Sitzung am 12. Märs 1919 der Volksgeſundheit und der Hebung der Volkskraft auch in den Fortbildungsſchulen nicht ungenutzt blei⸗ ben dürfen. Wir müſſen darangehen, den obliga⸗ toriſchen Turn⸗ und Spielunterricht auch in unſere gewerblichen und kaufmänniſchen Fortbildungs⸗ ſchulen möglichſt bald einzuführen. Gerade die ge⸗ werbliche und kaufmänniſche Jugend hält ſich zum größten Teil tagsüber in Räumen auf, denen es an friſcher und reiner Luft, an Licht und Sonne fehlt. Auch die ſitzende Beſchäftigungsweiſe einer großen Anzahl der Jugendlichen erfordert dringend einen Ausgleich durch Spielen, Turnen und Sport. Der Magiſtrat wird nicht umhin können, recht bald große Spielplätze im Freien, vielleicht in der Jungfern⸗ heide, anzulegen. Auch die Anlage einer Sommer⸗ badeanſtalt wird eine der nächſten Aufgaben ſein. Wenn noch ein Unterricht in der Fortbildungs⸗ ſchule eingeführt werden ſollte, ſo wäre das vielleicht ein Unterricht zur Erziehung des äſthetiſchen Ge⸗ ſchmacks, ein Kunſtunterricht. Meine Freunde ſind der Meinung, daß auch hierin in nächſter Zeit Wan⸗ del geſchafft werden muß, ſchon darum, weil das unterrichtliche Intereſſe der Jugendlichen dadurch gefördert werden kann, daß nicht bloß in einſeitiger Weiſe der Intellekt, ſondern auch die Gefühlsbil⸗ dung, die äſthetiſche Bildung der Jugendlichen ge⸗ ſchult wird. Hierzu würden vielleicht Gänge in un⸗ ſere Muſeen gehören, auch Schülervorſtellungen, ähnlich wie wir es in unſeren Volksſchulen haben. Dann würde zu erwägen ſein, ob nicht bei der Er⸗ neuerung des Vertrages mit dem Opernhaus eine größere Anzahl von Karten unſeren Jugendlichen entweder unentgeltlich oder zu ganz mäßigen Preiſen überlaſſen werden könnte. Das würde für die Ent⸗ wicklung der Geſchmacksrichtung, der äſthetiſchen Bil⸗ dung von ungeheurem 49 für unſere Jugend⸗ lichen ſein. Wenn hier geſagt worden iſt, daß der Fort⸗ bildungsunterricht möglichſt in die arbeitsfreie Zeit gelegt werden ſoll, ſo müſſen meine Freunde ganz energiſch dieſem Wunſche aviderſprechen. Der Fort⸗ bildungsſchulumterricht — das möchten wir nach⸗ drücklich betonen — gehört in die Arbeitszeit, und es iſt nicht zu verſtehen, wie etliche Gewerbetreibende und Unternehmer ſich heut noch auf einen ablehnen⸗ den Standpunkt ſtellen und es an der richtigen Wert⸗ ſchätzung des Fortbildungsſchulunterrichts fehlen laſſen könmen. Denn indirekt haben ſie doch ſelbſt den größten Nutzen von dieſem Unterricht. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß abfällige Bemerkungen der Unternehmer oder Arbeitgeber die Schulfreudigkeit], der Jugend nicht gerade erhöhen. Vielleicht find die zahlreichen Schulverſäumniſſe auch auf dieſe Stel⸗ lung der Arbeitgeber zurückzuführen. Wir wünſchen ſogar und möchten bitten, daß der Magiſtrat wenn möglich Schritte zur Verwirklichung dieſes Wunſches tut, daß die Stunden, die den Arbeitgebern durch den Fortbildungsſchulunterricht verloren gehen, den 4. nicht vom Wo n abgezogen wer⸗ Gerade aus wirtſchaftlichen Gründen werden 2 der Jugendlichen genötigt ſein, den Fortbil⸗ lunterricht zu verſäumen. Wir mochten ausdrücklich die Bitte ausſprechen, darf zum Ausdruck den Beſtrebun⸗ u agiſtrat den Anregungen. die ich hier vor⸗ der chgehe. Ich 49 lichen Ertüchtigung der Jugend zum Ziele haben, ſtets mit Freuden mitarbeiten wird. (Bnavo!) Stadtv. Dr. Löwenſtein: Auch meine Freunde und ich ſtimmen der Vorlage des Magiſtrats zu, weil ſie eine Gelegenheit für Die bildungshungrigen, bil⸗ dungsbedürftigen . 4. gibt, ſich in ihrem Berufe weiter fortzubilden. Wir ſtehen grundſätzlich auf dem Standpunkt, daß es Sache der Gemeinſchaft iſt, für die weitgehendſte Ausbildung der heran⸗ wachſenden Generation, auch der erwachſenen, zu ſorgen. Darum hätten wir gewünſcht, daß in weit⸗ gehendſtem Maße auch Unentgeltlichkeit für die Lern⸗ mittel den Arbeiterinnen gewährt wird. Wir ſehen aber davon ab, jetzt einen Antrag zu ſtellen, weil wir in dem Rahmen größerer Anträge, die auf die Un⸗ entgeltlichkeit der Bildung überhaupt hinzielen, dies zu tun beabſichtigen. Ich erſuche jedoch im Namen meiner Freunde den Magiſtrat, weitherzig in der Ge⸗ währung von Lernmitteln an Unbemittelte ſchon jetzt vorzugehen. Was die Anregungen betrifft, die hier aus der Verſammlung heraus gegeben womden ſind, ſo iſt es, glaube ich, indiskutabel, in unſerer Zeit über die Einführung des Religionsunterrichts in den Fort⸗ bildungsſchulen, zumal in der Form, in der er bislang erteilt worden iſt, zu ſprechen. Ferner ſtehen wir ſelbſtverſtändlich auf dem 5 Iandpunkt, daß die Bil⸗ Dungsarbeit ein hervorragenſer Teil der Arbeit über⸗ haupt iſt und daher nicht in die Freizeit des heran⸗ wachſenden jungen Menſchen gelegt werden darf. Wir ſind ſelbſtverſtändlich dafür, daß nur in der Arbeitszeit, vor allen Dingen nur am Tage dieſer Unterricht erteilt werden darf, einmal damit der Schüler und die Schülerin auch wirklich die Friſche und Freudigkeit zu dem Unterricht mitbringen, die nötig iſt, um ihn fruchtbringend zu geſtalten. Wir befürchten auch nicht, daß dadurch den Jugendlichen die Konkurrenz, alſo eine Stellung zu bekommen, er⸗ ſchwert wird. Schon jetzt iſt es leider doch Gebrauch, daß die Jugendlichen gegenüber den älteren Arbei⸗ tern und Arbeiterinnen eine geringere Entlohnung bekommen, ſo daß dieſe dadurch gewiſſermaßen ſchon bevorzugt ſind. Alle Anregungen, die Herr Kollege Blum gegeben hat, unterſtützen wir ſelbſtverſtänlich nachdrücklichſt: ſie fallen in den Inhalt des Rahmens, den wir für einen ſöctteren Antrag vorbehalten. Stadtv. Dr Luther: Meine Damen und Sanmmt Ich bin mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Blum, ſoweit ſie die körperliche Ertüchtigung unſerer Jugend betreffen, aufs allerwärmſte einwerſtanden. Ich bin mit ihm der Meinung, daß es bis jetzt unmög⸗ lich geweſen iſt, durch Vereine die Jugendlichen zu er⸗ faſſen, und daß darum die Fortbildungsſchule die Pflicht hat, die körperliche Ertüchtigung unſerer Ju⸗ gendlichen ganz anders, als ſie es bicher getan hat, 3u 9 Aber 1u bedaure, ihm in einem Punkte, obwohl ſer das Wort „ſittliche Bildung der Jugend“ gebraucht hat, widerſprechen zu müſſen. Ich halte es für meinen Teil durchaus für wiemlabel. Religionsunterricht in le zu geben. Keiner von uns iſt Fortbildungsſchul der Aee daß wir einen dogmatiſchen 7 4 . 1 alter Art, geben wollen. reiſe lebhaft das Bedürfnis t. noch unſerem