S itzung am 5. März 1919 Stadtv. Dr. Borchardt: Die Bedürftigkeit einer umfaſſenden Aenderung unſerer bisherigen Geſchäfts⸗ ordnung erkennen meine Freunde ebenfalls an und würden daher den Antrag, eine Kommiſſion zur Aenderung der Geſchäftsordnung einzuſetzen, einen beſonderen Widerſtand nicht entgegenſetzen. Aller⸗ dings ſind meine Freunde der Meinung, daß die Aenderung unſerer Geſchäftsordnung nicht zu den allerdringendſten Aufgaben gehört, die uns gerade in der allernächſten Zeit bereits beſchäftigen müſſen. Deswegen legen meine Freunde kein Gewicht darauf, eine umfaſſende Aenderung und Prüfung der bis⸗ herigen Geſchäftsordnung ſchon in der nächſten Zeit vorzunehmen, weil wir uns bewußt ſind, daß gerade in der allernächſten Zeit eine ſolche Fülle von Ar⸗ beit in der Stadtwerordnetenverſammlung zu leiſten iſt, daß alle Mitalieder auf das Aeußerſte angeſtrengt ſein werden. Daher, glauben wir, wird es gut ſein, den Ausſchuß zur Aenderung der Geſchäftsordnung etwas zu vertagen. Was dagegen den eben aeſtellten Antrag betrifft, dieſe Aenderung in der Repräſentation der Verſamm⸗ lung eintreten zu laſſen, ſo ſind meine Freunde der Anſicht, daß dieſer Antrag ſich einmal aus dem Grunde empfiehlt, weil ſchon bisher mehrfach die Notwendigkeit hervorgetreten iſt, neben dem zweiten Vorſteher einen dritten zu haben, und ad hoc ein Notvorſteher gewählt wurde oder auch der Alters⸗ vorſteher mehrfach eingreifen mußte. Außerdem ſind wir aber der Meinung, daß die ganze Zuſammen⸗ ſetzung der Verſammlung nach außen hin auch beſſer in die Erſcheinung tritt, wenn wir drei Vorſteher, alſo zwei Stellvertreter neben dem Vorſteher, wäh⸗ len. Meine Freunde werden dem Antrag daher zu⸗ ſtimmen. Altersvorſteher Jaſtrow: Es liegt hierzu leine weitere Wortmeldung vor; die Ausſprache. iſt ge⸗ ſchloſſen. Ich laſſe jetzt über den Antrag abſtimmen. Soll ich ihn nochmals verleſen? (Rufe: Nein!) Ich bitte diejenigen, die für dieſen Antrag ſind, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Das iſt die große Mehrheit. ie im Sie leihen, daß derſo g] Austrag hineinge 33 Wir kommen dann zum zweiten Punkt der Tagesordnung: Wahl der Mitglieder des Vorſtandes der Stadt⸗ verordnetenverſammlung (Vorſteher, deſſen Stell⸗ vertreter und vier Beiſitzer), und zwar zunächſt zur Wahl des Vorſtehers. Sie finden auf Ihren Plätzen die erforderlichen Stimmzettel. Ich bitte, darauf den Namen des⸗ jenigen zu vermerken, den Sie wählen wollen. Ich werde dann die Zettel einſammeln laſſen. (Die Wahl erfolgt. Das Ergebnis wird ermittelt.) Das Wahlergebnis iſt folgendes: Es ſind 76 Stimmzettel abgegeben worden. Davon ſind 15 un⸗ heſchrieben, alſo unaültig. Es bleiben 61 aültige Stimmen, die ſämtlich für Herrn Dr. Borchardt ab⸗ gegeben worden ſind. Ich frage Herrn Dr Borchardt, ob er das Amt annimmt. (Stadtv. Dr Borchardt: Ich nehme die Wahl mit Dank an!) Dann bitte ich Herrn Dr Borchardt, hier dieſen Platz einzunehmen. Vorſteher Dr Borchardt: Verehrte Anweſende Indem ich das Amt, zu dem mich Ihr Vertrauen berufen hat, übernehme, will ich zunächſt unſerm ver⸗ ehrten Altersvorſitzenden den Dank für die Freudig⸗ feit und die uns alle erfreuende Friſche und Tatkraft abſtatten, mit der er die Geſchäfte bis zu dieſem Moment geleitet hat. Wir können hoffen, daß wir ihn noch lange unter uns ſehen. Allerdings wollen wir hoffen, daß er zu dem Amt, das er eben verſehen hat, nicht wieder berufen wird, daß der Geſchäfts⸗ gang ein regelmäßiger iſt und daß eine Vertretung durch den Altersvorſitzenden nicht mehr nötig ſein wird. Im übrigen aber wollen wir der Hoffnung Ausdruck geben, den verehrten Herrn Altersvorſitzen⸗ den in rechter Friſche noch recht lange bei uns zu ſehen. (Bravo!) Meine Damen und Herren! — (Heiterkeit.) Verehrte Anweſende! Die Anſchauungen, die in dieſem Saale vertreten ſind, ſind naturgemäß zu einem ſtarken Teil ſehr gegenſätzlicher Art, und es wird der Gegenſatz in den Weltanſchauungen, auf denen die verſchiedenen Parteien beruhen, ſelbſtver⸗ ſtändlich auch in unſeren Verhandlungen zu einem ſehr ſcharfen Ausdruck kommen, es wird hier häufig zu ſehr ſcharfen Auseinanderſetzungen Anlaß ſein. Aber, verehrte Anweſende, je ſchärfer der ſachliche Austrag der gegenſätzlichen Anſchauungen iſt, um ſo weniger wird es nötig ſein, dem ſachlichen Gegenſatz fund der Schärfe ſeines Austrags eine beſondere Spitze und eine beſondere Verbitterung dadurch zu ver⸗ liche Gegenſätze in den ſachlichen führt werden. Wir alle müſſen uns bewußt ſein, daß der ſachliche Gegenſatz auf