Sitzung am 10. Oktober 1917 (Stadtv. Meyer: Der Wirt wohnt leider nicht in demſelben Hauſe wie der Mieter.) — Dann wohnt er in einem anderen Hauſe, wo er Mieter iſt oder auch Wirt, und wenn da nicht ge⸗ heizt wird, friert er ebenfalls. — Die Intereſſen ſind doch auf dieſem Gebiete gar nicht entgegengeſetzt. Ich nehme an, daß die Gelderſparnisbeträge in der Tat für den Hausbeſitzer keine Rolle ſpielen, daß ſie viel lieber dafür ſorgen würden, auch im Intereſſe der Erhaltung des Hauſes — wenn ſie ſich auch ſelbſt um die Mieter nicht kümmerten, was ich ihnen nicht zumute —, möglichſt gut zu heizen. Aber leider ſind doch die Kohlen nicht in genügender Menge da. Das iſt auch der Grund, weshalb ich mich nicht ganz der Anſicht des Kollegen Meyer anſchließen kann, ſon⸗ dern mehr den Standpunkt des Herrn Oberbürger⸗ meiſters teile. Meine Herren, in den Mietverträgen ſteht im allgemeinen die Mind e ſt temperatur, die bei Zentralheizung eingehalten werden ſoll. Die bis⸗ herige Beſtimmung ſeitens des Kohlenkom⸗ m i ſſars geht dahin, die Maximal temperatur feſtzuſetzen. Dieſe Beſtimmung iſt aus einem ganz andern Grunde getroffen. Wollte der Kohlenkom⸗ miſſar oder die Stelle, die es zu beſtimmen hat, eine Mindeſttemperatur feſtſetzen, ſo würde damit gleich⸗ zeitig der Zwang verbunden ſein, auch dafür zu ſor⸗ gen, daß die zu ihrer Erzielung notwendigen Kohlen den ganzen Winter über zur Verfügung geſtellt wer⸗ den. Das iſt doch, wie wir wiſſen, nicht ohne weiteres möglich. Es iſt auch nicht durchführbar, von einer Zentrale aus zu ſagen: wir haben ſo viele Kohlen, daß die Mindeſttemperatur von ſo und ſo viel Grad in allen Häuſern aufrechterhalten werden kann. Es konnte nur geſagt werden: ein gewiſſes Quantum Kohlen wird zur Verfügung geſtellt, nun richtet euch ſo gut ein, wie ihr könnt. Wenn Richtlinien gegeben werden könnten, wie das am beſten zu machen wäre, ſo wäre es wünſchenswert. Ob jemand techniſch in der Lage iſt, weſentliche Richtlinien zu erlaſſen, weiß ich nicht. Die beſte Richtlinie würde die ſein, daß der Himmel ein Einſehen hat und der Winter recht warm wird und dabei womöglich ſonnig. Dann würden wir am beſten durchkommen. Darin hat Herr Kollege Brode auch recht gehabt, wenn er ſagte: am meiſten können wir in der Ueber⸗ gangszeit ſparen. Vielleicht kommt mal eine relativ warme Periode. Ich glaube, das Wichtigſte wäre, daß der Kohlenkommiſſar wie ein Schießhund auf⸗ paßt, wenn irgendmal eine wärmere Periode ein⸗ tritt, und dann eine generelle Anweiſung gibt wie dieſes Mal, um möglichſt einheitlich auf eine Erſpar⸗ nis hinzuwirken. Es hat in dem Falle nicht geſchadet, daß wirklich ein paar Tage vor dem 15. Oktober die Verordnung zurückgenommen werden mußte. Eine gewiſſe Wir⸗ kung in bezug auf Kohlenerſparnis hat die Verord⸗ nung doch gehabt, und das wird uns zugute kommen in den kalten Tagen des Winters. Ich weiß nicht, wie wir ſonſt durchkommen ſollen. Ich möchte glauben, daß wir in dieſem Sinne möglichſt auch ſeitens des Magiſtrats wirken ſollten, daß nach Kräf⸗ ten immer dann, wenn Anregungen auf Kohlener⸗ ſparnis gegeben werden können, das von unſerm Magiſtrat aus geſchieht. Wir müſſen bedenken, es ſind nicht alle Mitbürger unſerer Stadt ſo ver⸗ nünftig, daran zu denken: jetzt kommt eine warme Periode, jetzt wird weniger geheizt. So iſt der ein⸗ 27 187 zelne nicht. Es empfehlen ſich da allgemeine öffent⸗ liche Anregungen. Stadtv. Dr Eyck: Meine Herren! Herr Kollege Stadthagen ſcheint mir doch eine etwas zu opti⸗ niſtiſche Auffaſſung bezüglich der Intereſſenharmonie zwiſchen Mieter und Vermieter zu haben. Ich halte es nicht für ganz ausgeſchloſſen, daß hin und wieder der Vermieter auch noch an etwas anderes denkt als an die Wärme, die in den Zimmern ſeiner Mieter herrſcht, und einen gewiſſen Wert darauf legt, bei dieſer Gelegenheit an ſeinem Heizungsetat etwas zu erſparen. Ich will nicht von allen Vermietern das behaupten, das liegt mir ſelbſtverſtändlich vollſtändig fern; aber für ſo ausgeſchloſſen, wie Herr Kollege Stadthagen es anſieht, kann ich es doch nicht halten. Ebenſowenig kann man ſich darauf verlaſſen, daß der Vermieter unter derſelben Kälte zu leiden hat. Vermieter und Mieter wohnen ja nicht immer in demſelben Hauſe. Zu dem andern Punkt, den Herr Kollege Stadt⸗ hagen erörtert hat, möchte ich mich hingegen dahin ausſprechen, daß ich ſeiner Auffaſſung näher ſtehe als derjenigen, die mein verehrter Freund Meyer zum Ausdruck gebracht hat. Die Rechtslage im Falle des Erlaſſes einer Verordnung, in der eine Höchſt⸗ temperatur feſtgeſetzt iſt, dürfte doch wohl die fol⸗ gende ſein. An ſich iſt in dem Mietvertrag und an den Anſprüchen, die der Mieter auf Grund des Mietvertrages gegen den Vermieter hat, nichts ge⸗ ändert, mit Ausnahme der einzigen Beſtimmung, daß er nicht denjenigen Grad der Wärme verlangen kann, der bisher aus dem Mietwertrage hervorging, ſondern nur noch eine Höchſttemperatur, ſagen wir beiſpielsweiſe 18“. Daß der Mieter aber, wenn er bisher mehr als 18“ zu verlangen hatte, die 18“ als Mindeſttemperatur zu beanſpruchen hat, darüber habe ich nicht den geringſten Zweifel. Ich glaube deshalb, daß es nicht notwendig wäre, eine Mindeſt⸗ temperatur feſtzuſetzen. Nehmen wir den andern Fall: in ſehr vielen Mietverträgen ſteht, daß der Vermieter eine Temperatur herzuſtellen hat, die eine angemeſſene Erwärmung der Räume gewährleiſtet. Dann ſind dieſe 18“ bei vorliegender Kälte auch gleichzeitig als Mindeſttemperatur anzuſehen. Ich. würde es nicht für zweckmäßig halten, eine Mindeſt⸗ temperatur, die von dieſen 18“ abweicht, in der Ver⸗ ordnung feſtzuſetzen. Eine derartige Mindeſttempe⸗ ratur würde analog wirken wie die Höchſtpreiſe bei Nahrungsmitteln, ſie würde nämlich die Normal⸗ temperatur werden genau ſo, wie die Höchſtpreiſe die Normalpreiſe geworden ſind; kein Vermieter würde mehr über die Mindeſttemperatur heizen, denn er kann ſich darauf berufen: wenn ich die Mindeſttemperatur herſtelle, habe ich meinen Verpflichtungen aus dem Mietvertrage genügt. Deshalb glaube ich, daß wir im Intereſſe beider Parteien nicht gut daran täten, die Einführung einer Mindeſttemperatur im Wege der Verordnung zu verlangen. Vorſteher Dr. Frentzel: Das Wort iſt nicht weiter verlangt; ich ſchließe die Ausſprache. Ehe ich die Sitzung ſchließe, muß ich noch mit⸗ teilen, daß gegen die Vorſchläge des Wahlausſchuſſes zu Tagesordnung Nr. 9a und g Einſpruch erhoben worden iſt, und zwar von Herrn Mann. Es muß alſo eine nicht öffentliche Sitzung ſtattfinden. Ich ſchließe die öffentliche Sitzung. (Schluß 7 uhr 20 Minuten.) 1 4