186 wenn auch eine Regelung der Rechtsanſprüche er⸗ folgte. (Sehr richtig!) Das würden natürlich die Hausbefitzer durchaus mit Freuden begrüßen, damit ſie wiſſen, welchen Minde⸗ rungsanſpruch der Mieter zu ſtellen berechtigt iſt. (Sehr richtig!) Oberbürgermeiſter Dr Scholz: Meine Herren! Ich möchte unter Bezugnahme auf einige Ausfüh⸗ rungen der Herren Vorredner, insbeſondere auch auf das Letzte, was Herr Brode geſagt hat, darauf hin⸗ weiſen, daß die außerordentliche Schwierigkeit eben darin beſteht, daß hier öffentlich⸗rechtliche und pri⸗ vatrechtliche Dinge miteinander vermiſcht werden. Ich halte es z. B. für vollkommen ausgeſchloſſen, daß etwa in einer Verordnung feſtgeſetzt wird, welcher Mindeſtgrad von Heizkraft noch zur Verfügung geſtellt werden muß. Dazu ſind die Verfügungen nicht da. Ich bitte, ſich doch zu überlegen, welchen Grund die ganze Verordnung hat. Der Grund iſt, Kohlen zu ſparen. Es wär nun doch wirklich etwas widerſinnig, wenn man in einer Verordnung feſt⸗ ſtellen wollte — dabei wird beiläufig zu bemerken ſein, daß der Betreffende, der die Verordnung er⸗ läßt, gar nicht dafür garantieren kann, ob überhaupt die Kohlen vorhanden ſind, die dieſe Heizkraft er⸗ zeugen ſollen —: jeder hat mindeſtens einen An⸗ ſpruch auf ſo und ſo viel Heizwert in ſeinen Räumen. Das würde das genaue Gegenteil von dem ſein, was die Verordnung eigentlich bezwecken ſoll. Alſo um nicht etwa durch Stillſchweigen die Auffaſſung auf⸗ kommen zu laſſen, als ob ich alles das billigte, was bisher geſagt worden iſt, möchte ich feſtſtellen — wir ſelbſt ſind ja Gott ſei Dank nicht in der Lage, dieſe Verordnung zu erlaſſen —, (Heiterkeit) daß die Verordnung ſich lediglich auf öffentlich⸗recht⸗ liche Geſichtspunkte wird ſtützen können und daß ſie meiner Anſicht nach privatrechtliche Fragen zwiſchen Mieter und Vermieter wird außer acht laſſen müſſen. Das würde ein Eingreifen in privatrechtliche Verhält⸗ niſſe darſtellen, das ſonſt im allgemeinen in dieſer f. vorausſichtlich nicht gewünſcht werden würde. Stadtv. Meyer: Ich möchte zunächſt Herrn Kol⸗ legen Brode erwidern, daß mir die Einſchränkung, von der er ſprach, in der Verordnung nicht entgangen iſt. Dieſe Einſchränkung beſeitigt aber nicht das Bedenken, das ich gegen die Beſtimmung habe; denn es iſt meiner Anſicht nach von vornherein wider⸗ ſinnig geweſen, einen feſten Zeitpunkt feſtzuſetzen (Sehr richtigl) und auf dieſe Weiſe eine ſpätere raſche Anpaſſung an veränderte Verhältniſſe zu erſchweren. Der Lauf der Dinge hat das erwieſen. Ich bin überzeugt, daß, wenn beiſpielsweiſe eine beſtimmte Außentemperatur für maßgebend erklärt worden wäre, ſchon ſeit drei Tagen geheizt worden wäre, während ſo die Beſtim⸗ mung in einem Zeitpunkt aufgehoben worden iſt, in dem die Temperatur längſt unter das zuläſſige Maß heruntergegangen war und in dem bereits — das können wir doch ganz offen ausſprechen — von Wohnungen mit Recht zuſteht. Sitzung am 10. Oktober 1917 vielen Seiten gegen die Verordnung geſündigt wor⸗ den iſt, vielleicht von den meiſten, die eine Kontrolle und Beſtrafung deshalb nicht zu befürchten hatten. Dem Herrn Oberbürgermeiſter darf ich er⸗ widern, daß ich mich ſeiner Anſicht nicht anſchließen kann, vielmehr der Auffaſſung des Herrn Kollegen Jaſtrow zuneige. Wir müſſen bedenken, daß in Zentralheizung dem Mieter ein ganz beſtimmtes, oft auch vertragsmäßig geregeltes Wenn nun dieſes Recht durch eine Verordnung berührt wird, dann ſcheint es mir not⸗ wendig, daß dem Vertragsverhältnis inſoweit eine neue klare Grundlage gegeben wird. Es iſt wohl auch nicht richtig, daß man bisher vermieden hat, in der⸗ artige Rechtsbeziehungen einzugreifen. Ich erinnere daran, daß beiſpielsweiſe die vertragsmäßigen An⸗ ſprüche auf Leiſtung von Zahlungen in Gold durch Geſetz oder Verordnung aufgehoben worden ſind: ähnliche Beiſpiele aus dem Rechtsleben ließen ſich in großer Anzahl anführen. Es beſteht ein außer⸗ ordentlich großes öffentliches Intereſſe daran, daß behördlicherſeits klargeſtellt wird, welcher Anſpruch an Stelle des urſprünglichen Vertragsanſpruchs tritt, und daß man weiß, welchen Anſpruch der Mieter nötigenfalls im Rechtswege mit Erfolg geltend machen kann. Stadtv. Kantzenbach: Meine Herren! Die un⸗ leidliche Kohlen⸗ und Heizungsfrage hat uns ſchon wiederholt beſchäftigt. Wir wiſſen auch, daß in den Verhandlungen die Gemüter heftig aufeinander ge⸗ platzt ſind. Die ganze Angelegenheit iſt geeignet, das nicht allzu roſige Verhältnis zwiſchen Mieter und Vermieter noch zu verſchärfen. Mir iſt bekannt ge⸗ worden, daß einige Hausbeſitzervereine dazu überge⸗ gangen ſind, ihren Mitgliedern zu empfehlen, die Mietsverträge ſoweit wie möglich zu kündigen und neue Verträge nur dann abzuſchließen, wenn außer der Erhöhung der Miete noch beſtimmte Paragraphen in Wegfall kommen, ſo der Anſpruch des Mieters auf Heizung. Ich will mich nicht darüber ausſprechen, wie man über dieſen Punkt denken kann. Jedenfalls ſind die Mieter, die augenblicklich in einer Wohnung mit Zentralheizung wohnen, in der allerübelſten Lage. Sie ſind bisher nicht imſtande geweſen, ſich Brennmaterial zu verſchaffen, weil ſie die Heizung vom Hauswirt bekommen ſollen. Anderſeits wird ihnen die Heizung beſchränkt. Im großen und ganzen hat die Kohlenverſorgung ſehr arge Fehler gemacht. Wenn ſie in den Monaten Juni, Juli, Auguſt die Kohlenausfuhr nicht gänzlich eingeſtellt hätte, wäre mancher Mieter in der Lage geweſen, ſich mit Brenn⸗ material zu verſorgen, und die Zentralheizungen hätten über 50% bekommen können. Jedenfalls hat es damals an den nötigen Heisſtoffen nicht ge⸗ fehlt. Irgend etwas muß aber jetzt geſchehen, nicht nur, um die Lage der Mieter zu beſſern, ſondern auch, um feſtzuſtellen, welche Pflichten die Haus⸗ wirte den Mietern gegenüber zu erfüllen haben. Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Der Herr Kollege Brode hat ja wohl für die Hausbeſitzer geſprochen, der Herr Kollege Meyer, wie er ſagte, für die Mieter. Ich möchte nur als Stadtverordneter ſprechen. Ich möchte zunächſt als Stadtverordneter feſtſtellen, daß, wenn nicht geheizt wird, ſowohl der Mieter friert wie der Wirt. (Sehr richtig!) Auch der Wirt friert, wenn in ſeinem Hauſe nicht geheizt wird.