft ganz gewiß auch Vertreterinnen des Oberlehrerinnenſtandes in der Deputation für das höhere Mädchenſchulweſen ſehen werden. Ich babe ihr Nich wertretenſein bisher, wie geſagt, als Mangel empfunden. Antragſteller Stadtv. Dr. Stadthagen (Schluß⸗ 4 Herren! Einige Aeußerungen ver anlaſſen mich noch zu wenigen Bemerkungen. Deri iſter hat auf ein Oberverwal⸗“ wort): Meine Berr Oberbürgerme 77 tungsgerichtsurteil hingewieſen, wonach dieſes höchſte Gericht bereits entſchieden hätte, daß Frauen nicht das Stimmrecht haben dürften. Das iſt nicht ganz zutreffend. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht über dieſe Frage entſchieden, ſondern ſich nur in dem Sinne ausgeſprochen, daß es nie die Abſicht geweſen ſei, die Frauen an der öffentlichen ſtädtiſchen Ver⸗ waltung zu beteiligen, alſo ihnen das Bürgerrecht zuzuerkennen. Wenn man auf dieſes Urteil zu großen Wert legt, dann dürften die Frauen auch nicht mit beratender Stimme in den Deputationen ſein. Das iſt auch mehrfach hervorgehoben worden. Alſo ich möchte bitten, das Oberverwaltungsgerichts⸗ urteil bei dieſer Frage ganz aus dem Spiel zu laſſen. In dieſer Hinſicht liegt eben eine Stellungnahme des Oberverwaltungsgerichts noch nicht vor, und ich würde es für unbedenklich halten, wenn die preußiſche Regierung den Weg, den ich vorhin angedeutet habe, gehen, d. h. nunmehr, da ſchon jetzt einige Städte wie Cöln den Frauen das Stimmrecht ge⸗ geben haben, das durch Runderlaß ſanktionieren würde, und der Magiſtrat dann nachträglich bald⸗ möglichſt eine entſprechende Vorlage einbringen würde. Ich glaube, das wäre nach vielen Richtun⸗ gen hin zweckmäßig. Herr Kollege Katzenſtein hat dann vorhin be⸗ tont, es müßte dafür geſorgt werden, daß die Frauen in die Deputationen hineingewählt werden dürfen. Dieſes „Dürfen“ liegt meiner Auffaſſung nach und auch nach der Auffaſſung der Königlichen Staatsre⸗ gierung ſchon vor; es wird ſich nur darum handeln, daß uns der Magiſtrat in geeigneter Weiſe Vor⸗ ſchläge darüber macht, wie nun in weiteren Depu⸗ tationen als bisher die Mitwirkung der Frauen ſichergeſtellt werden ſoll. Dem Wunſche, daß gegebenenfalls zu einzelnen Deputationen mehrere Frauen zugezogen wer⸗ den, kann ich mich nur anſchließen; das wird aber natürlich von Fall zu Fall zu prüfen ſein. In dieſer Beziehung werden wir auch die Vorlage ab⸗ warten können. Zum Schluß möchte ich nur noch betonen, daß, glaube ich, Magiſtrat und Stadtverordnetenverſamm⸗ lung, die ſtädtiſchen Körperſchaften, eine Ehren⸗ pflicht erfüllen, wenn ſie auf dem durch den Antrag angedeuteten Wege möglichſt ſchnell vorgehen und auch alles tun, damit die geſenlichen Unterlagen für Erfüllung der weiteren Wünſche die geſchaffen werden. (Die Verſammlung nimmt den Antrag der Stadty. Ir Stadthagen und Gen. betr. Wahl von Frauen für Deputationen einſtimmig an und er⸗ klärt die hierzu eingeganoenen Zuſchriften und Petitionen durch die Beſchlußfaſſung für erledigt.) Vorſteher Dr. Frentzel: Wir kommen zu Punkt 10: Vorlage betr. Vergleich in einer Prozeßſache. Druckſache 39. (Die Verſammlung beſchließt nach dem An⸗ trage des Magiſtrats, 5 für den von dem hieſigen Grundſtück der Fran Kräuſel an der Quedlinburger Straße (Char⸗ lottenburg Band 24 Blatt 1278) zum plan⸗ mäßigen Ausbau der Quedlinburger Straße enteigneten Flächenabſchnitt 2242/92 von 305 am eine Entſchädigung von 13 000 % aus dem Straßenbaufonds zu Lewilligen.)