312 2 Sitzung am 12. Nun könnte man das ja, wenn man wollte, ge⸗ laſſen in Kauf nehmen, weil man ſich aus der Kennt⸗ nis der Geſetze der kapitaliſtiſchen Geſellſchaft heraus ſagt: es wird durch die Preisſteigerungen die Bauluſt ungeregt, es werden neue Wohnungen geſchaffen, und durch die dann entſtehende Konkurrenz werden all⸗ mählich wieder, obwohl das für Monopolwerte wie Grund und Boden nicht zutrifft, normale Preiſe ein⸗ treten. Nun pflichten wir aber alle ohne Unterſchied der Partei⸗ und Fraktionsſtellung in dieſem Hauſe Herrn Stadtſyndikus Sembritzki darin bei, daß jetzt die Möglichkeit des Bauens nicht beſteht, und daß wahrſcheinlich auch noch eine ganze Zeit nach Be⸗ endigung des Krieges die Bautätigkeit vielleicht ſogar unmöglich ſein wird. Wenn wir nun nicht rechtzeitig etwas dagegen tun, dann werden wir den Erfolg erleben, daß wir neben ⸗dem Wohnungs m a ngel eine Wohnungsteuerung haben, ohne daß hinter⸗ her wenigſtens die wohltätigen Folgen des Ausgleichs infolge des Neuangebots von Wohnungen eintreten können. Meine Herren, man kann dazu nicht mit dem Kopf ſchütteln, ſondern das ſind Zuſtände, wie ſie ſich ganz ſelbſtverſtändlich entwickeln werden, ja, wie ſie ſich ſchon entwickeln werden, wenn nur die jetzige relative Knappheit an Kleinwohnungen beſtehen bleibt und nicht einmal eine wirkliche Not eintritt. Nun kommt noch etwas anderes hinzu. Ent⸗ wickeln ſich die Verhältniſſe ſo, dann wird ſelbſtver⸗ ſtändlich die weitere Folge eine dauernde Verteuerung der Preiſe für Grund und Boden ſein. Herr Stadt⸗ ſyndikus Sembritzki hat jetzt ſchon darauf aufmerkſam gemacht, daß die Baugenoſſenſchaften mit dem Grund und Boden bei den heutigen Preiſen nichts anfangen können, weil er zu teuer iſt. Was bedeutet denn die dauernde Mietſteigerung, die wir nachher zu erwarten haben, beſonders, wenn ſie ſich über einen großen Zeitraum erſtrecken wird? Sie bedeutet einfach eine Fortpflanzung der teuren Mieten in den Grund und Boden hinein und damit eine dauernde Preis⸗ ſteigerung des Grund und Bodens, durch die ein ge⸗ meinnütziger Wohnungsbau ſo gut wie unmöglich wird. Dieſen Zuſtänden gegenüber, die nach meiner Meinung ganz unleugbar ſind, muß etwas geſchehen. Aber was? Herr Stadtſyndikus Sembritzki hat hier mitgeteilt, es ſei bereits mit dem Reichswirt⸗ ſchaftsamt und dem Kriegsamt darüber in Fühlung getreten, es ſolle verſuchen, zunächſt einmal ſtatiſtiſch zu erfaſſen, wie ſich die Beſchäftigung der Kriegs⸗ induſtrie in den Städten nach dem Kriege geſtalten wird. Das heißt: man hat jetzt angefangen, brauch⸗ bare Wahrſcheinlichkeitsſtatiſtiken für die Geſtaltung des Wohnungsbedürfniſſes im Frieden aufzuſtellen. Ja, das ſcheint mir doch wirklich der Verſuch eines Verſuches einer Ausführung zu ſein. Ich meine, das iſt doch eine Art, die Dinge zu behandeln, wie es nicht angeht. Ich halte auch die Ausgeſtaltung von Be⸗ bauungsplänen und derartige Dinge nicht für das, was geſchehen muß, ſondern wir müſſen unter allen Umſt nden darauf hinarbeiten, daß ſobald wie irgend möglich nach Friedensſchluß wieder angefangen wer⸗ den kann, zu bauen, und dazu ſcheint es mir not⸗ wendig zu ſein, daß man mit dem Reichswirtſchafts⸗ amt, mit dem Kriegsamt und allen denjenigen Stellen, die die Uebergangswirtſchaft zu bearbeiten haben, dringendſt in Fühlung darüber tritt, daß Bauarbeiter zur Verfügung geſtellt werden, Bau⸗ fr material geliefert wird, daß Baumaterialien zu den⸗ jenigen Gegenſtänden gehören, deren Beſchaffung die Regierung bei der Regelung der Uebergangswirtſchaft % Dezember 1917 ſich in allererſter Linie zur Pflicht macht, daß bei der Demobiliſierung — (Zuruf.) — Was heißt das: woher? Es ſind doch Ban⸗ materialien zu beſchaffen! Ich verſtehe nicht, warum nicht Steine, warum nicht Holz, warum nicht Ze⸗ ment, warum das alles zunächſt nicht mindeſtens hergeſtellt und bereitgeſtellt werden kann. Meine Herren, bei der zukünftigen Regelung der neber⸗ gangswirtſchaft wird man ja doch überhaupt ſo vor⸗ gehen müſſen, daß man in allererſter Linie auch da⸗ für ſorgt, daß ſolche Fabriken, die beſonders wichtige Dinge anfertigen ſollen, zunächſt einmal Maſchinen geliefert bekommen. Das Allerwichtigſte aber iſt, daß die Menſchen, die herkommen, Wohnungen er⸗ halten. Es liegt auch im Intereſſe der Induſtrie, das Baubedürfnis zu fördern, weil doch auch Fabri⸗ ken umgebaut und neugebaut werden müſſen. In⸗ folgedeſſen müſſen Baumaterialien beſchafft werden, es muß dafür geſorgt werden, daß Bauarbeiter bei der Demobiliſation des Heeres in allererſter Linie berückſichtigt werden. Das iſt zunächſt einmal ein Schritt, der getan werden muß. Wir müſſen dann weiter daran denken, wie dieſe Baumöglichkeiten, die ſich durch ſolche bevor⸗ zugte Behandlung durch die Regierung ergeben, aus⸗ genutzt werden können. Ich bin der Ueberzeugung: wenn man darauf wartet, bis die private Bautätig⸗ keit freiwillig von dieſen Möglichkeiten Gebrauch macht, kommt man ſelbſtverſtändlich zu kurz und zu ſpät. Es iſt klar, daß das zu lange dauert, und wir müſſen uns doch auch ſtädtiſcherſeits andere Möglichkeiten überlegen. Nun weiß ich ſehr wohl, daß es ſich bei dem, was ich vorſchlagen will, nicht etwa um neue Gedanken handelt. Dieſe Gedanken ſind ſchon vielfach erwogen worden. Wir müſſen uns eben überlegen, ſt äd tiſches Gelände für dieſen Zweck in Erbpacht zu geben, wir müſſen uns überlegen, den Staat darauf hinzudrängen, Kredit zu geben und, worüber er ja ſchon lange genug berät, namentlich II. Hypofhelen für Kleinwohnungshäuſer zu gewähren, ſo⸗ wohl an Genoſſenſchaften, die eventuell ſtädtiſches Terrain in Erbpacht bekommen, wie auch an pri⸗ vate Unternehmer. Ich bin durchaus der Anficht, daß man das private Unternehmertum nicht aus⸗ ſchalten ſoll, wenn es ſich dieſe Vorteile zu Nutze machen will und wenn es beſtimmte Bindun⸗ gen und Verpflichtungen hinfichtlich des Woh⸗ nungsbaues und der Wohnungsmiete eingeht. 2 Meine Herren, dieſe Dinge müſſen unbedingt in Angriff genommen werden, und ich bin der An⸗ ſicht, daß es die Pflicht unſeres Magiſtrats iſt, füh⸗ rend unter den Groß⸗Berliner Gemeinden damit vorzugehen, daß er nun wirklich von ſich aus ein⸗ mal die Anregung für ein Zuſammenarbeiten nach der Richtung hin gibt und daß er ſich möglichſt ſchnell auch mit den in Frage kommenden Behörden der Uebergangswirtſchaft ins Einvernehmen ſetzt, um da⸗ für zu ſorgen, daß hier, bevor es zu ſpät iſt, wirk⸗ lich etwas geſchieht. Denn, meine Herren, zu ſpät kann es — ich möchte in dieſem Falle ſagen: er⸗ eulicherweiſe —, wie die Dinge militäriſch und po⸗ litiſch augenblicklich zu liegen ſcheinen, für uns jeden Tag ſein. Beinahe überraſcht können wir vom Frie⸗ den werden. Und ich halte dafür, daß es dringend *