0 Sitzung am 13. Juni 1917 liches, daß ich allerdings glaubte, es in der Vorlage um ſo weniger ſagen zu müſſen, als wenigſtens die Mitglieder der Deputation für den Arkeitsnachweis ſtändig von mir darüber auf dem laufenden gehal⸗ ten worden ſind, welche Verhandlungen bezüglich der gemeinſamen größeren Organiſationen ſchweben. Es liegt in der Beziehung auch ein Irrtum des Herrn Stadtv. Gebert vor. Nicht die Einrichtung eines Berliner Arbeitsamtes iſt bis nach dem Kriege ver⸗ tagt, das Berliner Arbeitsamt iſt vielmehr geſchaffen worden, ſondern das, was vertagt worden iſt, iſt lediglich der gemeinſame Facharbeiternachweis, der für die Groß⸗Berliner Gemeinden geſchaffen wer⸗ den ſollte. Dieſe Frage verlieren wir aber nicht aus den Augen, und gerade auf dieſem Boden hoffen wir, den Facharbeitsnachweis auch bei uns, der, wie ich vollkommen zugebe, noch lange nicht ſo entwickelt iſt, wie er entwickelt ſein müßte, entſprechend auszu⸗ bauen. Jedenfalls iſt das nur eine Frage der Zeit. Ausgecaut wird er, ob auf dem Boden der gemein⸗ ſamen Groß⸗Berliner Grundlage oder auf andere Weiſe. Die Notwendigkeit, daß wir ihn ausbauen, liegt vor, und dieſer Notwendigkeit werden wir nachgeben. Von uns aus wäre das längſt geſchehen. Es haben aler, wie dem Herrn Berichterſtatter auch bekannt ſein dürfte, gewiſſe Schwierigteiten, z. B. durch Abmachungen der Arbeitgeber mit Berliner Innungen und mit Arbeiterorganiſationen, be⸗ ſlanden. Ebenſo wenig iſt es richtig, daß unſere Arbeits⸗ loſenverſicherung ſchlecht iſt; denn wir haben ia gar keine Arleitsloſenverſicherung. Das, was Herr Stadtv. Gebert meinte, iſt wahrſcheinlich die Er⸗ werbsloſenfürſorge während des Krieges, die mit einer Verſicherung gar nichts zu tun hat. Von einer Arbeitsloſenverſicherung kann dabei keine Rede ſein. (Zuruf.) Ja, wenn Sie die früheren Verhandlungen über Arbeitsloſenverſicherung meinen, ſo ſind Projekte in dieſer Beziehung vom Magiſtrat vorgelegt worden, die der Reihe nach abgelehnt worden ſind, das letzte unter tätiger Mitwirkung der Herren Parteigenoſſen des Stadto. Gebert. Das iſt alſo nicht die Schuld des Magiſtrats. Aber wie dem auch ſei, mit der Vorlage, die Ihnen der Magiſtrat hier gemacht hat, hat weder die Erwerbsloſenfürſorge noch die Arbeitsloſenverſiche⸗ rung direkt etwas zu tun. Nach wie vor wird es zu den Aufgaben des Arbeitsnachweiſes gehören, bei einer Arbeitsloſenwerſicherung oder ſonſtigen Ar⸗ beitsloſenfürſorge ſich in den Dienſt der Sache zu ſtellen, und er wird ſelbſtverſtändlich auch ſeine Er⸗ fahrungen dazu herleihen, um geeignete Vorſchläge für die Einrichtung einer ſolchen Arbeitsloſenverſiche⸗ rung wieder einmal zu machen, wenn darauf ge⸗ rechnet werden kann, daß ſie hier Gegenliebe findet. Aber der Arbeitsnachweis an ſich iſt davon unab⸗ hängig, und beſonders der Ausbau, die Erweiterung, die der Arbeitsnachweis hier erfahren ſoll, iſt voll⸗ kommen unabhängig davon, ob eine Arbeitsloſen⸗ verſicherung eingeführt wird oder nicht, und beſon⸗ ders auch unabhängig davon, wie dieſe Arbeitsloſen⸗ verficherung einmal geſtaltet wird. Hier handelt es ſich im weſentlichen — und das bitte ich feſtzuhalten — darum, daß die Aufgaben unſeres Arbeitsnach⸗ weiſes dahin erweitert werden ſollen, daß man ſich um den Einzelnen in dem Berufe kümmert, ſoweit er nicht durch den vollen Beſitz ſeiner Arbeitskraft —441 und durch die Möglichkeit, dieſe volle Arbeitskraft auch voll auszunutzen, einer Fürſorge vollſtändig entraten kann. Eine Pflege des Einzelnen in der beruflichen Tätigkeit über den einmaligen oder mehr⸗ maligen Zuweis von Arbeit hinaus, das iſt der 4, der Vorlage, die Ihnen gemacht wor⸗ den iſt. Wie nun z. B. die ſo wichtige Berufsberatung geſtaltet werden ſoll, ohne daß die Berufsberater ſtändig genau darüber unterrichtet ſind, was in den einzelnen Berufen vorgeht, das iſt mir noch rätſel⸗ haft, und darüber wird mir der Herr Berichterſtatter im Ausſchuß wohl nähere Aufklärungen geben. Bis⸗ lang halte ich eine ſolche Kenntnis für unbedingt erforderlich, und zur Erlangung einer ſolchen Kennt⸗ nis wird das angeforderte Archiv notwendig ſein. Mit dem Herrn Stadtv. Gebert halte ich die Anlage und die ſtändige Ergänzung eines ſolchen Archivs bei den vielen Quellen, die uns gerade hier in Berlin zur Verfügung ſtehen, für keine ſo ungeheuerliche Aufgabe, daß ſie nicht gelöſt werden könnte. Wenn aber eine Berufsberatung nur da möglich ſein ſollte, wo der Arbeitsnachweis das ganze Gebiet des Ar⸗ beitsmarktes beherrſcht, wie der Herr Berichterſtatter meinte, dann weiß ich nicht, was die bisherigen Berufsberatungsſtellen, die es vielſach im Reiche gibt, überhaupt geleiſtet haben. Denn ſie ſind viel⸗ fach von Arbeitsnachweiſen gänzlich unabhängig, und an ſich braucht auch die Berufsberatung mit dem Arbeitsnachweis gar nichts zu tun zu haben. Sie wird nur zweckmäßig dem Arbeitsnachweis ange⸗ gliedert, weil der Arbeitsnachweis durch ſeine ſtändige Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt am beſten in der Lage iſt, die Veränderungen, die dort vor ſich gehen, im einzelnen zu verfolgen. Stadtv. Dr. Feilchenfeld: Meine Herren! Da die Vorlage an einen Ausſchuß gehen ſoll, erübrigt es ſich, auf Einzelheiten einzugehen. Aber ich glaube doch, daß es notwendig iſt, ſchon vor Beginn der Arbeit des Ausſchuſſes auf eine Tatſache hinzu⸗ weiſen, die anſcheinend in dem Trubel des Krieges allgemein in Vergeſſenheit geraten iſt. Ein weſentlicher Teil des Arbeitsamtes ſoll eine wiſſenſchaftlich⸗theoretiſche Abteilung ſein. Meine Herren, ein ſolches Amt beſteht bereits in Berlin. Anfang 1914 iſt aus den Mitteln der Kaiſer⸗Wil⸗ helm⸗Geſellſchaft zur Förderung der Wiſſenſchaften das Kaiſer⸗Wilhelm⸗Inſtitut für Arbeitsphyſiologie unter Geheimrat Rubner geſchaffen worden. In dieſem Amt ſind drei Abteilungen vorhanden, eine experimentell⸗chemiſche, eine experimentell⸗pſycho⸗ logiſche und eine dritte für ſtatiſtiſch⸗nationalöko⸗ nomiſche Arbeiten. Alles das, was hier in dieſem Amt verarbeitet werden ſoll, wird nun in dieſem Kaiſer⸗Wilhelm⸗Inſtitut jedenfalls auch wiſſenſchaft⸗ lich erforſcht und als Archiv geſammelt werden. Selbſtverſtändlich wird das Material, das dort ge⸗ ſammelt wird, auch dauernd unſerer Arbeiterfür⸗ ſorge und beſonders der Berufsbeatung zugute kom⸗ men müſſen. Aber ein beſonderes Amt für dieſe, wie Herr Kollege Dr Rothholz ausführte, ſehr um⸗ fangreichen Arbeiten zu ſchaffen, wird danach wohl kaum nötig ſei. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß ein ſo groß angelegtes und geplantes Amt wie das Ber⸗ liner von uns mit den Mitteln, die zur Verfügung ſtehen, gar nicht geſchaffen werden kann, und ein zweites kleineres Amt, das nicht ſo gut arbeitet, neben dem großen bedeutenden einzurichten, wird wohl auch kaum im Plane der Stadt liegen.