8 Aber durch Anſchläge in den einzelnen Betrieben iſt den Leuten verboten worden, zu den Verſammlungen zu gehen. (Zuruf: Wo denn?) — Hier in Charlottenburg. — Herr Oberbürger⸗ meiſter Scholz war damals noch nicht anweſend. Herr Kollege Dr Borchardt wird mir aber zugeben, daß wir nach dieſer Richtung hin einen ſchweren Stand hatten. (Zuruf: Olle Kamellen!) — Das ſind nicht olle Kamellen! — Meine Herren, ich will nur darauf hinweiſen, daß die Vorkomm⸗ niſſe in den Gaswerken, die wir unter keinen Um⸗ ſtänden billigen und gegen die wir uns mit allen Mitteln und aller Energie wenden, gerade durch die Unaufgeklärtheit der Arbeiter hervorgerufen worden ſind. Gerade Ihre früheren Sünden haben dieſe Erſcheinung mit zur Folge gehabt! (Unruhe und Zuruf: Die vernünftigen Leute folgen den unvernünftigen!) — Lieber Herr Kollege Erdmannsdörffer, es iſt eine Ich möchte feſtſtellen, daß wir der Gewerkſchafts⸗ altbekannte Tatſache, und darum kommen wir nicht herum: die modernen Gewerkſchaften ſind in keiner Stadtverwaltung gern geſehen; ſie haben kämpfen müſſen, um nur Eingang zu finden. Wir haben uns darum kümmern und oft genug Debatten in dieſem Hauſe deswegen hervorrufen müſſen, Daß z. B. die Schriftſtücke, die die Gewerkſchaften an die Stadtverwaltung gerichtet haben, nicht prompt be⸗ antwortet worden ſind u. a. m. Alle dieſe Erſchei⸗ nungen haben die ganze Geſchichte ſo weit gebracht, daß wir nunmehr auch als Gewerkſchaftsführer Front gegen das machen müſſen, was die Arbeiterſchaft in ihrer Unwiſſenheit getan hat. Ich erkläre noch einmal: wir tragen hier die Schuld, daß die Dinge ſo weit gekommen ſind. Icch verwerfe unter allen Umſtänden das Ultimatum, das die Arbeiterſchaft der Stadtverwaltung geſtellt hat. Aber auf der andern Seite ſollen wir uns auch vor die Bruſt ſchlagen und ſagen: wir tragen einen großen Teil der Schuld daran, daß dieſe Erſcheinungen Platz ge⸗ griffen haben. (Widerſpruch bei den Demokraten.) Meine Herren, wir werden alles verſuchen, um der Arbeiterſchaft in unſeren ſtädtiſchen Betrieben Aufklärung zu bringen. Aber dazu iſt es dringend notwendig, daß uns auch freier Weg gegeben wird. Es iſt noch gar nicht allzu lange her, daß ich per⸗ ſönlich habe Sturm laufen müſſen, um den Arbeitern den Weg zu ebnen. Kurz vor der Revolution iſt den Sitzung am 22. Jannar 1090 2 2 alles daranſetzen werden, der Arbeiterſchaft in den ſtädtiſchen Betrieben die nötige Aufklärung zu geben; ich bitte aber von vornherein, daß unſer Vor⸗ gehen in keiner Weiſe und von keiner Stelle aus erſchwert wird. Geſchieht das nicht, dann dürfen wir uns nicht verwundern, wenn 99. einmal derarrige Erſcheinungen zu verzeichnen Ind. Bürgermeiſter D. Maier: Meine Herren! Ich bedaure, daß Herr Stadtv. Gebert die Ausführungen der beiden Herren Vorredner durch ſeine Ausfüh⸗ ungen vollkommen abgeſchwächt und dadurch das Thema, über das wir verhandeln, nach meinem Da⸗ fürhalten vollkommen verſchoben hat. Denn die Frage, die uns heute beſchäftigt, iſt keine ſpezifiſch Charlottenburger Frage, ſondern eine Frage, die da ganze Deutſche Reich betrifft. (Sehr richtig!) Es iſt alſo gänzlich ausgeſchloſſen, das irgendwelche Maßnahmen der Charlottenburger Verwaltung an den gegenwärtigen Erſcheinungen ſchuld ſein können. (Wiederholte Zuſtimmung bei den Demokraten.) bewegung in Charlottenburg, ſolange ich die Ehre habe, der Verwaltung anzugehören, keinerlei Schwie⸗ rigleiten bereitet haben. (Stadtv. Gebert: Doch!) — Ich ſtelle anheim, Herr Stadtw. Gebert, bei Ihrem „Doch!“ zu verbleiben. Ich ſtelle meiner⸗ ſeits feſt, daß das ein Irrtum iſt. Die Frage, wes⸗ halb damals die Tarifverträge nicht abgeſchloſſen worden ſind und weshalb die Mehrheit dieſes Hauſes ſich nicht auf den Standpunkt des Abſchluſſes der Tarifverträge geſtellt hat, lag keineswegs in der Ab⸗ neigung gegenüber den Gewerkſchaften. Damals ſind ganz andere Gründe maßgebend geweſen. In⸗ deſſen, darauf können wir heute nicht eingehen. Nicht wir, meine Herren, ſind ſchuld an der heutigen Entwickluna, ſondern die Verhältniſſe, die von den erſten beiden Rednern klar und deutlich geſchildert worden ſind. Das möchte ich ausdrücklich feſtſtellen, damit nicht in den Köpfen der Arbeiter der Eindruck erweckt wird, daß wir eine Aufklärung bei vihnen verhindert haben. Jedem, der die heutige Zeit mit Verſtändnis beobachtet, iſt es klar geworden, daß die gewerkſchaftlichen Organiſationen in ihrem Einfluß auf ihre Mitalieder zum großen Teil über den Hau⸗ fen gerannt ſind. 2 Segr richtig!) Arbeitern, wenn auch nicht von der Stelle des De⸗ gemte zernenten aus, ſo doch von einzelnen Vorarbeitern und Vorgeſetzten der Weg zur Organiſation äußerſt ſchwer gemacht worden. Weil das der Fall iſt, wende ich mich ganz energiſch dagegen, das Sie nun auf einmal das Unerhörte des Vorgehens der Ar⸗ 0 beiterſchaft ſo heworheben. Die Gründe liegen] ni tiefer. Ich kann hier die Erklärung abgeben — ichſ t r