20 bedeulet. Ich bin gewiß der letzte, der ein Zu⸗ ſammenarbeiten mit (roß⸗Verlin ablehnt. Ich wünſche nichts ſehnlicher, als daß da, wo die ge⸗ meinſamen Intereſſen es fordern, auch gemeinſam mit Groß⸗Berlin vorgegangen wird. Aber gerade auf dem Gebiete des Wohnungsweſens, gerade da, wo es ſich darum handelt, einer augenblicklich ſchon be⸗ ſtehenden Not, einer Not, die ſich aller Wahrſchein⸗ lichkeit nach mit der Länge des Krieges noch ſteigern wird, vorzubeugen, — gerade auf dieſem Gebiete tut Eile not. Da fürchte ich ſehr, daß, wenn wir uns erſt mit den übrigen Groß⸗Berliner Gemeinden in Verbindung ſetzen, wiederum Jahre vergehen könn⸗ ten, ehe wir zu einem poſitiven Reſultat kommen. Ich habe mit meinen Freunden über den Antrag, der uns erſt jetzt überreicht iſt, noch nicht ſprechen können; was ich darüber geſagt habe, iſt nur meine perſönliche Meinung. Formell habe ich an dem Antrag auszuſetzen, daß darin die Rede iſt von einer Vorbeugung gegen⸗ niber einem Mangel an kleinen Wohnungen in Groß⸗ Berlin. Ich glaube, daß der Mangel heute bereits beſteht und daß man deswegen nicht ſagen darf, daß dem Mangel vorgebeugt werden ſoll. Wir müſſen dafür einen andern, paſſenderen Ausdruck finden. Ich halte es aber auch deshalb nicht für notwendig, ven Antrag in der Form, wie ihn die Herren von der Liberalen Fraktion geſtellt haben, anzunehmen, weil wir auf dem Gebiete des Wohnungsweſens eine ganze Reihe von Maßnahmen treffen können, ohne daß wir mit Groß⸗Berlin zuſammengehen. Wir haben uns ja, wie ich Ihnen vorhin andeutete, in der Wohnungsdeputation ſehr eingehend darüber unterhalten, und da ſind tatſächlich Vorſchläge ge⸗ macht worden, die wir allein in die Tat umſetzen können, wozu es eines Zuſammengehens mit Groß⸗ Berlin nicht bedarf. Ich erinnere da nur an den Borſchlag des Baues von Wohnungen für ſtädtiſche Arbeiter und Angeſtellte unter Bevorzugung kinder⸗ neicher Familien. Das können wir tun, ſerſtver⸗ ſtändlich ſobald uns die nötigen Materialien, die nötigen Kräfte zur Verfügung ſtehen und ſobald die Erlaubnis zum Bauen gegeben iſt. Das iſt ja immer die Vorausſetzung. Das gleiche gilt für den weiteren Vorſchlag der Errichtung einer Siedlung ſür gemeinnützige Kleigwohnungen unter Bevor⸗ gung kinderreicher Familien. Es trifft zu auf die zorſchläge, die gemacht ſind auf dem Gebiete der Baulanderſchließung auf die Vorſchläge zur För⸗ derung des Realkredits, zur Förderung des Kleinhauſes, — alles Vorſchläge, auf die ich, wenn ich dazu nicht gezwungen werde. des rheren nicht eingehen, da ich annehme, daß ſie allen Mitgliedern der Verſammlung bekannt ſind. — Jedenfalls, meine Herren, werden Sie mir zugeben, kaß es unſere Pflicht iſt, zunächſt zu erwägen: wie fönnen wir verhindern, daß die Wohnungsnot noch weiter um ſich greift, was können wir tun, um, allen Schwierigkeiten zum Trotz, ſchon jetzt die Wohnungs⸗ not zu mildern —, und daß wir verpflichtet ſind, zeitig Maßnahmen zu ergreifen, um der Wohnungs⸗ not nach dem Kriege zu begegnen. Es genügt nicht, Daß wir erſt, wenn der Krieg beendet iſt, in Er⸗ wägungen darüber eintreten, dann erſt an die nöti⸗ en Vorarbeiten herangehen, ſondern die Aufſtellung von Bauplänen, die Aufſchließung von Gelände, alle ieſe Vorarbeiten müſſen beendet ſein, damit in dem Augenblick, wo uns die Möglichkeit dazu ge⸗ geben iſt, mit dem Bau von geſunden Wohnungen begonnen werden kann. Sitzung am 12. Dezember 1917 ich will mich nicht auf weitere Einzelheiten einlaſſen, ich möchte am Schluſſe nur hitten, daß Sie niemals vergeſſen, daß die Woh⸗ nungsfrage eine der brennendſten Fragen iſt, eine Frage, von deren Löſung Geſundheit und Sittlich⸗ leit der Berölkerung in erſter Linie abhängt. Wir müſſen verhüten, daß es wieder dahin kommt wie nach dem Kriege 1870 71. Wir haben die Pflicht und Schuldigkett, dafür zu ſorgen, daß unſere Krie⸗ ger, wenn ſie heimkehren, geſunde und billige Woh⸗ nungen vorfinden. Ueler die Frage ſelbſt haben wir uns hier oft genug des langen und breiten unter⸗ halten, Worte darüber haben wir genug gehört. Ich glaube, daß es jetzt endlich Zeit iſt, den Worten die Tat folgen zu laſſen. Meine Herren, (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Meyer: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat den von meinen Freunden und mir eingebrachten Antrag bekämpft, bevor er begründet war. Ich darf mich deshalb der Hoffnung hingeben, daß er und ſeine Freunde nach der Begründung viel⸗ leicht unſerm Antrage zuſtimmen werden. Er hat zunächſt ein formelles Bedenken daraus hergeleitet, daß unſer Antrag das Wort „vor⸗ beugen“ enthält, wobei es ihm offenbar entgangen iſt, daß derſelbe Mangel, wenn ich in ſeinem Sinne ſo ſagen darf, auch dem Antrage der Herren von der Sozia.demokratiſchen Fraktion anhaftet. Allerdings iſt dort geſagt: um demheuteſchon herrſchen⸗ den und vorausſichtlich nach Beendigung des Krie⸗ ges noch ſtärker zutage tretenden Mangel an kleinen und mittleren Wohnungen vorzubeugen. Aber die redaktionelle Faſſung ſcheint mir hierdurch nicht ver⸗ ſchönt zu ſein; denn man kann einem bereits herr⸗ ſchenden Mangel doch nicht vorbeugen. Alſo der Fehler dürfte mehr als dem unſrigen dem dortſeiti⸗ den Antrage anhaften. Um nun zum Sachlichen zu kommen, ſo iſt. in der Tat — das will ich nicht beſtreiten⸗ eine weſentliche Verſchiedenheit vorhanden, indem der Antrag der Sozialdemokratiſchen Fraktion da⸗ von ausgeht, daß ſchon jetzt ein der Abhilfe bedürfender Wohnungsmangel herrſcht und ſpä⸗ ter ein Mangel in größerem Umfange herr⸗ ſchen wird, während unſer Antrag es ledig⸗ lich dahingeſtellt ſein läßt, ob ein ſolcher Mangel eintreten wird. Meine Herren, bereits bei der Erörterung im Januar 1916 habe ich für meine Perſon und für einen Teil meiner Freunde der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß ein ſolcher Woh⸗ nungsmangei eintreten wird. Aber es hat ſich doch nur um eine Annahme gehandelt, und ich muß zu⸗ geben, daß, wenn ich auch noch die Anſicht von da⸗ mals habe, immerhin die Entwicklung der Dinge noch nicht eine ſichere Unterlage für dieſe Annahme gegeben hat. In Charlottenburg hat ſich freilich die Zahl der freien Kleinwohnungen, unter denen ich Wohnungen mit 1 und 2 Zimmern verſtehe, vermin⸗ dert, vermindert bis zu einem Prozentſatz, der es ſind 0,7 % — auf einen Mangel hindentet. Aber es iſt hierbei zu berückſichtigen, daß die Einkommens⸗ verhältniſſe gerade unſerer Arbeiterſchaft ſich neuer⸗ dings derart geſtaltet haben, daß vielleicht ſchon in einer ſehr nahen Zeit dieſe Kreiſe nicht mehr 1⸗ und 2⸗Zimmer⸗Wohnungen, ſondern mittlere Wohnun⸗ gen, d. h. 3⸗ und 4⸗Zimmer⸗Wohnungen, für ſich be⸗ nützen werden und dadurch eine Verſchiebung eintre⸗ ten wird. Selbſt wenn das nicht richtig ſein ſoll.