14 Sitzung am 22. Januar 1919 fung des Lebensunterhalts kaum noch aus. Die Preiſe für die Lebensbedürfniſſe ſind ſo gewaltig ge⸗ ſtiegen, daß es ſelbſt für die höheren Beamten — da ich höherer Beamter bin, kann ich zunächſt nur von meinem Standpunkt aus ſprechen — außerordentlich ſchwer iſt, noch durchzukommen. Die Löhne, die der einfache Lohnarbeiter jetzt fordert und unter dem Druck der Zeit erhält, ſind erheblich höher als das Gehalt, das der höhere Beamte, das der Amtsrichter, der Staatsanwalt, beſonders im Anfana, bezieht. Sehr richtig!) Der Amtsrichter erhält, wenn er mit ungefähr 32 bis 34 Jahren angeſtellt wird, 3000 ℳ Gehalt und etwa 1000 oder 1200 ℳ Wohnungsgeldzuſchuß. Das iſt das Gehalt eines Beamten, der 8—10 Jahre ſtu⸗ diert und in dieſer Zeit große Aufwendungen gemacht hat, um überhaupt ſoweit zu kommen, daß er auf eine Beamtenſtelle rechnen kann. Die mittleren und unteren Beamten haben ſich, wie ich mich erſt heute Morgen in einer Beamtenausſchußſitzung überzeugen konnte, mit den Zuſtänden nach Möalichkeit ab⸗ gefunden, und es iſt in der Tat erfreulich, zu ſehen, wie dieſe Herren bisher bereit geweſen ſind, die Opfer auf ſich zu nehmen, die ihnen zugemutet wor⸗ den ſind. Nach den Geſinnungen, die zum Ausdruck gekommen ſind, dürfen wir erwarten, daß ſie den Unfug und die Unvernunft, wie es mit Recht be⸗ zeichnet worden iſt, die die Arbeiter an den Taa legen, auf keinen Fall mitmachen werden. Auch unſere unteren Beamten ſind davon überzeugt, daß, wenn mit weiteren Forderungen vorgegangen wird. die notwendige Folge davon iſt, daß ein Ende nicht mehr abzuſehen iſt, und jeder hält ſich vor Augen, daß das der Zuſammenbruch unſerer wirtſchaftlichen Verhältniſſe und des ganzen Staates in allerkürzeſter Zeit ſein wird und ſein muß. Was dann folgt, läßt ſich nicht beſchreiben. Deshalb möchte ich den Herren von der Sozial⸗ demokratie, deren gute Geſinnung, ſoweit ſie heute zum Ausdruck gekommen iſt, ich durchaus anerkenne, anempfehlen, daß ſie den übertriebenen Lohnforde⸗ rungen mit allem Nachdruck entgegentreten und vor allen Dingen vermeiden möchten, das Auftreten der Arbeiter in irgendwelcher Form zu entſchuldigen und einen Grund dafür in Handlungen oder in Vor⸗ gängen zu ſuchen, die ſich auf irgendeiner anderen Seite zugetragen haben. Nur mit entſchiedener Eneraie und Widerſtandskraft iſt es möalich, dem Druck mit Erfolg entgegenzutreten. (Bravo!) (Ein auf Schluß der Ausſprache geſtellter An⸗ trag wird hierauf genügend unterſtützt und an⸗ genommen.) Stadtv. Gebert (perſönliche Bemerkung): Ich möchte Herrn Kollegen Schwarz nur ſagen, daß ich weder gelacht, noch auch gelächelt habe, ſondern daß mir die Debatte ſo ernſt war, daß ein Lächeln in mir gar nicht aufſteigen konnte. Meine Gedanken waren vielmehr ſo ſehr mit dem Ernſt der Sache beſchäftigt,] Ber daß ich darüber wahrhaftig nicht lächeln konnte. Stadtv. Schwarz (perfönliche Bemerkung): Ich] A freue mich über die Konſtatierung des Herrn legen Gebert. 2 (Nachdem Stadw. Katzenſtein ſeinen Antrag zu gunſten des von dem Stadtv. Meyer formulierten Antrags zurückgezogen hat, wird die Vorlage des Magiſtrats mit großer Mehrheit einem Ausſchuß von 15 Mitgliedern zur Vorberatung überwieſen und der Antrag des Stadtw. Meyer ebenfalls mit großer Mehrheit angenommen. Zu Ausſchußmit⸗ gliedern werden gewählt die Stadtv. Dr Borchardt, Brix, Dunck, Erdmannsdörffer, Dr Eyck, Dr. Frentzel, Friedrich, Haack, Jaſtrow, Katzenſtein, Leupold, Marzahn, Meyer, Panſchow und Zielenziger.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Borchardt: Wir kommen nunmehr zu Punkt 3 der Tagesordnung: Vorlage betr. Koſtendeckung für die Arbeiten zur Be⸗ kämpfung der Arbeitsloſigkeit. — Druckſache 9. (Die Verſammlung beſchließt, nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Im Anſchluß an den Stadtverordneten⸗ beſchluß vom 4. Dezember 1918 — Druckſache Nr. 162 — wird zugeſtimmt, daß für die Ar⸗ beiten zur Bekämpfung der Arbeitsloſtgkeit die nicht bereits anderweit gedeckten Mittel von 9 598 400 ℳ zunächſt bei den Kriegsvorſchüſſen verausgabt werden, deren Deckung z. T. als Ueberteurungszuſchüſſe vom Reich und vom Staat anzufordern iſt und hinſichtlich des Reſt⸗ betrages einem beſonderen Gemeindebeſchluſſe — Finanzierung aller ſtädtiſchen Kriegsaus⸗ gaben — vorbehalten bleibt.) Das Protokoll der Sitzung vollziehen heute die Herren Stadtv. Richter, Wenig und Zielenziger. In den Ausſchuß zur Vorberatung der Vorlage betr. Gaspreiserhöhung wünſcht Herr Kollege Meyer nicht einzutreten; an ſeiner Stelle wird Herr Kollege Kaufmann vorgeſchlagen. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.) Wir kommen nunmehr zu Punkt 4: Vericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Reu⸗ ſchaffung von § Ag — Druckſache 175 für 41918. Berichterſtatter Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Bei der erſten Beratung dieſer Vorlage war von mehreren Seiten darauf hingewieſen wordenec, daß es vielleicht möglich wäre, mit einer geringeren Zahl neuer Beamtenſtellen auszukommen, daß ent⸗ weder die Direktorſtelle überflüſſig wäre oder daß ſie vielleicht mit dem Poſten des Direktors für die Straßenreinigung verbunden werden könnte. In dem Ausſchuß hat der Magiſtrat unter Vorlegung weitgehenden Materials nachzuweiſen verſucht, daß eine Vereinigung dieſer beiden Stellen nicht angängig wäre. 1 . 42 Ausſchußmitgliedern wurde demgegenüber darauf hingewieſen, da bedenklich wäre, in der jetzigen ſcheidung der Frage der Einge liner Gemeinden in neue Beamtenſtellen ſeits wohl auch mö rbeiten mit einem