10⁴ Berufe ſie angehören oder angehörten, durch Ge⸗ meindebeſchluß geregelt. Nun wird hier ein Teil der Erwerbsloſen aus der allgemeinen Erwerbsloſen⸗ fürſorge herausgenommen, und es wird für ſie eine beſondere Erwerbsloſenfürſorge beſchloſſen. Vir ſind der Meinung, daß, wenn das geſchieht, das auf eine Abänderung des Gemeindebeſchluſſes von 1914 hin⸗ ausläuft und daß deswegen der Magiſtrat rerpflich⸗ tet geweſen wäre, der Stadwerordnetenver,ammlung eine Vorlage auf Abänderung des Gemeinde⸗ beſchluſſes zu unterbreiten. Statt deſſen iſt er ſelb⸗ ſtändig vorgegangen, er hat die Stadtverordneten⸗ verſammlung völlig ausgeſchaltet. Ich muf, offen erklären, daß ich darin mit meinen Freunden eine gewiſſe Mißachtung der Rechte der Stadtvcrord⸗ netenverſammlung erblicke, eine Mißachtung, die wir um ſo ſchärfer verurteilen, als der Magiſtrat ſeinen Beſchluß bereits vor ungefähr 13 Monaten gefaßt hat und uns heute erſt davon Kenntnis gibt. Bedenken Sie, in welche Lage die Stadtverord⸗ neten dadurch kommen! Wiederholt ſind an den einen oder andern von uns Anfragen herangetreten, wie denn bei uns die Tertilarbeiterfürſorge geregelt iſt. Wer nicht zufällig durch private Erkundigungen bei dem Dezernenten oder bei einem andern Ma⸗ giſtratsmitgliede davon Kenntnis erlangt hatte, der war nicht imſtande, den Frageſtellern auf ihre Frage irgendeine Antwort zu geben. Andere Gemeinden ſind in dieſer Hinſicht anders vorgegangen und haben die Rechte der Stadt⸗ verordnetenverſammlung gewahrt. Ich erinnere nur an Berlin. In Berlin iſt am 25. Mai v. Is. ein beſonderer Gemeindebeſchluß gefaßt worden. Der Berliner Magiſtrat hat der Stadtverordneten⸗ verſammlung eine Vorlage über die Kriegsfürſorge für erwerbsloſe Tertilarbeiter unterbreitet, die Vor⸗ lage iſt einem Ausſchuß überwieſen und erſt nach eingehender Ausſchußberatung von der Stadt⸗ perordnetenverſammlung genehmigt worden. Auf dieſe Weiſe iſt in Berlin der Gemeindebeſchluß zu⸗ ſtande gekommen. Auch die Regierung ſcheint auf dem Standpunkt zu ſtehen, daß es zur Regelung der Fürſorge für die Tertilarbeiter eines Gemeinde⸗ beſchluſſes bedarf. Denn aus den Akten geht hervor, daß der Regierungspräſident am 22. Februar v. Is. einen Erlaß veröffentlicht hat, und dieſem Erlaß war der Entwurf eines „Gemeindeleſchluſſes“ bei⸗ gefügt worden, nach dem ſich die Städte womöglich richten ſollten. Alſo daraus geht deutlich hervor, daß auch die Regierung ſich ſagt, einſeitig dürfte der Magiſtrat eine ſolche Regelung nicht treffen. Dieſer Entwurf des Regierungspräſidenten, der alſo ausdrücklich einen Gemeindebeſchluß vorſah, bildete übrigens auch die Grundlage einer gemein⸗ ſamen Beſprechung von Vertretern der Groß⸗ Berliner Gemeinden, die im April v. Is. im Ber⸗ liner Rathauſe ſtattfand, und erſt auf Grund dieſer Beſprechung iſt dann ſowohl in Berlin als auch in Charlottenburg und anderen Gemeinden die Für⸗ ſorge geregelt worden, nur mit dem Unterſchied, daß Berlin und andere Gemeinden die Stadtverordneten⸗ verſammlungen gehört haben, während der Magiſtrat von Charlottenburg das nicht für nötig gehalten hat. Meine Herren, dazu kommt weiter, daß uns auch die Grundſätze, die ja immerhin wichtig und auch für die Stadtverordnetenverſammlung von Intereſſe ſind, nicht einmal mitgeteilt werden. In der Vorlage heißt es: 2 gzung am 13. Juni 1917 Die Grundſätze üler die Berechnung und Zahlung dieſer Erwerbsloſenunterſtützungen ſind den beigefügten Akten vorgeheftet. Von einer Drucklegung haben wir der Papier⸗ erſparnis wegen Abſtand genommen. Nun, ich habe gewiß nichts dagegen, wenn man in der Zeit der Papiernot Papier ſpart, aber nicht da, wo es nicht angebracht iſt, ſondern am rechten Ort, und die Grundſätze ſind doch von ſolcher Be⸗ deutung, daß es ſich wohl gelohnt hätte, ſie der Stadtverordnetenverſammlung mitzuteilen, ganz un⸗ bekümmert darum, ob dadurch ein oder zwei Blatt Papier — mehr macht es nicht aus — mehr ge⸗ braucht worden wären. Das ſind die Bedenken, die ich namens meiner Freunde in formeller Hinſicht gegen die Mitteilung des Magiſtrats zu erheben habe. Was die Grundſätze in ſachlicher Beziehung anbetrifft, ſo ſind meine Einwendungen dagegen nicht ſo erheblich. Gewünſcht hätte ich nur, daß wir wenigſtens in dieſem Punkte mit allen Groß⸗Ber⸗ liner Gemeinden Hand in Hand gegangen wären⸗ Das iſt nicht der Fall. Es hat allerdings eine ge⸗ meinſame Beſprechung ſtattgefunden, man hat ſich über gemeinſame Grundſätze geeinigt; aber wenn Sie den Gemeindebeſchluß von Berlin mit den Grundſätzen vergleichen, die der Charlottenburger Magiſtrat aufgeſtellt hat, ſo ergibt ſich doch, daß, wenn auch im großen und ganzen der Wortlaut übereinſtimmt, in dieſem oder jenem Punkte Ab⸗ weichungen vorhanden ſind. Auch davon hätte man doch der Stadtverordnetenverſammlung Mitteilung machen und die Gründe angeben müſſen, aus denen Charlottenburg in beſtimmten. Punkten von Berlin abgewichen iſt. Meine Herren, ich glaube, daß wir uns aus allen dieſen Gründen nicht, wie es ſonſt üblich iſt, damit begnügen ſollten, die Mitteilung des Ma⸗ giſtrats durch Kenntnis zu erledigen, ſondern ich beantrage namens meiner Freunde, ſie einem Aus⸗ ſchuß zu überweiſen, damit wir dort Gelegenheit haben, die vom Magiſtrat einſeitig aufgeſtellten Grundſätze nachzuprüfen. Stadtrat Goeritz: Es hat dem Magiſtrat ſelbſt⸗ verſtändlich vollkommen fern gelegen, die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung bei dieſer Angelegenheit aus⸗ ſchalten zu wollen. Wir haben uns bei der Be⸗ ſchlußfaſſung über dieſe Regelung ausdrücklich die Frage vorgelegt, ob wir die Angelegenheit auch der Stadtverordnetenverſammlung zur Beſchlußfaſſung unterbreiten müßten. Das Magiſtratskollegium iſt damals bei der Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Beſchlußfaſſung der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung nicht erforderlich ſei, da ſich die Regelung durchaus im Rahmen der von der Stadtverordneten⸗ verſammlung ſeinerzeit beſchloſſenen Erwerbsloſen⸗ fürſorge hält. Es findet weder eine Beeinträchti⸗ gung der Erwerbsloſen etwa in dem Sinne ſtatt, daß ſie nach dieſer neuen Regelung weniger be⸗ kämen — im Gegenteil, ſie bekommen ganz erheb⸗ lich mehr —, und es findet auf der andern Seite, trotzdem ſie mehr bekommen, nicht etwa eine Mehr⸗ belaſtung der Stadtgemeinde ſtatt. Denn zu dieſer neuen Erwerbsloſenfürſorge ſteuern ſowohl Reich wie Staat ſo erhebliche Beträge bei, daß ſchließlich der Betrag, der letzten Endes der Stadtgemeinde zur Laſt fällt, ganz außerordentlich gering und jedenfalls erheblich geringer iſt, als er der Stadt zur Laſt