2 Stzung am 27. Februar 101 ſpreche es aus, daß bei Beginn des Krieges im Jahre 1914 wahrſcheinlich kein Mann in Deutſchland gelebt hat, der ſo viel Hoffnungsfeſtigkeit u n d „freudigkeit aufg ebracht hat, um eine ſolche Entwicklung überhaupt für mögich zu halten-.-. 25 (Sehr richtig!) Dies geſchieht jetzt, nachdem ſich bereits das vierte Jahr dieſes Kampfes dem Ende nähert, dieſes Kampfes, der nicht nur ein Krieg der Männer und Waffen iſt, ſondern der vor allen Dingen der bru⸗ talſte und raffinierteſte Wirtſchaftskrieg iſt, der gegen uns geführt wird, ſo brutal und raffiniert, wie er nur überhaupt gedacht werden konnte. Wenn es keinen gegeben hat, der früher geglaubt hat, daß ſo ſich die Dinge entwickeln werden, ſo hat es um⸗ gekehrt ſehr viele gegeben, und die beſten Kenner unſeres Wirtſchaftlebens haben zu. ihnen gehört, die bereits vor Jahren den Zuſammenbruch und den Niederbruch unſerer deutſchen Wirtſchaft voraus⸗ ſagten, für einen Zeitpunkt, der weit zurückliegt, dieſes Ereignis als kommend annahmen, wenn auch der Krieg erheblich kürzere Zeit gedauert hätte, als es jetzt der Fall iſt. Ich will gar nicht leugnen, daß auch ich trübe und ängſtliche Stunden gehabt habe, in denen ich geglaubt habe, daß dies das Ende ſein wird. Meine Herren, wir haben uns ge⸗ täuſcht, wir haben uns gründlich und glücklicherweiſe ge täuſcht. Daraus leite ich die Hoffnung und Berechtigung her, daß auch die⸗ jenigen ſich täuſchen werden, die da glauben, daß das Schwerſte uns noch bevorſteht, daß wir alles das, was wir jetzt nicht haben zu überwinden brauchen, werden überwinden müſſen, wenn endlich der Friede kommen wird. Ich glaube, daß dieſe Leute ſich täuſchen wer⸗ den und daß, wenn der erſehnte und längſt erhoffte Friede bald kommen wird, er unſere Wirtſchaft zwar eingeengt und an einzelnen Stellen, kann man wohl auch ſagen, verſtümmelt, aber in ihrer Grund⸗ lage geſund finden wird, ſo geſund, daß es ihr, wenn auch mit Schwierigkeiten, doch in abſehbarer Zeit gelingen wird, dasjenige wieder zu werden, was ſie früher war. Aber eins tut not: befreit muß ſie bleiben von einer Gefahr, es muß ihr die Möglichkeit gegeben werden, den Weg nach oben und aufwärts ſelbſt 3u fuchen und aus eigenen Kräften zu finden; ſie muß befreit werden, ſoweit es nur irgendwie die Rückſicht auf die Geſamtlage des Vater⸗ landes zuläßt, von einer Einſchränkung und Ein⸗ zwängung in Bahnen, die ſie ihrer Natur nach nicht dehen kann:⸗ , (Sehr richtigl) zu halten. Ich ſie muß verſchont werden von den Allheilmitteln, die eine Reihe von Berufenen, aber auch ſehr vielen Un⸗ berufenen jetzt für unſere deutſche Wirtſchaft glauben bereitſtellen zu müſſen und ihr aufdrängen zn müſſen, imung gänzlich falſchen Idee, Kriege war, ungeſund und un⸗ noch nie einen Kranken ken, Glieder zu brauchen. großen Mühen und großen] 27 it ſolchem Erfolge auf⸗ 4 warteten Kraftanſtrengungen m weiſen kann. SSehr richtig!) 2 7 74 Unſere Wirtſchaft war nicht krank, und ſie be⸗ darf auch dieſer Allheilmittel nicht. Aber weſſen ſte bedarf, iſt Ruhe und die Möglichkeit, ihre gefunden Sie kann nicht marſchieren, wenn man ihr die ſpaniſchen Stiefel anlegt, die dieſe Leute für ſie in Bereitſchaft haben, dieſe Leute, die da glauben, man könnte wirklich ein ewig wechſelndes, ewig ſich veränderndes, ewig und jeden Tag ſich verjüngendes und quellendes Leben, wie es die Wirtſchaft eines großen Landes, ge⸗ ſtellt inmitten anderer großer R eiſch e, darbietet, einfach umwandeln in den Mechanismus einer zwangmäßig ab⸗ laufenden Maſchine. Das haben ſchon viele verſucht, und es iſt noch keinem gelungen; es hat u. a. auch verſucht der klügſte und mächtigſte König, den Preußen je gehabt hat, der über eine Machtfülle gebot, wie ſie keiner ſeiner Nachfolger gehabt hat, und unerreicht als Staatsmann, als Feldherr, hat er dieſe Aufaabe nicht durchführen können, er hat ſie am Ende ſeines Lebens mißmutig beiſeite geſchoben. Das wer⸗ den auch die Leute nicht erreichen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ſie die Quelle des Problems an einer falſchen Stelle ſuchen. Es handelt ſich nicht darum, Stoffe und Waren und Maſchinen und Werke und Fabriken und Gruben in Reih und Glied zu bringen — das ſind tote Dinge, bei ihnen ginge es, das Problem liegt vielmehr darin und notwendig wäre es, es durchzuführen, daß man die Hoffnungen und Wünſche, die Beſtrebungen und das Sehnen, das Arbeiten und das Denken von Millionen von Geiſtern über einen Leiſten ſchlagen müßte, von Millionen von Menſchen und von Millionen von Geiſtern, die, ſich ſelber nicht immer verſtändlich, ganz und gar ſich einer derartigen Gleichmachung und Einzwängung auf alle Zeiten entziehen werden. 2 (Lebhaftes Bravo.) Stadto. Dr Liepmann: Meine Herren! Die Tonart, die heute der Kämmerer angeſchlagen hat, war eine etwas andere wie bei früheren Gelegen⸗ heiten, wo er uns eine Steuererhöhung ſchmackhaft machen wollte. Früher waren ſeine Darlegungen durchweg peſſimiſtiſch Peſſimismus für die Ver⸗ gangenheit und Peſſimismus für die Zukunft. Heute hat er auf Grund von Zahlen, die vorliegen, die Vergangenheit nicht allzu ungünſtig, ſondern ſogar günſtig beurteilen müſſen. Dagegen hat er mit Peſſtmismus beſonders ſtark und grell die Zukunft beleuchtet. Er hat hingewieſen auf die ſtarken Laſten, die wir in den künftigen Jahren übernehmen müſſen, vermöge der Notwendigkeit, die ſtaatlichen Schulden zu verringern, den Wiederaufbau der Wirtſchaft, die Retablierung des Heeres und der Flotte und alle möglichen ſonſtigen neuen Aufgaben zu übernehmen. Ich werde mir erlauben, auf die Frage, ob wir prinzipiell den Anſichten des Herrn Kämmerers über Verteilung der Laſten, die ſich ſchließlich aus dem Kriege ergeben werden, beipflichten können, noch ſpäter zurückzukommen Ich möchte nur in Frage ſtellen, ob ſeine Ausführungen richtig ſind, die darauf hinauslaufen, zu empfehlen, daß ein Wanderer, der einen beſonders ſchweren, alle ſeine! Kräfte in An⸗