12 Sitzung am 22. Januar 1919 jonſt könnte es nicht möglich ſein, daß heute noch Tagelöhne von 2,30 hier in der aller⸗ näch ſten Nähe von Berlin, in Bernau, gezahlt werden, ſonſt könnte es nicht möglich ſein, daß in einer mittleren Stadt Bran⸗ denburgs noch Wochenlöhne von 30 ℳ bei elfſtündiger Arbeitszeit gegeben werden. Nehmen Sie alſo nicht zu ſehr ein Inter⸗ eſſe für die Arbeiterſchaft für ſich in Anſpruch! Ein Abbau kann nur in Frage kommen, wenn das all⸗ gemeine Intereſſe es erheiſcht. Ich ſtelle aber noch einmal feſt, daß ich mich als Gewerkſchaftsführer gegen Lohnforderungen auf Grund eines aufge⸗ ſtellten Ultimatums mit aller Schärfe wende; aber ich kann auf der anderen Seite das Verlangen der Arbeiterſchaft und beſonders unſerer Arbeiterſchaft auch verſtehen, und es iſt ein Wunder, daß unſere Beamtenſchaft ſich ſo lange ruhig verhält, (Unruhe.) daß heutre noch Beamte vorhanden ſin d, die mit 8,— ℳ, 7,50 ℳ und 6,50 ℳ pro Tag nach Hauſe gehen. Stadtv. Katzenſtein: Meine Herren! Damit mein Antrag nicht mißverſtanden wird, möchte ich betonen, daß es darin heißen ſoll: „Vertreter der beteiligten Arbeiter zu hören“. Es iſt nicht be⸗ antragt, ſie als Mitglieder in den Ausſchuß aufzu⸗ nehmen. Es ſteht ja dem nichts im Wege und iſt auch ſonſt ſchon geſchehen, daß Ausſchüſſe Sachver⸗ ſtändige irgendwelcher Art gehört haben. So wird es wohl auch zuläſſig ſein, daß die Arbeiter durch ihre Vertreter ihren Standpunkt begründen, und ich will hoffen, daß es möalich ſein wird, daß die Arbeiter die Gründe auch der anderen Seite hören und würdigen. Herr Kollege Dr Stadthagen hat eine Behaup⸗ tung widerlegt, die ich nicht aufgeſtellt hatte. Ich hatte gar nicht daran gedacht, zu ſagen, daß ſich ge⸗ rade in den letzten Monaten erhebliche Preisſteige⸗ rungen vollzogen hätten, obwohl mir bekannt iſt, was ich jetzt bemerke, daß auf dem Gebiete des Schleich⸗ handels die Preisſteigerungen auch in den letzten Monaten fortgedauert haben. Aber ich habe nicht von den Preisſteigerungen in den letzten Monaten, ſondern von der allgemeinen, im Laufe des Krieges erfolgten Preisſteigerung geſprochen, und ich finde es begreiflich — und jeder von Ihnen wird es begreiflich finden —, daß die Klaſſen, die dar⸗ unter beſonders ſchwer gelitten haben, nun, nachdem der ſchwere Druck der Kriegsherrſchaft und des Be⸗ lagerungszuſtandes von ihnen genommen iſt, die Gelegenheit benutzen, wenigſtens einigermaßen das auszugleichen, was ſie vorher gelitten haben. Ich ſage: wenn es ſich nicht um mehr handelte, würde ich es billigen. Ich muß es mißbilligen, da es ſich tat⸗ ſächlich um mehr handelt, und ich zweifle gar nicht, daß dicſe neuen Lohnerhöhungen dazu führen müſſen, daß die Preiſe, wie wir ſie hier für Gas, Kohle und auf allen anderen Gebieten erleben, tatſächlich weiter ſteigen werden. Herr Kollege Dr Eyck hat geſagt, es ſei eine Kri⸗ tik des Sozialismus, die jetzt durch die Tatſachen ge⸗ übt werde, daß die Arbeiter heute in vielfach unſo⸗ gialiſtiſcher Weiſe verfahren. Ich finde darin keine Kritik des Sozialismus, ſondern die Feſtſtellung, daß ein erheblicher Teil der Arbeiter heute für den So⸗ ialismus noch nicht reif iſt. Das iſt ebenfalls eine dauerlich iſt. Sie beweiſt nur, daß der kapitaliſtiſche Geiſt nicht bloß die kapitaliſtiſchen Klaſſen, 4 auch einen ſehr beträchtlichen Teil der Arbeiterklaſſe erfaßt hat, und in jedem Falle muß das bedauert und entſchieden verurteilt werden, daß in der Art, wie das jetzt ſchon mehrfach geſchehen iſt, ſchroff vor⸗ gegangen wird. Der Arzt, der etwa mitten in einer Operation abſetzte, um eine Erhöhung ſeines Hono⸗ rars herauszuſchlagen, würde mit Recht als Erpreſſer bezeichnet werden, und ich meine, wir müſſen auch von der Selbſtachtung der Arbeiter verlangen, daß ſie ein derartiges Verfahren nicht anwenden, ge⸗ wiſſermaßen ohne Verhandlungen mit der ſofortigen Einſtellung ihrer lebensnotwendigen Arbeit dann zu drohen, wenn ihnen ihre Forderungen nicht ſofort bewilligt werden. Wie geſagt, ich hoffe, daß die Verhandlungen im Ausſchuß, wenn die beteiligten Arbeiter dabei als Informatoren und als Hörer mitwirken können, viel⸗ leicht zu einer Verſtändigung führen werden. Die Zeit wird ſicher wieder kommen, wo die Nachwirkun⸗ gen der Kriegspſychoſe und auch der Revolutionspſy⸗ choſe, möchte ich ſagen, die ſich aus dem raſchen Zu⸗ ſammenbruch eines alten Druckes ergeben hat, ſo⸗ weit ſchwinden werden, daß wir wieder ernſthaft ſo⸗ zialiſtiſch arbeiten und auch raſcher mit Hilfe der be⸗ treffenden Arbeiterſchaft zu ſozialiſtiſchen Einrichtun⸗ gen kommen. Stadtrat Caſſirer: Meine Herren! Nachdem Ihnen der Herr Referent die Ausſchußberatung emp⸗ fohlen hat und anſcheinend dieſem Votum entſprochen werden wind, kann ich mich hier kurz faſſen, weil ich ja Gelegenheit haben werde, in den Ausſchußbera⸗ tungen zu den Aeußerungen der einzelnen Herren Redner Stellung zu nehmen. Wenn ich aber trotz⸗ dem hier das Wort ergreife, ſo tue ich es deshalb, damit nicht etwa der Eindruck entſteht, der durch die Ausführungen des Herrn Stadtv. Gebert hier hervorgerufen werden könnte, als wenn zwiſchen der Arbeiterſchaft der Gaswerke und dem Magiſtrat bzw. der Direktion ein Verhältnis beſtände, das als gut nicht bezeichnet werden kann. Genau das Gegenteil iſt der Fall. Meine Herren, mehr als 20 Jahre habe ich bereits das Dezernat der Gaswerke, und in dieſer langen Zeit iſt, von einem einzigen Fall abgeſehen, nie eine Mißſtimmung zu verzeichnen geweſen. Ich kann das Verhältnis zwiſchen der Arbeiterſchaft der Gaswerke und dem Magiſtrat ſogar als ein beſonders gutes bezeichnen und ferner feſtſtellen, daß auch in dieſer ſchweren Zeit das Verhältnis als ein gutes anerkannt werden muß und daß der größte Teil der Arbeiter nur unter dem Terror einzelner ſo handelt. (Hört! hört!) Würde man der Mehrzahl unſerer Arbeiter freie Hand laſſen, ſo würden ſie zweifellos nicht die Wege gegangen ſein, die ſie jetzt gegangen ſind. Nun noch ein Wort zu den Ausführungen d Herrn Stadtv. Katzenſtein! Die Arb aben ih Forderungen damit begründet, daß loſigkeit ſteuern wollten, und Herr ſtein hat gemeint, daß, wenn die gehen wollten, es ihre Opfer zu bringen. punkt hat der Ma⸗ Magiſtrat und ich lungen daß ſie einer atſache, die für uns Sozialdemokraten tief be⸗