126 ſind, und ich es durchaus nicht auf eine bloße Fri⸗ volität der Hauswirte zurückführe, daß ſie in dieſer offenbar organiſierten Weiſe ihre Einkünfte auf Koſten der Mieter zu ſteigern ſuchen, ſo iſt es eben⸗ falls bekannt, in welch hohem Maße die Gemeinden und beſonders unſere Gemeinde ſich bemüht hat, auf allgemeine Koſten den Notſtimden der Hausbeſitzer abzuhelfen. Ich erinnere hier nur daran, daß, wenn ich recht unterrichtet bin, rund 10 Millionen an Mietunterſtützungen gezahlt worden ſind, die in nicht geringerem Maße den Hauswirten wie den Fami⸗ lien der Krieger zugute gekommen ſind. Ich erinnere an die verſchiedenen Maßnahmen, die die Gemeinde getroffen hat, um den Hausbeſitzern in mannigfacher Weiſe entgegen zu kommen. (Zurufe: Welche waren das?) — Es ſind mancherlei Dinge geſchehen. (Zurufe: Welche? Angeben!) — Na, wir kommenen darauf zu ſprechen. (Lachen.) Die Stadt iſt nun in die Notwendigkeit ver⸗ ſetzt, ſich mit einer Angelegenheit zu befaſſen, die für vielleicht den größten Teil unſerer Bevölkerung tatſächlich gefährlich iſt. In der Berliner Stadt⸗ verordneten⸗Verſammlung iſt die Frage bereits zur Sprache getommen. Ich will hier daran erinnern, daß ſich der Schweizer Bundesrat veranlaßt geſehen hat, bereits mit Wirkung vom 20. Juni eine Ver⸗ ordnung zu erlaſſen, die den Kantonen und Gemein⸗ den das Recht gikt, im Falle der Mietſteigerung nachzuprüfen, ob eine Berechtigung dazu vorliegt, und ungerechtfertigte Mietſteigerungen zu unter⸗ ſagen, wie auch vorgenommene Kündigungen für ungültig zu erklären. Sie hat weiterhin dieſen Be⸗ hörden die Aufgabe zugewieſen, dort, wo eine Stei⸗ gerung als gerechtfertigt anerkannt wird und die Lage des Mieters ſo iſt, daß er nicht imſtande iſt, die Mehrausgabe zu tragen, aus öffentlichen Mitteln die Differenz zu erſetzen. Ja, Sie wiſſen, daß auch in Deutſchland — ich erinnere hier an den Kom⸗ mandanten von Danzig, und ich glaube, es iſt auch anderwärts ſchon geſchehen — Maßregeln gegen die Mietſteigerungen ergriffen worden ſind. Nun iſt die Sachlage die: Wir alle wiſſen, wie überaus ſchwer es heute iſt, kleine Wohnungen, insbeſondere Zweizimmerwohnungen, zu finden. Ich habe bereits mehrfach Anlaß gehabt, auf die drohende und zum Teil bereits eingetretene Wohnungsnot hinzuweiſen, und es wird niemand verkennen kön⸗ nen, daß es heute für die Perſonen, die kleine Woh⸗ nungen, Einzimmerwohnungen zumal, aber au Zwei⸗ und zum Teil ſelbſt Dreizimmerwohnungen nötig haben, außerordentlich erſchwert iſt, namentlich wenn ſie eine Anzahl Kinder beſitzen, eine Wohnung zu finden. Wenn dieſer Umſtand und der zweite Umſtand, daß es heute außerordentlich ſchwer und koſtſpielig iſt, einen Umzug zu bewirken, nunmehr von den Hausk eſitzern dazu benutzt wird, den Mie⸗ tern zu all den großen Erſchwerungen ihres Lebens⸗ unterhaltes noch die weitere Steigerung der Mieten aufzuerlegen, dann iſt hier eine öffentliche Ge ahr vorhanden. Meine Herren, wenn die Hauswirte auf dem Standpunkt ſtehen, daß ihre wirtſchaftliche Lage bei den jetzt beſtehenden Mietſätzen nicht mehr erträglich Sitzung am 27. Juni 1917 Allgemeinheit herantreten iſt, dann ſollen ſie an die Ausgleich ihrer und Maßregeln verlangen, die einen Schwierigkeiten auf andere Weiſe ſuchen. Beiſpiels⸗ weiſe haben wir immer den Standpunkt vertreten, daß es zu einer Zeit, wo man zum Teil die Mieten herabgeſetzt hat, angemeſſen geweſen wäre, auch, unter Ausſchluß der Hypothekenkündigung, den Hypothekenſatz entſprechend herabzuſetzen. Das wäre eine Abhilſe geweſen, die man den Hausb eſitzern hätte zugeſtehen können, nicht aber, daß ſie ſich nun auf Koſten der Mieter, auf Koſten eines großen Teiles der Berölkerung, der nicht zahlungsfähiger geworden iſt, als er ſrüher war, zu erholen ſuchen. Wir müſſen mit der Möglichkeit vechnen, daß ein Teil der Mieter, der vielleicht nicht imſtande iſt, dieſe Mietſteigerung auf ſich zu nehmen und auch keine neue Wohnung ſinden kann, der vielleicht auch feine Umzugsgelegenheit findet, vielleicht auch nicht imſtande iſt, ſie zu bezahlen, am 1. Oktober mit ſeinen Habſeligkeiten auf der Straße ſteht. Denken Sie ſich dieſen Fall vervielfacht, nehmen Sie an, daß in Groß⸗Berlin Tauſende, vielleicht Abertauſende von Mietern in dieſe Lage verſetzt ſein werden, bei Wind und Wetter mit ihrem Hausrat ſich auf der Straße aufhalten zu müſſen, dann werden Sie zu⸗ geben müſſen, daß hier eine öffentliche Gefahr vor⸗ liegt. Meine Herren, ich brauche nicht von Rußland zu ſprechen, ich will ſie nur an das erinnern, was heute und früher ſchon von einer ganzen Reihe von Orten in Deutſchland mitgeteilt worden iſt, daß ſich die Unzufriedenheit mit den unerträglichen Lebens⸗ mittelpreiſen und Lebensverhältniſſen nicht auf die Dauer wird in den Schrein des Herzens einſchließen laſſen, ſondern daß ſie zur öffentlichen Betätigung drängt. Da wird eine ihrer Pflicht bewußte Stadt⸗ verordneten⸗Verſammlung die Notwendigkeit aner⸗ fennen, dahin zu wirken, daß ſolche, wirklich aus dringender Not geborenen Gefahren ſich nicht etwa in unſerer Gemeinde ebenfalls einſtellen. Nun die Frage: was kann denn der Magiſtrat tun, um hier Abhilfe zu ſchaffen? Ja, ich kin mii wohl bewußt, daß es die gegenwärtige Rechtslage den einzelnen Stadtmagiſtraten außerordentlich er⸗ ſchwert, hier helfend einzugreifen; ich weiß, daß die Vertretung der Berliner Gewerkſchaften aus dieſem Grunde beſchloſſen hat, ſich an das Oberkommando in den Marken zu wenden, wahrhaftig nicht leichten Herzens, aber weil hier rechtlich die einzige Möglich⸗ keit gegeben iſt, durch eine allgemeine Verordnung der in dieſer Zeit ſo überaus unangel rachten und ge⸗ fährlichen Steigerung der Mieten entgegenzutreten. Es iſt die Aufgabe der Magiſtrate von Groß⸗Berlin, in gleicher Weiſe bei den zuſtändigen Stellen und das iſt wohl hier in erſter Linie das Ober⸗ kommando und in zweiter Linie die Staatsverwal⸗ tung und die oberſten Reichsbehörden — vorſtellig zu werden. Sollte es wirklich als unumgänglich er⸗ ſcheinen, den Hausbeſitzern zu helfen, ja, dann müſſen die Mittel auf andere Weiſe au gekracht werden. Ich weiß wohl — man wird es vielleicht ſagen —, daß unter den Mietern ein gewiſſer Teil iſt. deſſen Einkommen ſich erheblich geſteigert hat. Es gibt aber einen anderen und ſehr beträchtlichen Teil, deſſen Einkommen entweder gar nicht geſtiegen iſt — denken Sie an einen Teil der Feſtbeſoldeten, an kleine Rentner, Penſionäre und dergl. — oder deren Einkommen nur in einer Weiſe geſtiegen iſt, die nicht entfernt an die geradezu ungeheuerliche Steigerung der Lebenskoſten heranreicht.