Sitzung am 12 Tede und Genoſſen dahin geht, der Magiſtrat ſolle der Stadtverordnetenverſammlung unverzüglich eine Vorlage unterbreiten, die Maßnahmen vorſieht, um dem heute ſchon herrſchenden und vorausſichtlich nach Beendigung des Krieges noch ſtärler zu tage treten⸗ den Mangel an kleinen und mittleren Wohnungen vorzubeugen und insbeſondere die zurückkehrenden Kriegsteilnehmer und ihre Familien vor Woh⸗ nungsnot zu bewahren, ſo entſpricht dieſe Vorlage ſicherlich den Wünſchen der Verwaltung in jeder Be⸗ zichung, nur, glaube ich, iſt es nötig, darauf hinzu⸗ weiſen; was das Wort „unverzüglich“ darin bedeu⸗ tet. Ich glaube, die Verwaltung hat bisher ſchon dieſe Frage ſo behandelt, daß man ihr den Vorwurf eines Verzuges kaum wird machen können, wenig⸗ ſtens iſt heute nichts vorgebracht, was hätte geſchehen können, aber unterlaſſen worden iſt. Wenn alſo „unverzüglich“ heißt, daß eine ſolche Vorlage — im Sinne der Geſetzesſprache — ohne ſchuldhafte Verzöge⸗ rung eingebracht werden ſoll, dann glaube ich, dar⸗ auf hinweiſen zu dürſen, daß eine ſolche Vorlage, wenn ſie ſofort eingebracht werden ſollte, wahrſchein⸗ lich nur einen theoretiſchen Inhalt haben, aber keine ppaktiſchen Vorſchläge enthalten könnte, die uns der Löſung dieſer Frage näher bringen. Stadtv. Bernhard: Meine Herren! Wenn man auf dem Standpunkt ſteht, die Wohnungsfrage könne nur im Rahmen der Groß⸗Berliner Beſtrebungen ge⸗ regelt werden, dann ſoll man aber auch die Kon⸗ ſequenz daraus ziehen, daß man ſich wirklich unver⸗ züglich mit anderen Gemeinden Groß⸗Berlins in Verbindung ſetzen muß. Ich möchte deshalb an unſeren Magiſtrat den dringenden Appell richten, in dieſer Sache zuerſt und möglichſt unverzüglich vor⸗ zugehen und an die anderen Gemeinden herangu⸗ treten. Denn hier handelt es ſich doch um eine Sache von ganz außerordentlicher Dringlichkeit. Man kann ja darüber ſtreiten, ob wir einer Woh⸗ nungsnot entgegengehen oder nicht. Aber eins iſt doch klar: es iſt viel gefährlicher, ſich auf den Stand⸗ punkt zu ſtellen, man gehe keiner Wohnungsnot entgegen als auf den umgekehrten. Denn bat man in dieſer Prophezeiung Unrecht, ſo ſtehen wir nachher einem Uebel gegenüber, dem überhaupt gar nicht ab⸗ zuhelfen iſt. Meine Herren, ſtellen Sie ſich, bitte, einmal den Zuſtand vor, der entſteht, wenn nachher die Bevölkerung in die Großſtedte und beſonders nach Groß⸗Berlin zurückſtrömt und hier tatſächlich dann eine Wohnungsnot vorfindet. Das kann Folgen haben, die weit über die einzelne Kommune hinaus von Bedeutung ſein müſſen. Und, meine Herren, etwas handelt es ſich doch bei all dieſen Dingen auch um eine Sache, die nicht nur mit dem klügelnden Verſtande, ſondern die auch etwas mit dem Herzen bedacht und arsgeführt werden muß. Wenn man ſich einmal erſt in die Statiſtiken ver⸗ tieft, ſo kommt man, wenn man ſie mit dem Herzen lieſt, doch auch zu etwas anderen Geſichtspunkten und zu einer anderen Auffaſſung, als ſie hier verſchiedent⸗ lich 1. 2. iſt. Ich ſtehe durchaus auf dem Standpunkt des Herrn Kollegen Meyer, daß rein ſtat i ſt i ſch eine ot in Groß⸗Berlin nicht beſteht. Aber ich glanbe, gerade der Herr Kullege Meyer wird mir darin beipflichten, daß die Haupt⸗ 11 freiſtehen ohnungen in der eigentlichen Stadt Berlin ſolche Wohnungen Bedü ſind, die den moder⸗ und den modernen 7 Dezember 1917 21 der Arbeiter nicht mehr genügen. Und wenn dort der Prozentſatz der leerſtehenden Wohnungen ſo außerordentlich groß iſt, ſo handelt es ſich dabei nicht ctwa um Wohnungen, nach denen keine Nachfrage als Wohnungen an ſich iſt, ſondern die ihrer Qualität wegen eben ausſcheiden. Meine Herren, ganz unzutreffend und ganz von der Hand zu weiſen ſcheint mir aber die Beweis⸗ führung des Herrn Kollegen Dr. Byk zu ſein. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß wir aus dem Kriege leider mit einem erheblichen Verluſt an Menſchenleben hervor⸗ gehen. Aber nehmen wir einmal ſelbſt als ſicher an, daß dieſer Geſamtverluſt an Menſchenleben allein den Großſtädten gewiſſermaßen zugute kommen würde, ſo iſt damit doch noch gar nicht geſagt, daß jedes verlorene Menſchenlehen ein Minderbedürfnis an einer Wohnung bedeutek, ſondern wenn z. B. in einer Wohnung bisher die Eltern mit drei Kindern gewohnt haben, und ein Kind iſt nun im Kriege ae⸗ fallen, oder wenn in einer Wohnung eine Familie von fünf Köpfen gewohnt hat, deren Ernährer im Kriege gefallen iſt, ſo wird dadurch doch das Wahn⸗ bedürfnis dieſer Familie nicht im mindeſten ausge⸗ löſcht cder vermindert. Dazu kommt weiter, daß wir gar nicht überſehen können, wie ſich dieſer Verluſt an Menſchenleben auf Stadt und Land verteilt, und es läßt ſich daher gar nicht vorausſagen, inwieweit durch den Menſchenverluſt im Kriege das Wohnungs⸗ bedürfnis in der Großſtadt verringert iſt. Wir müſſen ſogar nach den Erfahrungen früherer Kriege immerhin Jamit rechnen — es kann ſich ja ſchließlich in der Praxis die Sache diesmal anders ſtellen —, daß nach dem Kriege der Menſchenandrang in die Städte wahr⸗ ſcheinlich ſtärker als vorher und nicht ſchwächer ſein wird. Jedenfalls müſſen wir das vorſehen. Aber nicht um dieſe Ausführungen zu machen, habe ich mich eigentlich zum Worte gemeldet, ſondern um darauf hinzuweiſen, daß dieſe Dinge doch auch noch nach einer anderen Richtung hin der Betrachtung bedürfen. Meine Herren, ſchon jetzt macht ſich in Hausbeſitzerkreiſen das Bedürfnis geltend, aus der günſtigen Konjunktur, die ſich ergibt, Nutzen zu ziehen. Nun, in einem gewiſſen Rahmen kann man die Ausnutzung dieſer Konjunktur den Hausbeſitzern nicht verdenken. Sie haben ein paar recht ſchwere Jahre hinter ſich, und ein Teil ſelbſt des ſoliden Grundbeſitzes iſt durch den Krieg zweifellos in arge Verlegenheit geraten. Aber wenn nachher ein Woh⸗ nungsmangel eintritt, ſo werden wir den Erfolg er⸗ leben, daß die Mieten in einer ganz beſonders ſtarken Weiſe ſteigen. (Zuruf.) — Gewiß, weil alles ſteigt, ſelbſtverſtändlich. Aber nicht nur, weil alles ſteigt, und nicht nur im Ver⸗ hältnis zur Entwertung der Kaufkraft des Geldes, ſondern darüber hinaus durch den eben entſtehenden Mangel an Kleinwohnungen. Wir werden eben dann der eigentümlichen Tatſache gegenüberſtehen, daß nicht nur ein Mangel an Kleinwohnungen, ſondern auch eine Teuerung in dieſen Kleinwohnungen ein⸗ treten wird. (Zuruf: Jetzt ſchon!) Schön. Wir werden namentlich dann aber — es n Auffaffungen über das Wohnbedütrfnis ſtehen iſt ja nicht beſtreitbar — ſolcher Tatſache gegenüber⸗