123 lichen Ordnung — das würde ein Eingreifen des Oberbefehlshabers in den Marken etwa begründen können darſtellen, oder daß ſie zu einer wirtſchaft⸗ lichen Kalamität in ſo weitem Umfange führen, daß etwa der Bundesrat ſich aus dieſem Grunde mit der Sache beſchäftigen müßte. Die Sachverſtändigen, die zuſammengetreten ſind, haben dieſe Frage verneint; ſie haben alſo die Vomausſetzung, auf der allein eine derartige Aktion jetzt eingeleitet werden könnte, als nicht vorhanden angeſehen. Man wird allgemein wohl auch berückſichtigen müſſen, meine Herren, wenn man objektiv denkt, daß der Hausbeſitz ſtark unter dem Kriege leidet und, wenn ich mich ſo ausdrücken darf, in dieſer ſchweren Zeit nichts zu lachen hat. (Sehr richtig!) Man wird ſich jede Maßregel doppelt und dreifach überlegen müſſen, die in die wirtſchaftlichen Inter⸗ eſſen des Hausbeſitzes mit ſo rauher Hand eingreifen würde, wie es eine derartige Maßregel täte. Sehr richtig!) Die Unkoſten, die der Hausbeſitz hat, ſind doch ebenſo wie alle anderen auch geſtiegen; ſie ſind ſogar teil⸗ weis in einem Maße geſtiegen, wie das auf anderen wirtſchaftlichen Gebieten nicht der Fall iſt. (Sehr richtig!) Man muß infolgedeſſen, auch wenn man bloß Mieter iſt, anerkennen, daß der Vermieter doch auch die Be⸗ rechtigung haben muß, diejenigen Momente für ſich ins Treffen zu führen, die eine Steigerung der Miete unbedingt erheiſchen, weil ſie ſeine Unkoſten ſteigern. Ich glaube, das ſind objektive Geſichtspunkte, die man doch nicht überſehen darf. Ich möchte des⸗ halb der Auffaſſung ſein, daß, wenn nach dem über⸗ einſtimmenden Urteil der Sachverſtändigen zur Zeit ein Notſtand nicht feſtgeſtellt werden kann, der zu einem Eingreifen der Behörden in dieſe privatwirt⸗ ſchaftliche Frage direkt auffordert, wir unrichtig han⸗ deln würden, wenn wir von Seiten der Stadt, die dech ihren Hausbeſitz zu ſchützen wahrhaftig alle Ver⸗ anlaſſung hat, in dieſe Frage eingriffen. Ich glaube, wir würden einen der oberſten Grundſätze verletzen, der die Gemeindeverwaltung immer beherrſchen muß: das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit gegen⸗ über Intereſſengegenſätzen, die ſich notwendigerweiſe immer einmal einſtellen müſſen. (Sehr richtig! und Bravo!) (Auf Antrag des Stadtv. Dr Borchardt be⸗ ſchließt die Verſammlung die Beſprechung der An⸗ frage.) Stadtv. Dr Liepmann: Meine Herren! Ich würde nach den Erklé rungen des Herrn Ober⸗ bürgermeiſters keine Veranlaſſung haben, in dieſe Erörterung einzutreten, wenn ich nicht glaubte, es doch den Hausbeſitzern ſchuldig zu ſein, ſie gegenüber der ungünſtigen Kritik, die der Kollege Katzenſtein geübt hat, in Schutz zu nehmen. Die Preisbildung richtet ſich ja, folgt man der für die Friedenszeit geltenden Theorie, nach Angebot und Nachfrage. Nun hat ſchon der Herr Oberbürgermeiſter geſagt, daß jetzt oft mit Sitzung am 27. Juni 1917 vielleicht zu rauher Hand in die Preisbildung ein⸗ gegriffen worden iſt. Tut man dies jedoch von Fall zu Fall gegenüber einem durch die anormalen Kriegszuſtände verurſachten ſtarken Mißverhältuis zwiſchen Angebot und Nachfrage, ſo läßt es ſich rechtfertigen. Dem Mietsangebot ſteht aber eine übergroße Nachfrage bisher nicht gegenüber. Hier handelt es ſich nicht um einen Eingriff gegenüber einem Mißverhältnis zwiſchen Angebot und Nach⸗ frage, wie etwa bei den Lebensmitteln, ſondern hier handelt es ſich um die Frage, ob bei der Preisbil⸗ dung deren erſte Grundlage, die Höhe der Selbſt⸗ toſten, unberückſichtigt bleiben darf. Meine Herren, wenn Sie die Selbſtkoſten des Hausbeſitzers jetzt und vor dem Kriege vergleichen, ſo müſſen Sie zuge⸗ ſtehen, daß dieſe Selbſtkoſten in einem ganz unge⸗ wöhnlichen Maße gegen früher und in einem ganz ſungewöhnlichen Maße gegen die Steigerung der anderen Lebensbedürfniſſe in die Höhe gegangen ſind. Sie würden meiner Anſicht nach nicht nur mit rauher Hand hier eingreifen, ſondern w ür den eine große Ungerechtigkeit begehen, wenn Sie empfehlen wollten, daß ein ſolcher Ein⸗ griff von unſerer Stadtverwaltung beim Bundes⸗ rat oder anderen Behörden befürwortet wird. Es iſt auf Grund genauer Statiſtik durch den Bund Berliner Grundbeſitzer⸗Vereine ausgerechnet wor⸗ den, daß für Berlin im erſten halben Jahre des Krieges bei Mietern, die zum Heeresdienſt einge⸗ zogen waren, ein Mietsausfall von 4473 000 ℳ entſtanden iſt. Wenn Sie das auf das ganze Jahr rechnen und dabei in Betracht ziehen, daß in Berlin 10 800 Häuſer in Frage kommen, dann würden Sie für das erſte Jahr auf einen Durchſchnittsverluſt bei jedem Hausbeſitzer von 833 ℳ kommen. Dabei ſind aber nur die erſten ſechs Kriegsmonate be⸗ rückſichtigt, wo verhältnismäßig wenig Leute zu den Fahnen eingezogen wurden und wo die Eingezoge⸗ nen aus jungen Jahrgängen beſtanden, die nicht immer ſelbſt Mieter waren und eigene Wohnung hatten. Wenn Sie ſich vergegenwärtigen, wie die Einziehung zugenommen hat, daß die älteſten Jahr⸗ gänge jetzt auch mit draußen ſtehen, ſo werden Sie zugeben, daß man mindeſtens das Doppelte des Ausfalls annehmen kann, daß alſo mindeſtens 1600 bis 1700 ℳ Durchſchnittsverluſt auf das Haus da⸗ durch entfallen, daß ein großer Teil der Mieter zu den Fahnen einberufen iſt. Weiter, meine Herren, denken Sie an die ko⸗ loſſale Steigerung, welche gerade die für Hausrepa⸗ raturen und Inſtandhaltung notwendigen Materi⸗ alien und Löhne erfahren haben. Denken Sie dar⸗ an, daß ein einfacher kleiner Rohrbruch, deſſen Re⸗ paratur früher 6 koſtete, jetzt 24 ℳ koſtet, daß das Teeren des Daches, das früher für 30 ℳ aus⸗ geführt wurde, jetzt 100 ℳ, das Einſetzen einer Scheibe fräher 65 5, jetzt 1,85 ℳ koſtet. Es kommt ferner die koloſſale Preisſteigerung der Brennma⸗ terialien und der Löhne für Hausreinigung und Hausarbeiten in Betracht ſowie die Steigerung, die wir bei den Gaspreiſen erfahren haben und vielleicht noch weiter erfahren müſſen, vielleicht auch beim Waſſer, Elekrizität und bei anderem für die Haus⸗ verwaltung notwendigen Bedarf. Denken Sie fer⸗ ner an die Erhöhung der Hypothekenzinſen, die bei den meiſten wohl während des Krieges nicht zu um⸗ gehen ſein wird, da die zweiten Hypotheken mit einer durchſchnittlichen Dauer von 5 Jahren laufen, ſo daß bei der Mehrzahl eine Erneuerung während des Krieges angenommen werden muß. Die Natio⸗