24 Sitzung am 5 Punkt 5: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Gas⸗ preiserhöhung. — Druckſachen 8, 20. Berichterſtatter Stadtv. Dunck: Meine Herren! Der Ausſchuß, den Sie zur Beratung der Vorlage betr. Gaspreiserhöhung eingeſetzt hatten, hat, wie be⸗ ſchloſſen, auch Vertreter der Arbeiter zugezogen. Nicht die Vertreter der Organiſation waren es, ſon⸗ dern jene Führer, welche die Lohnbewegung ins Le⸗ ben gerufen haben. Die Anſprüche der Arbeiter be⸗ wegen ſich nach drei Richtungen: einmal wird eine Lohnerhöhung verlangt, die ca. 10% ausmacht, ferner eine mindere Arbeitszeit, was 25% beträgt, und es wird außerdem heute eine mindere Leiſtung von den Arbeitern gegeben. Die Vertreter der Arbeiter wurden nach der Be⸗ gründung gefragt, und ſie erklärten zu dem erſten Punkte, daß die außerordentliche Teuerung der Nah⸗ rungsmittel, der Bekleidungsgegenſtände, des Schuh⸗ werks uſw. ſie nötige, weſentlich höhere Löhne als ſeither zu fordern. Dieſe Begründung wurde für nicht zureichend erachtet; denn die Lohnerhöhung iſt immer der Steigerung der Lebensmittelpreiſe gefolgt, und die Löhne, die Anfang Januar beſtanden haben, konnten durchaus als auskömmliche gelten. Wenn allerdings ein Vertreter der Arbeiter erklärt hat, daß er für zwei Stück Seife 28 ℳ habe zahlen müſſen, ſo iſt das ein draſtiſcher Beweis für den Marrſchen Ausſpruch: Je höher die Löhne, deſto geringer der Geldwert. Wenn die Arbeiter fortfahren, in dieſer Weiſe die Löhne zu erhöhen, werden ſie immer wie⸗ der erfahren, daß der Preis der täglichen Bedarfs⸗ gegenſtände auch in die Höhe geht. So gibt es eine Schraube ohne Ende; ein Zwang ruft ſofort den andern hervor, die Schlange beißt ſich immer wieder in den Schwanz. Bezüglich der minderen Arbeitszeit wurde gel⸗ tend gemacht, daß die Arbeiter bei der jetzigen Er⸗ nährungsweiſe nicht 8 Stunden arbeiten könnten. Dieſe Begründuna iſt noch weniger ſtichhaltig als die wegen der Lohnerhöhung. Denn die Schwer⸗ arbeiter, die Ofenarbeiter, die hauptſüchlich in Be⸗ tracht kommen, haben gar nicht 8 Stunden zu ar⸗ beiten; bei der Achtſtundenſchicht haben ſie tatſächlich nur 4 Stunden täalich zu arbeiten, denn das Auf⸗ ſchütten und Durchſtoßen der Kohle durch den Ofen mit eiſernen Stangen geſchieht nicht fortwährend. Bei der Sechsſtundenſchicht brauchen die Arbeiter tatſächlich 3 Stunden Arbeit zu leiſten. 8 Wie ein roter Faden zog ſich durch die Ausfüh⸗ rungen der Arbeiter, daß ja Berlin dieſe neuen For⸗ derungen bewilligt habe; infolgedeſſen ſei Charlotten⸗ burg gar nicht in der Lage, ſie abzulehnen. Die mindere Leiſtung, die die Arbeiter heute zutage bringen, haben ſie damit begründet, daß ein⸗ mal die Loren ſchlechter geſchmiert ſeien als früher, wodurch mehr Arbeitskräfte für eine Lore erforderlich wären, und daß die Kohle derartig ſchlecht ſei, daß ſie ſich im Ofen feſtſetze und mit eiſernen Stangen durch⸗ geſtoßen werden müſſe, was ſehr anſtrengend ſei. Auch dieſe Gründe wurden vom Ausſchuſſe als nicht ſtichhaltig anerkannt. Die Arbeiter machten auch geltend, daß ſie von Februar 1919 heirateter, und ein Familienvater mit mehreren Kindern mehr Einkommen als ein ſolcher mit einem Kinde, — daß gerade Charlottenburg in dieſer ſo⸗ zialen Fürſorge für die Arbeiter vorangegangen iſt⸗ dann iſt man aufs höchſte erſtaunt, jetzt zu hören, daß die Arbeiter von dieſer ſegensreichen Einrichtung, wie ſie ſie früher ſelbſt bezeichnet hatten, heute nichts mehr wiſſen wollen. Allerdings ließen ſie durch⸗ blicken, es gäbe ja keine Unzuträglichkeiten, wenn man ihnen die Familienzulage zu anderer Zeit und an anderer Stelle auszahlte als gerade gelegentlich der Lohnzahlung, denn hier führe das zu Neckereien und Unzuträglichkeiten, ebenſo während des Betriebs. Wir müſſen abwarten, wie lange die Arbeiter auf ihrem Standpunkt, daß Familienzulagen zu verwer⸗ fen ſeien, beſtehen bleiben. Von einer Seite war ein Antrag geſtellt wor⸗ den, die neuen Tarife und die verminderte Arbeits⸗ zeit längſtens bis Ende März zu befriſten, ſo daß dann automatiſch der frühere Zuſtand wieder ein⸗ träte. Der Ausſchuß ging hierauf aber nicht ein, da erſtens die Bewilligung der Löhne nicht Sache der Stadtverordnetenverſammlung, ſondern Sache der Verwaltung iſt, und da in der Vorlage ausdrücklich ausgeſprochen iſt, daß wir den jetzigen Zuſtand nur als vorübergehend betrachten, den wir abändern müſſen, ſobald die Verhältniſſe es geſtatten. Der Ausſchuß befand ſich alſo genau in derſelben Zwangslage, in der ſich Deputation und Magiſtrat befunden hatten: er mußte, eben weil Berlin die Lohnerhöhung bewilligt hatte, die für Berlin über 15 Millionen Mark mehr an Arbeitslöhnen im Jahre ausmacht, notgedrungen auch in den ſauren Apfel beißen und die neuen Tarifſätze ſowie die verminderte Arbeitszeit bewilligen. Der Antrag Abſatz a wurde alſo angenommen, wonach die Arbeitszeit der Schicht⸗ arbeiter bei den Gaswerken im Durchſchnitt in der Woche 42 Stunden beträgt. Infolgedeſſen mußte auch Abſatz b angenommen werden, wonach der Gaspreis um 4 „ für die Monate Februar/März erhöht wird. Die Bürgerſchaft muß empfinden, daß, wenn ſolche maßlos übertriebenen Forderungen ſei⸗ tens der Arbeiter geſtellt werden, das ſofort ſeinen Ausdruck im Gaspreiſe findet. Würden wir die Er⸗ höhung des Gaspreiſes nicht vornehmen, ſo würden die Gaswerke in Kürze mit Verluſt arbeiten, ein Zu⸗ ſtand, der natürlich weder von uns geduldet werden kann, noch von der Regierung gedulder werden würde. Wir alle müſſen mehr arbeiten, wenn wir uns erhalten wollen. Wohin die Streiks in den Kohlenrevieren geführt haben, ſehen wir ja daran, daß wir Gasſperrſtunden haben einführen müſſen und daß wir Wärmehallen, die jetzt bei der Kälte dringend notwendig aeweſen wären, 1 konnten, alſo auf dieſe ſo wünſc Einrichtung verzichten mußten. 22 2 Unſche 5 der Familienzulage heute nichts mehr wiſſen wollten. Wenn man bedenkt der Arbeiter war, Familienzulagen was ſie damit beg Mann mehr Einkommen 2 „das es jahrelang der Wunſch haben müſſe als ein umwer⸗ an erhalten,( ründeten, daß ein derheirateter