Sitzung am 18. April 1917 dieſe, glaube ich, in einem ihn befriedigenden Sinne inſofern gelöſt, als der Verein gar keinen Unter⸗ ſchied bezüglich der Kinder macht, die er entſendet. Der Verein hat durchaus nicht ſeine Tätigkeit nur etwa auf Kinder der Volksſchule beſchränkt, auch nicht eigentlich auf Schulkinder, ſondern ganz allge⸗ mein auf Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren. Wenn in der Vorlage im weſentlichen von Volks⸗ ſchulkindern die Rede iſt, ſo iſt das geſchehen, weil das die Kreiſe ſind, von denen die Zuſchüſſe, die von Ihnen heute angefordert werden, naturgemäß in weiteſtem Umfange beanſprucht werden, während das bei den Kindern höherer Stände nicht der Fall ſein wird. Im allgemeinen wird man annehmen müſſen, daß der Pflegeſatz von 50 5 pro Tag das ſind 15 ℳ im Monat — gern auch von minder⸗ bemittelten Eltern, ſicher von den dem Mittelſtande angehörenden Eltern getragen werden wird, wenn da⸗ durch die Ernährungskalamitäten für ein Kind den ganzen Monat über beſeitigt ſind. Zum Schluſſe möchte ich noch, was die Durch führbarkeit des ganzen Gedankens betrifft, folgen⸗ des mitteilen, was in der Vorlage noch nicht mit⸗ geteilt werden konnte, weil es noch nicht bekann! war. Die Frage: wird es in dem Umfange, wie es beabſichtigt iſt, gelingen, Kinder auf dem Lande unterzubringen —, kann ich glücklicherweiſe aus vollſtem Herzen bejahen. 5 (Bravo!) Trotzdem bei uns etwa 4600 Kinder nach den augen⸗ blicklichen Feſtſtellungen für die Verſendung in Frage kommen, kann ich heute ſchon ſagen, daß ihre Unterbringung abſolut garantiert iſt. (Bravo!) Ich freue mich auch aus Gründen allgemeiner Gerechtigkeit, bei dieſer Gelegenheit feſtſtellen zu können, daß die Opferwilligkeit des Landes, die ja in anderer Beziehung öfter von den Städtern ange zweifelt wird, ſich jedenfalls auf dieſem Gebiete glänzend bewährt hat. (Wiederholtes Bravo.) Ich bin in der Lage, Ihnen einige Zahlen mitzu⸗ teilen, die mich jedenfalls überraſcht haben und auch Sie überraſchen werden, die auch unter allen Umſtänden die Gewähr bieten, daß die Unterbrin⸗ gung unſerer Charlottenburger Kinder geſichert iſt. Sie wiſſen, daß die ganze Einrichtung provin⸗ ziell aufgezogen iſt, d. h. daß die Oberpräſidenten innerhalb ihres Bereichs die Pflegeſtellen einerſeits und die zu entſendenden Kinder andererſeits zuſam⸗ menfaſſen und an den Verein zu meinen Händen Mitteilung machen, ob ſie in der Lage ſind, einen Ueberſchuß von Pflegeſtellen oder umgekehrt einen Ueberſchuß von Pflegekindern zur Verfügung zu ſtellen bzw. abzugeben. Von den Provinzen Oſt⸗ preußen, Pommern, Poſen und Sachſen ſind bisher dieſe Mitteilungen eingegangen. Das ſind auch gerade die Provinzen, die uns verhältnismäßig am nächſten liegen. In Sachſen iſt die Sache ſo, daß 11 176 Kinder untergebracht werden können; dort ſind allerdings 9114 Stellen, die mit Kindern der Pro⸗ vinz belegt ſind, ſo daß ſich ein Reſt von 2062 Landpflegeſtellen für auswärtige Kinder ergibt. In Voſen ſind 21 689 Landpflegeſtellen gemeldet, in Pommern, wo die endgültige Liſte noch nicht vor⸗ liegt, ſind vorausſichtlich 32 300 auswärtige Kinder 81¹ unterzubringen, und Oſtpreußen meldet nicht weni⸗ 2 als 63 291 Stellen, die ſämtlich unentgeltlich ind. (Allſeitiges Bravo.) Meine Herren, Sie werden aus dieſen erſtaun⸗ lichen Ziffern einmal ſehen, daß wir unſere 4600 Kinder ſpielend werden unterbringen können, was ja auch wohl zur Beruhigung der Kinder und der (Mütter beiträgt, und Sie werden andererſeits ſehen — und deshalb freue ich mich beſonders, das hier feſtſtellen zu können —, daß die Opferwilligkeit des Landes wenigſtens auf dieſem Gebiet abſolut nicht verſagt hat. (Lebhaftes Bravo.) Stadtv. Katzenſtein: Meine Herren! Ich glaube, wir dürfen dieſe Vorlage mit Freude be⸗ grüßen. Die allgemeinen Beſtrebungen des neuge⸗ gründeten Vereins ſind dankenswert, und die Vor⸗ lage, die der Magiſtrat uns unterbreitet hat, ver⸗ dient die wärmſte Unterſtützung. Ich glaube ſogar, es wird nichts ſchaden, wenn Charlottenburg auf dem Gebiete noch weiter geht, als es beabſichtigt iſt. Meines Wiſſens hat die weſentlich kleinere Stadt Schöneberg die Abſicht, etwa 6000 Kinder aufs Land zu ſchicken. Das wäre eine verhältnismäßig viel größere Zahl, als ſie Charlottenburg ins Auge gefaßt hat. Immerhin iſt es ein erfreulicher An⸗ fang. Allerdings ſcheint es mir notwendig, einige Geſichtspunkte, die auch ſchon in der Begründung der Vorlage erwähnt worden ſind, etwas ſchärfer zu betonen. Wenn man die Kinder zu leichten landwirt⸗ ſchaftlichen Arbeiten, wie ſie ihrem Alter und ihren Kräften entſprechen, heranzieht, ſo iſt dagegen gar nichts einzuwenden. Es wird das ihrer körperlichen Geſundheit wie auch ihrer allgemeinen Ausbildung nur nützlich ſein. Es ſcheint mir aber doch drin⸗ gend geboten, das, was hier geſagt iſt: „unter Ver⸗ meidung jeglicher Ueberanſtrengung und ungeeigne⸗ ter Beſchäftigung“ ſtark zu unterſtreichen. Der Herr Oberbürgermeiſter hat die Opferwilligkeit des Landes auf dieſem Gebiete hervorgehoben. Es ſoll mich freuen, wenn er damit recht hat. Ich weiß nur nicht, ob das für die weiteren Kreiſe von Land⸗ wirten, die ſich bereit erklärt haben, in vollem Um⸗ fange zutrifft. Denn wir wiſſen ja, daß in der Landwirtſchaft heute ſtarker Arbeitermangel be⸗ ſteht, und wir wiſſen leider aus lanaer Erfahrung, daß gerade die Kreiſe der Landwirtſchaft ſich einem einigermaßen genügenden, ja überhaupt einem Kin⸗ derſchutz in der Landwirtſchaft ſtark und leider mit Erfolg entgegengeſtellt haben. Es wird alſo drin⸗ gend notwendig ſein, daß hier eine ernſthafte Ueber⸗ wachung ſtattfindet. Ich weiß nicht, ob es in allen Fällen genügen wird, den örtlichen Organen, Pfar⸗ rern, Lehrern, die ja mit dem Geſichtskreis der Landwirtſchaft jedenfalls viel inniger vertraut ſind, als vielleicht mit den anderen Geſichtspunkten, die für uns im Vordergrunde ſtehen, dieſe Ueberwachung allein zu überlaſſen. Es ſcheint mir nützlich, wenn die Städte und ſpeziell unſere Stadt einen eigenen Vertreter aus ihren pädagogiſchen oder ihren Ge⸗ ſundheitsbeamten beſtellen, der eine dauernde Ueber⸗ wachung der entſandten Kinder vorzunehmen hätte. Unter dieſer Vorausſetzung eines Schutzes vor übermäßiger Inanſpruchnahme würde ich die Fami⸗ lienunterbringung einer gruppenweiſen entſchieden