47 Sitzung am 12. März 1919 Vorlage unterſtützen wollen, weil wir zurzeit nichts Beſſeres haben und weil wir glauben, damit der Bürgerſchaft einen Dienſt zu erweiſen. (Bravol) Stadtv. Skaller: Meine Damen und Herren! Ich bin über die Begründung, die der Kollege Herr Juſtizrat Dr Broh für die Ablehnung hier vorge⸗ bracht hat, einigermaßen verwundert. Meine Freunde werden ſelbſtverſtändlich alle Anträge, die dahin gehen, ſeitens der Stadt den Arbeitern Kunſt⸗ genüſſe zu verſchaffen, in weiteſtem Maße unier⸗ ſtützen, und wir werden Ihnen ſchon in Kürze dies⸗ bezügliche Anträge vorlegen. Mit der Begründung aber, weil wir noch mehr verlangen, das Wenige, was geboten iſt, abzulehnen, kann ich mich keines⸗ wegs einverſtanden erklären. Nach der Darſtellung des Herrn Juſtizrat Dr. Broh ſieht es ſo aus, als ob der Goethebund etwas leiſte, was von ſeiten der Ar⸗ beiterſchaft zurückgewieſen werden müßte. Es ſcheint mir doch, als ob Herr Kollege Broh etwas mangel⸗ haft darüber orientiert iſt. Wenn er ſich z. B. hätte ſagen laſſen, daß der bekannte Rezitator Ludwig Hart eines der revolutionärſten Heine⸗Programme im Goethebund vorgetragen hat und daß ſelbſt dieſes Programm Unterſtützung gefunden hat in der Par⸗ tei, die Herr Broh vertritt, dann würde er ſolches Argument hier nicht vorgetragen haben. Wenn den Arbeitern Gelegenheit geboten wird — und es muß mit Nachdruck dahin gewirkt werden, daß ſolche Ver⸗ anſtaltungen auch von Arbeitern beſucht werden —, in anſtändiger Weiſe Kunſt zu genießen, ſo muß das unter allen Umſtänden Unterſtützung finden. (Sehr richtigl) Ich muß auch ſagen, ich finde es eigentümlich, wenn man zur Begründung ausführt: wir wollen eine Veranſtaltung ſchaffen, bei der in erſter Linie arbeitsloſe Künſtler unterſtützt werden. Ich muß im Namen gerade der Arbeiter dagegen proteſtieren, daß in Kunſtſachen das Wort „arbeitslos“ eine Rolle ſpielt und daß vielleicht eine ſchlechte Kunſt den Ar⸗ beitern deshalb geboten wird, weil ein arbeitsloſer Künſtler unterſtützt werden ſoll. (Sehr richtigl) 2 kann ſich bei Kunſtfragen nur darum handeln, daß ſtets das Beſte geboten wird. Wenn Kollege Dr Broh ferner geſagt hat, daß die Stadtverordnetenverſammlung bzw. der Ma⸗ giſtrat den Bankier ſpielen würde, ſo iſt das auch nicht richtig. Ebenſo iſt ſeine Darſtellung bezüglich] des Verhältniſſes der Freien Volksbühne nicht rich⸗ tig. Die Freie Volksbühne hat von der Stadt Berlin zum Betriebe eine außerordentlich große Summe als weite Hypothek erhalten. Die Freie Volksbühne iſt aaquch bei anderen Gelegenheiten unterſtützt worden, und das iſt um ſo intereſſanter, 1. die Freie Volks⸗ bühne ein Verein iſt, bei deſſen Begründung und bei deſſen Weiterbegründung der fri 1. 7 Dr Broh, Dr Mehring, mit mir gemeinſam mitgewirkt hat gegen die e Genoſſe des „enen i Lae 0 ne“, die die e et eren wollten. tanm Dieſer Verein Freie Volksbühne iſt alſo vom Ma⸗ giſtrat unterſtützt worden. Ich verſtehe es nicht, wie hier außer acht gelaſſen werden kann, daß dabei der Magiſtrat eine ganz ähnliche Rolle geſpielt hat, wie er es hier tun muß. Ich kann den Eindruck nicht 1os werden, als ob hier andere als ſachliche Gründe maßgebend ſind —.— Vorſteher Dr Borchardt (unterbrechend): Herr Kollege! Ich muß Sie bitten, einem anderen Kol⸗ legen nicht andere als ſachliche Motive unterzu⸗ ſchieben. Stadtv. Skaller: Alſo ich beſcheide mich. Ich möchte dann jedenfalls nur die Unabhängigen bitten, die Sache noch einmal zu prüfen und ſich zu über⸗ legen, daß tatſächlich hier die Intereſſen der Arbeiter⸗ ſchaft dadurch gewahrt werden, daß der Goethebund eine Unterſtützung erfährt. Eine Kontrolle kann ſelbſtverſtändlich jederzeit geführt werden. Ich wie⸗ derhole, daß wir auf das weitgehendſte alle Anträge, die darauf hinausgehen, die Arbeiterſchaft mit Kanſt zu verſorgen, unterſtützen werden. (Bravo! Vorſteher Dr. Borchardt: Weitere Wortmeldun⸗ gen liegen nicht vor. Ich ſchließe die Ausſprache. Wir kommen zur Abſtimmung. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats wie folgt: Dem Goethebund Berlin, Ausſchuß für Volksunterhaltungen, wird eine einmalige Beihilfe von 2000 ℳ aus dem Vorſchuß⸗ Sonderkonto „Kriegswohlfahrtspflege“ be⸗ willigt.) Für den Ausſchuß zu Punkt 4 der Tages⸗ ordnung ſind vorgeſchlagen die Stadtverordneten Heidrich, Horlitz, Klick, Künzel, Meyer 11, Mickler, Panſchow, Rackwitz, Dr. Rothholz, Scharnberg, Toſt, Troebs und Zielenziger. — Ich erkläre die Herren für gewählt. Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung: Vorlage betr. Ausdehnung der Fortbildungsſchul⸗ pflicht auf ſämtliche gewerblichen Arbeiterinnen. Stadtv. Künzel: Die Bürgerliche Fraktion iſt grundſätzlich mit der Vorlage einverſtanden. Wir begrüßen insbeſondere mit Freude, daß die arbeits⸗ loſen jugendlichen Arbeiterinnen zum Fortbildungs⸗ ſchulunterricht jetzt herangezogen werden ſollen. Ich möchte nun noch auf einzelne Punkte hinweiſen: Vorgeſehen ſind drei wiſſenſchaftliche und drei techniſche Stunden. Das Wort „wiſſenſchaftlich“ wird wohl hier nur mehr ein Terminus technicus ſein ſollen. Wir vermiſſen eins, 4 den Re⸗ digionsunterricht, 412 2 Geiterteit bei den Sozialdemo⸗ kraten) A auf dem Religionsunterricht der Volks⸗ Wir wollen heute ebenſo wie bei der Goethe⸗ undfrage auch jetzt bei der Frage des Religions⸗ in d e e keine Kultur⸗