ſo kann man meines Erachtens — darauf habe ich eben⸗ falls ſchon im Januar 1916 hingewieſen — die Frage, ob ein Wohnungsmangel beſteht oder nicht, in Groß⸗ Berlin überhaupt nicht entſcheiden von den örtlichen Verhältniſſen einer Groß⸗Berliner Gemeinde aus; man muß die Verhältniſſe in ſämtlichen Groß⸗Ber⸗ liner Gemeinden in Betracht ziehen. Da ergibt ſich, daß in der Stadt Berlin ſelbſt die Jahl der lecl⸗ ſtehenden Wohnungen von 1 und 2 Zimmern immer noch 4,5% beträgt, ziffernmäßig mehr als 20 000, und es ergibt ſich ferner, daß, wenn wir alle 46 Ge⸗ meinden Groß⸗Berlins zuſammen betrachten, eben⸗ falls noch 3,2% dieſer kleinen Wohnungen freiſtehen. Der Prozentſatz, den man a.8 normal anſieht, iſt 3%. Wir haben alſo nicht nur in der Stadt Berlin ſelbſt, ſondern überhaupt in ſämtlichen Gemeinden (Groß⸗Berlins zuſammen, noch einen Prozentſatz, der darauf ſchließen läßt, daß zurzeit ein Mangel an Kleinwohnungen nicht beſeht. Dabei iſt noch nicht berückſichtigt, daß dieſe Statiſtik ſich lediglich auf Wohnungen erſtreckt, die nicht in Verbindung mit Geſchäftslokalen ſtehen. Wenn Sie durch die Straßen Groß⸗Berlins gehen, dann werden Sie ſehen, daß, während ja fetzt der Wohnungsmarkt ſich zu heben leginnt, die Zahl der freiſtehenden Läden noch immer zunimmt, und unter ihnen ſind ſehr, ſehr viele, die mit kleinen Wohnungen von 1 und 2 Zimmern verbunden ſind. Es iſt zu be⸗ denken, daß, wenn die Verhä tniſſe ſich ändern, dieſe Läden wieder beſetzt werden und dadurch eine Ent⸗ laſtung gerade der Kleinwohnungen eintritt. Meine Herren, wie die Verhältniſſe ſich weiter geſtalten werden, das iſt — ich habe es ſchon ein⸗ mal geſagt — immerhin nicht zweifellos. Ich bin ja der Meinung, daß nach dem Kriege ein ſehr er⸗ heblicher Zuzug zu den großen Städten ſtattfinden wird, und ich gaube an eine Zuſpitzung zu einen tatſächlichen Wohnungsmangel. Aber demgegenüber werden auch Stimmen laut, die ganz plauſibel da⸗ rauf hinweiſen, daß wir Beſtrebungen haben, die Induſtrie, die Rüſtungsinduſtrie und die andere Induſtrie, von Berlin nach Mönglichkeit nach der Provinz zu verlegen, und daß deshalb ein Woh⸗ nungsmangel entweder garnicht eintreten wird oder, wenn er eintritt, doch nur ganz vorübergehender Art ſein könnte. Aber wenn auch die Anſichten über die Zukunftsfrage verſchieden ſind und wenn ſich das auch in den Reihen meiner Fraktion geltend macht, ſo ſind wir doch darin einig, daß chon die Mög⸗ lichkeit eines Wohnungsmangels nach dem Kriege unbedingt genügt, um die Stadtgemeinde zu zwingen, di e erforderlichen Vorbeugungsmaßnah⸗ men zu ergreifen. Denn angeſichts dieſer Möglichkeit darf es keine ihrer Verantwortung bewußte Stadtverordnetenverſammlung, kein Ma⸗ giſtrat auf ſich nehmen, die Maßnahmen zu unter⸗ laſſen und unter Umſtänden daran ſchuld zu ſein, daß die zurückkehrenden Krieger nicht ihr Wohnbedürfnis decken können. Von dem Geſichtspunkt aus haben wir auch den dringenden Wunſch, daß dieſer Ange⸗ legenheit die volle Aufmerkſamkeit unſeres Magiſtrats zugewendet wird und daß energiſche Schritte ge⸗ ſchehen, um Vorbeugungsmaßnahmen, auf die ich im einzelnen noch kommen werde, wirkſam vorzubereiten. zIãch muß mich immerhin dem Bedauern des Herrn Kollegen Hirſch anſchließen, daß ſeit der An⸗ Sitzung am 12. Dezember 1917 nahme des erſten Antrags im Kriege nahezu zwei 207 Jahre verfloſſen ſind, ohne daß wir in der Vorbe⸗ reitung weitergediehen ſind. (Sehr richtig!) Wenn wir jetzt verlangen, daß alsbald etwas ge⸗ ſchieht, ſo gibt uns Anſtoß noch die Tatſache, daß in dem von dem Herrn Vorredner bereits angeführten Erlaſſe der Miniſter ſelbſt die Initiative ergreift und die Kommunalbehörden dazu auffordert, ſich um dieſe Dinge zu kümmern. Was die einzelnen Mittel anlangt, die der Miniſterialerlaß vorſchlägt, ſo ſtimme ich in der Be⸗ urteilung größtenteils mit dem Herrn Kollegen Hirſch überein. Die Jerlegung größerer Wohnungen iſt meiſt eine ſo koſtſpielige Sache, daß ſie vermutlich nur in einem kleinen Teile der hieſigen Häuſer in Betracht kommt. Dach⸗ und Kelleiwehn ungen ſind der minderwertigſte Erſatz, den man ſich für die Deckung der Wohnungsbedürfniſſe denken fann, und wenn es ſich irgendwie vermeiden 1 ßt, ſoll man an dieſen Erſatz, am wenigſten in Friedenszeiten, wo man doch von der Erſatzware überhaupt loskommen will, nicht herangehen. Die Unterbringung don Woh⸗ nungsbedürftigen in öffentlichen Gebäuden und Hallen oder in zu beſchaffenden Baracken iſt ein Uebergangsmittel, das für die Dauer keinesfalls tauglich iſt, und die Einrichtung eines genauen Woh⸗ nungsnachweiſes, die ja gewiß zu befürworten iſt, kann als ein Mittel zur Beſeitigung einer tatſäch ich beſtehenden Wohnungsnot natürlich nicht angeſehen werden. Ich bin alſo mit dem Herrn Vorredner auch darin einer Anſicht, daß kräftigere, wirkſamere Mittel in Ausſicht genommen werden müßten, wüh⸗ rend ich andererſeits allerdings Scheu habe, hier der⸗ artige Mittel meinerſeits vorzuſch agen, weil jedes davon einer ſehr genauen Prüfung und Erwägung bedarf. Ich denke an die Aufhebung unnützer Bau⸗ beſchränkungen. Ich denke weiter an Vergünſtigun⸗ gen, die für die Vorhaltung und Errichtung kleiner Wohnungen gewährt werden könnten, wobei man in erſter Reihe den Privatunternehmer befähigen ſollte, dieſe Dinge zu tun, während ich mich zu dem Eigenbau der Stadt erſt dann entſchließen würde, wenn eine unabweisbare Notwendigkeit vorläge. Denn ich bin der Meinung, daß die Konjunktur auf dem Wohnungsmarkt dem vorher durch deſſen De⸗ routierung ſchwer geprüften Hausbeſitzer zugute kom⸗ men müßte, ſolange es irgendwie mit den Intereſſen der Allgemeinheit vereinbar iſt. Wenn wir nun trotz weitgehender ſachlicher mebereinſtimmung den Antrag der Herren von der Sozialdemokratiſchen Fraktion nicht anzunehmen in der Lage ſind, ſo iſt der eine Grurſd dafür — ich habe ihn ſchon erörtert —, daß der Antrag von der Vorausſetzung ausgeht, es wäre jetzt ein der Ab⸗ hilfe bedürftiger Wohnungsmangel vorhanden, eine Vorausſetzung, die wir nach dem vorliegenden Ma⸗ terial nicht für ſicher halten. Zweitens können wir uns doch nicht verhehlen, daß Maßnahmen jetzt zu ergreifen nur ſehr beſchräntt möglich iſt. Wie ſoll denn jetzt gebaut werden? Die durchgreifendſte Maßnahme ſcheidet heute aus, gleichviel ob der Ban vom Einzelunternehmer oder von der Baugenoſſen⸗ ſchaft oder von der Stadt geleiſtet werden ſoll: es geht eben nicht, und wann es nach dem Kriege gehen wird, ſteht dahin. Es läßt ſich da heute zu⸗ nächſt — und das iſt freilich richrig — mit den 7