Sitzung am 27. Juni 1917 nalzeitung, die als 8 Uhr⸗Abendblatt mehr die In⸗ tereſſen der Mieter als die der Hausbeſitzer zu ver⸗ treten berufen iſt, hat ausgerechnet und genan mit Zahlen belegt, daß ein Haus, welches 100 000 ℳ foſtet und 6900 ℳ Miete brachte, vor dem Kriege dem Eigentümer wenigſtens einen kleinen Ueber⸗ ſchuß von 670 ℳ ſchaffte, daß dagegen bei der Stei⸗ gerung der Hypothekenzinſen und der übrigen Lohn⸗ und Materialpreiſe jetzt ein Verluſt auf ſolchem Hauſe von 1200 bis 1500 ℳ ruht. Es wäre mit⸗ hin der Eigentümer, der auf den früheren Stand⸗ punkt kommen will, genötigt, die Mieten, die bis⸗ her 6900 ℳ betrugen, um 27% zu erhöhen, um keinen Schaden zu erleiden. Nun, meine Herren, iſt von den Hausbeſitzer⸗ vereinigungen vorgeſchlagen worden und beſteht die Abficht, dies nur, wo es ohne beſondere Härte geht, auszuführen — alſo mit Ausnahmen und nicht durchweg, das heißt nicht da, wo beſondere Billig⸗ keitsgründe dagegen ſprechen, 3. B. in Fällen von Feſtbeſoldeten mit kärglichem Gehalt, die Mieten um 10% zu ſteigern. Dies iſt ohne Unbilligkeit im allgemeinen bei denjenigen Mietern, bei denen man doch in den meiſten Fällen annehmen muß, daß ſie durch Erhöhung ihrer Löhne eine viel größere Stei⸗ gerung ihrer Einnahmen als 10% erfahren haben, durchzuführen. auch keine Härte, ſondern darin liegt ein Erhöhung, die in keinem Verhältnis zur Preisſteigerung aller anderen Bedürfniſſe und Löhne ſteht. Sollten Hauswirte nicht das richtige Maß fin⸗ den, ſo brauchte man, glaube ich, noch nicht einmal die Klinke der Geſetzgebung in die Hand zu nehmen. Die Verordnung vom 23. Fuli 1915 über die Preis⸗ ſteigerung würde meines Erachtens genügen, da hiernach auch die Ausbeutung der Notlage durch un⸗ billige Erhöhung der Miete unter Strafe geſtellt iſt. Es iſt mir nämlich kein Zweifel, daß die Notwen⸗ dikeit, eine Wohnung zu beſitzen bzw. eine Wohnge⸗ legenheit zu haben, unter den „täglichen Bedarf“ fällt. Es iſt mir auch kein Zweifel, daß, wenn in unbilliger oder gar in wucheriſcher Weiſe eine Preis⸗ ſteigerung vorgenommen wird, damit eine Zurück⸗ haltung des Eigentümers hinſichtlich des Mietsob⸗ jekts ausgeübt wird. Dann aber würde die Straf⸗ beſtimmung der Verordnung in Anwendung ge⸗ bracht werden können, die bis zu einem Jahre Ge⸗ fängnis und kumuliert bis zu einer Geldſtrafe von 10 500 ℳ geht. Ich glaube alſo, daß das Ober⸗ kommando bereits das gewünſchte Mittel hat, um böſen Eingriffen eines unſozialen Hausbeſitzes gegenüberzutreten Nun möchte ich in der Interpellation der wenden. Die Anfrage ſpricht davon, daß eine „künſtlich geſteigerte Wohnungsnot“ herbeigeführt werden würde. Ja, meine Herren, iſt denn das richtig? Sind denn weniger Wohnungen dadurch vorhanden, werden mehr dadurch gebraucht, daß ihr Preis angemeſſen geſteigert wird? Nein, das iſt nicht richtig. Es wird nur eine Erhöhung des Prei⸗ ſes der Wohnungen erzielt, aber eine ſolche, die, wie ich mir nachzuweiſen erlaubt habe, in verhältnis⸗ mäßig geringerem Maße das Wohnungsbedürfnis als jedes andere Lebensbedürfnis trifft. 2 Ferner möchte ich mich dagegen wenden, daß der Hausbeſitz, wie Herr Kollege Katzenſtein ſagte, durch ſtädtiſche Mittel, durch die Mietzuſchüſſe, ge⸗ wiſſermaßen eine Unterſtützung, ein Geſchenk von 10 mich noch gegen einen Ausdruck Herren Sozialdemokraten Darin liegt keine Ungerechtigkeit, 129 Millionen erhalten habe. Wer hat denn die 10 Millionen erhalten? Dieſe ſind doch den Mietern zugewandt und erſt indirekt den Hausbeſitzern zuge⸗ floſſen, indem den Mietern ermöglicht worden iſt ihren vertraglich und rechtlich beſtehenden Verpflich⸗ tungen ja wohl, Herr Kollege Bernhard, ich halte dieſe Beurteilung aufrecht! — nachzukommen, und zwar nicht ganz, ſondern in den meiſten Fällen unter einem Verzicht von 30%, der dem Hausbeſitz auf⸗ erlegt worden iſt. 1 (Zuruf: Na, na!) Wenn Herr Kollege Katzenſtein es bei einer weiteren Teuerung aller notwendigen Lebensbe⸗ dürfniſſe gerade hinſichtlich der Wohnungen für not⸗ wendig hält, daß diejenigen, welche dieſe Wohnungen liefern, den ganzen Schaden tragen ſollen, und daß ſie, wenn das nicht angängig wäre, beim Staat oder Reich petitionieren müßten, daß ihnen aus allge⸗ meinen Mitteln eine Unterſtützung gewährt wird, ſo halte ich dieſen Gedanken für durchaus abwegig. Er iſt inſofern nicht richtig, als es dann auch hin⸗ ſichtlich aller notwendigen Lebensbedürfniſſe wie Brot, Fleiſch, Kartoffeln, Zucker etc. hätte durchge⸗ ſetzt werden müſſen, daß die Preiſe ſich auf einer mäßigen Höhe halten, und. dies auch hinſichtlich der Lohnhöh e hätte angewandt werden müſſen. Eine etwa notwendige Erhöhung hätte durch Zuſchläge auſ Koſten der Allgemeinheit, des Reiches oder Staates dann ausgeglichen werden müſſen. Aber alle Laſten auf einen Stand zu wälzen, der ſchon ſo ſchwer ge⸗ troffen iſt, wie der der Hausbeſitzer, iſt nicht an⸗ gängig. 74 44 Wenn geholfen werden ſoll, dann kann dies, glaube ich, nur in zweifacher Beziehung geſchehen: einmal, indem wir aus Gemeindemitteln, wenn es notwendig iſt, höhere Mietzuſchüſſe zahlen, die ja zum Teil erſtattet werden, und ſodann, was die Vor⸗ kehr gegen Wohnungsnot betrifft, indem wir uns von Gemeinde wegen bemühen, für die Friedenszeit gute, geſunde und billige kleine Wohnungen bereit zu ſtellen, damit unſere heimkehrenden Krieger wie⸗ der gern ihren Wohnſitz bei uns nehmen und Freude an der Heimat und am Wirten dort empfinden. Dafür, meine Herren, ſind wir zu haben, dafür wer den wir gern mitwwirken. Aber eine derartig Ungerechtigkeit, wie ſie mit der An⸗ frage gegen den Hausbeſitz eingelei tet werden ſoll, können wir nicht mit⸗ machen. . Stadtv. Meyer: Meine Herren! Die Anfrage der Herren von der ſozialdemokratiſchen Fraktion iſt uns erſt nach unſerer Fraktionsſitzung bekannt geworden, ſo daß unſere Fraktion nicht in der Lage war, dazu Stellung zu nehmen. Ich kann deshalb die Ausführungen, die ich machen werde, nur für meine Perſon machen, wobei ich allerdings anneh⸗ men darf, daß meine Anſchauungen auch in den Kreiſen meiner Freunde geteilt werden. Die Erörterung hat den Verlauf genommen, daß eine Art von Entſcheidung hier darüber gefällt wird, ob es gerechtfertigt und zu billigen iſt, wenn Hausbeſitzer gegenwärtig die Mieten erhöhen. Ich halte dieſe Frageſtellung für keine ſehr glückliche, muß aber mit Rückſicht auf die Aeußerungen, die von den Herren Vorrednern getan worden ſind, kurz auch hierauf eingehen.