122 In jedem Falle ſollte unſere Verſammlung auf dieſes Recht nicht verzichten. Sollten Sie unſerm Antrage zu 1 nicht zu⸗ ſtimmen, ſo fragt ſich, für welche Deputation etwa eine Erhöhung der Zahl der Frauen in Frage käme. Die Stadt Neukölln iſt bereits unſerer Auffaſſung entgegengetommen, indem ſie überall mindeſtens zwei Frauen gewählt hat. Wenn wir das nun für die Deputation für Geſundheitspflege und für die Deputation für das ſtädtiſche Fortbildungsſchulweſen vorſchlagen, ſo wird ſich, glaube ich, eine nähere Be⸗ gründung erübrigen. In der Deputation für Ge⸗ ſundheitspflege handelt es ſich nicht nur um medizi⸗ niſche Fragen, ſondern um ſozialpolitiſche Fragen, um gemeinnützige, öffentliche Dinge in weitem Um⸗ fange; auch hier fehlt es an ſachkundigen und erfah⸗ renen Frauen durchaus nicht. Ebenſo auf dem Ge⸗ biete des Fortbildungsſchulweſens. Wir haben nicht nur in den Kreiſen der Lehrerinnen, ſondern auch unter den gemeinnützig tätigen und ſozialpolitiſch erfahrenen Frauen reiche Kräfte, die die Tätigkeit der Deputation befruchten könnten. Ich bitte deshalb die Herren, unferen An⸗ trägen zuzuſtimmen. 242 Oberbürgermeiſter Dr Scholz: Meine Herren! Ich bedauere es vom allgemeinen Standpunkt aus, daß der Wettlauf um die Gunſt der Frauen, die an ſich zweiſellos ein erſtrelenswertes Ziel iſt, hier in der Oeffentlichkeit ſich vollzieht. Ich glaubte, daß durch die Ausſchußberatung eine Baſis gefunden ſei, auf der man ſich in verſtändigen Grenzen einigen könnte. Magiſtrat und Stadtverordnetenverſamm⸗ lung — ich darf betonen, der Magiſtrat hat etwa drei Monate vor der Stadtverordnetenverſammlung bereits den entſprechenden Beſchluß gefaßt — waren ſich darüber einig, daß die Mitarbeit der Frau in geeigneten Fällen, da nämlich, wo ihr Sachverſtänd⸗ nis dem des Mannes ebenkürtig oder überlegen iſt, ſehr zweckmäßig und erfolgreich ſein kann. Auf dieſer Grundlage muß die ganze Sache aufgebaut werden, auf dieſer Grundlage iſt die Vorlage des Magiſtrats entſtanden. Daß man über die Zahl der Frauen, deren Zuwahl in einzelne Deputationen zweckmäßig oder unzweckmäßig iſt, verſchiedener Anſicht ſein kann, gebe ich dem Herrn Vorredner ohne weiteres zu. Aber er wird mir nicht verübeln, wenn ich ihm ſage: mit demſelben Rechte, mit dem er zwei verlangt, kann er auch drei verlangen, er kann vier, er kann fünf verlangen. Es kommt alles darauf an, daß man ſich auf eine gewiſſe Baſis einigt. Dieſe Einigung iſt im Ausſchuſſe vollzogen worden. Dalei darf ich bemerken, daß die Aus⸗ ſchußvorſchläge zwar nicht unerheblich über die Ma⸗ giſtratsvorlage hinausgehen, daß ich aber hoffe, der Magiſtrat werde dem Ausſchußbeſchluſſe zuſtimmen. Dagegen würde ich es, wie ich ebenfalls bemerken darf, für höchſt unwahrſcheinlich halten, daß der Ma⸗ giſtrat weitergehenden Beſchlüſſen ſeine Zuſtimmung gibt. Das würde zur Folge halen, daß wir unſere Vorlage zurückziehen und daß die Zuwahl der Frauen zu Deputationen mindeſtens für eine Zeit⸗ lang, was wir ſelbſt ſehr bedauern würden, aufge⸗ ſchoben würde. 2 20 Aber, meine Herren, kehren wir zurück zu der ſachlichen Betrachtung. Wir find alle einig, ich glaube, auch mit mir der Herr Vorredner, daß es nicht darauf ankommt, möglichſt viele Frauen in die Sitzung am 27. Juni 1917 Deputationen zu wählen, ſondern daß es wichtiger iſt, Frauen in die Deputationen zu wählen, in die ſie vermöge ihrer Sachkenntnis hineinpaſſen. Die haben wir ausgewählt. An dieſer Auswahl kitte ich feſtzuhalten. 2 1 43 Ich bitte, auch den Eventual⸗Antrag, der bezüglich der Zahl der Frauen geſtellt iſt und die Erhöhung der Zahl in zwei Deputationen be⸗ trifft, abzulehnen und es bei dem Ausſchußbeſchluſſe zu belaſſen. + Ich komme zum zweiten Punkte. Der Herr Vorredner hat im Namen ſeiner Freunde beuntragt, die Wahl durch die Stadtverordnetenverſaml.ng vollziehen zu laſſen. Meine Herren, glauben Sie nicht, daß der Magiſtrat Ihnen etwa das Recht, die Frauen zu wählen, nicht gönnte. Aber die Zachlage liegt nun einmal ſo, daß rechtlich — und das wurde in dem Ausſchuß allſeitig anerkannt — die ron uns gewählte Konſtruktion die denkbar haltbarſte iſt: die Frauen als Sachverſtändige nach der bekannren Inſtruktion für die Stadtmagiſtrate durch die De⸗ putationen ſelbſt zuziehen zu laſſen. Wenn mir uns einmal auf den rechtlichen Standpunkt ſtellen, ſo muß ich dem Herrn Vorredner gegenüber betonen, daß mit demſelben Recht, mit dem die Stadtverord⸗ netenverſammlung verlangt, Frauen in die Depu⸗ tationen zu wählen, das auch der Magiſtrat bean⸗ ſpruchen könnte. Denn Frauen ſind nun einmal nach dem geltenden Recht nicht ſtimmfähige Bürger, die in Deputationen als Bürgerdeputierte zuge⸗ wählt werden können, ſondern es handelt ſich um etwas außerhalb der Städteordnung Stehendes, das nur, wie wir in unſerer Vorlage geſagt halen, durch weitherzige Auslegung der Beſtimmungen überhaupt hineingebracht werden kann. Ich darf in dieſer Beziehung noch auf einen weiteren Punkt aufmerkſam machen. Die Städte⸗ ordnung enthält ausdrücklich die Beſtimmung, daß nur ſtimmfähige Bürger ein ſtädtiſches Ehrenamt anzunehmen gezwungen ſind, wenn ihnen nicht beſondere Entſchuldigungsgründe zur Seite ſtehen. Die Frauen fallen darunter nicht. Bei einer Wahl durch die Stadtverordnetenverſammlung würde ſich dieſe in jedem einzelnen Falle der glatten Ablehnung der Frauen ausſetzen können, ohne daß. ſie nötig hätten, Gründe dafür anzugeben. Denn ein Zwang exiſtiert nach § 74 der Städteordnung nur für ſtimmfähige Bürger, und daß das die Frauen nicht ſind, ſteht zweifelsfrei feſt. 10 Für die Wahl durch die Deputationen pricht aber auch der ſachliche Grund, den ich an die Spiße meiner Ausführungen geſtellt habe. Wir wollen wirklich ſachverſt ändige Frauen, und zwar Frauen, die Sachver ſt ändnis für die Auf⸗ gaben der betreffenden Deputation beſitzen, in die ſie gewählt werden ſollen. Wer kann das beſſer beurteilen als die Deputation ſelbſt! 4 Ich glaube, aus dieſen ſachlichen, formellen und rechtlichen Gründen Sie bitten zu ſollen, an den Beſchlüſſen Ihres Ausſchuſſes feſtzuhalten. Stadtv. Dr. Eyck: Meine Herren! Die große Mehrheit meiner Freunde wird an der vom Aus⸗ ſchuß beſchloſſenen Faſſung feſthalten und gegen den Antrag der Herren Kutzenſtein und Genoſſen ſtim⸗ men. Dazu werden ſie bewogen in erſter Linie durch den Wunſch, die Sache zu fördern, dieſe Vorlage zu einem Abſchluſſe zu bringen. Sie halten es nicht für zweckmäßig, daß durch einen in letzter Stunde⸗