51 Sitzung am 12. März 1919 Tat umzuſetzen, unterſtützen. Aber ich mache jetzt ſchon auf die techniſchen Schwierigkeiten aufmerkſam. Wenn Sie dieſen Unterricht weſentlich verſtärken wollen, werden Sie ſchon aus rein äußeren Gründen keinen Platz mehr für einen irgendwie gearteten Re⸗ ligionsunterricht finden. Ich faſſe mich dahin zuſammen, daß wir der Magiſtratsvorlage zuſtimmen und daß wir nach den bisherigen Arbeiten der Fortbildungsſchuldeputation und des Magiſtrats auf dieſem Gebiete überzeugt ſind, daß auch in Zukunft den Anregungen, die hier ausgeſprochen ſind, ſoweit ihnen ein beſonderer Wert innewohnt, ſeitens des Magiſtrats nachgegangen werden wird. (Bravo!) 1 Bürgermeiſter Dr. Maier: Meine Damen und Herren! Gegen die Vorlage ſelbſt iſt von keiner Seite irgendwelcher Widerſpruch erhoben worden, daher bedaure ich eigentlich, daß hier Fragen angeſchnitten worden ſind, die nicht unmittelbar mit der Vorlage etwas zu tun haben. (Senr richtigl) Die Fragen, die hier erörtert worden ſind, ſind ſo grundſätzlicher Natur und betreffen die allgemeine Geſtaltung des Lehrplanes der Fortbildungsſchule, daß ſie nach meinem Dafürhalten in Zwiſchenbemer⸗ kungen — und um etwas anderes kann es ſich gar nicht handeln — nicht erledigt werden können. (Sehr richtig!) Ich habe den Eindruck, daß im weſentlichen wohl die Abſicht beſtanden hat, daß die Herren ſich wechſelſeitia in ihren Anſchauungen kennen lernen wollten, ſonſt hätte ich nicht verſtehen können, daß derartiae arund⸗ ſätzlich wichtige Fragen hier ſo nebenbei erlediat wer⸗ den. Ich gehe deshalb auf Einzelheiten nicht ein. Nur eins möchte ich ausdrücklich feſtſtellen, daß der Magiſtrat unbedingt auf dem Standpunkt ſteht, daß der Zwanasunterricht in der Fortbildungsſchule im allgemeinen innerhalb der Arbeitszeit liegen muß. Wenn wir in der vorgeſchlagenen Regelung den Un⸗ terricht außerhalb der Arbeitszeit untergebracht haben, ſo liegt das im weſentlichen in räumlichen Gründen: wir haben das in der Vorlaae beſonders zum Ausdruck gebracht. Ich möchte im übrigen be⸗ merken, daß die Ausgeſtaltung des Fortbildungs⸗ ſchullehrplans eine Frage iſt, die ſicherlich demnächſt nicht nur für Charlottenburg, ſondern für Groß⸗ Berlin und auch wahrſcheinlich für die anderen preu⸗ ßiſchen Städte in Angriff genommen wird. Bis zu dieſem Zeitpunkt, alaube ich, ſollten wir uns iraend⸗ welcher grundſätzlichen Beſchlüſſe enthalten und war⸗ ten, bis dieſe Reformfragen eingehend in den zu⸗ ſtändigen Deputationen beſprochen ſind. Dort wer⸗ den alle heute gegekenen Anregungen ſicherlich aründlichſt nachgeprüft, und es wird zur gegebenen Jeit den ſtädtiſchen Körperſchaften erne entſprechende Vonlane unterbreitet werden. eingenommen hat. Serr Kollege Künzel hat hier acreß arciten: denn s war doc würde, daß ein Felde geweſen Es der alten daß da, wo die väterliche Hand gefehlt bat eine ae⸗ Form oder nach dem alten Suſtem, wieder in die Schulen eingeführt würde. Was der Zweck ſeines Streites, möchte ich ſagen, geweſen iſt, weiß ich nicht. Ebenſo weiß ich nicht, warum Herr Paſtor Dr Luther ebenfalls noch in dieſelbe Kerbe gehauen hat: denn auch er wird ſich wohl ſagen, daß eine Majorität dafür nicht zu finden iſt. Nachdem aber beide Herren ihren Standpunkt hier in ſo ſcharfer Weiſe dargelegt und uns provoziert haben, kann ich mich micht damit beganügen, daß wir bloß mit einer läſſigen Handbewegumng die Sache beiſeite ſchieben, ſondern ich muß dem dann doch den Standpunkt meiner Frak⸗ tion ſcharf entgegenſtellen. Wir wollen keinen religiöſen Geſinnungsunter⸗ richt, weil wir der Anſicht ſind, die ſogar ein Herr von der Mehrheitspartei ausgeſprochen hat, mit der wir ja ſonſt in keiner Weiſe übereinſtimmen, (Rufe: Na, nal) — in keiner Weiſe übereinſtimmen! (Stadtv. Gebert: Vor zwei Monaten waren Sie noch bei uns!) — Vor zwei Monaten war ich nicht bei Ihnen; da irren Sie ſich. Außerdem iſt in den Monaten der Revolution bereits ſoviel vorgegangen, daß das allein genügen würde, um uns vollkommen zu trennen. Das ſage ich hier zu den Herren von der Mehrheits⸗ partei. Aber das ſchließt ja nicht aus, daß einer der Herren auch einmal etwas Richtiges ſagt, 9 (große Heiterkeit) was wir dann durchaus anerkennen, da wir ledialich ſachlich miteinander ſtreiten. Und da hat in der Ausſprache in der Nationalverſammlung, die Herr Kollege Künzel uns anheimgegeben hat beſonders zu ſtudieren, ein Mehrheitsſozialiſt die wahren Worte geſprochen, daß Religion überhaupt nicht agelehrt, ſondern nur erlebt werden könne, und ich alaube, da⸗ gegen wird auch Herr Paſtor Dr. Luther nicht viel ſagen können. Es muß inneres Erlebnis ſein, wenn wir überhaupt an die Wahrheit der Religion alauben ſollen. Wenn Sie es den Kindern aber wie bisher durch Auswendiglernen des Katechismus oder meinet⸗ wegen, wie es Herr Künzel will, nach dem alten Syſtem oder, wie es Herr Paſtor Dr Luther will, nach dem neuen Syſtem beibringen wollen, indem er ihnen ſchöngeiſtige Vorträge über Jeſus und der⸗ gleichen hält, dann werden Sie es auch nicht er⸗ reichen: denn das hat wieder nichts mit Religion zu tun, ſondern das iſt Literatur und Weltaeſchichte. Ich bin ſelbſt ein aroßer Verehrer der Gedanken des Evangeliums, aber vollkommen unreligiös. Vor allen Dingen müſſen wir uns prinzipiell gegen den Standpunkt wenden, den Herr Dr. Luther Er meinte, es wäre heute eine außerordentliche Verwilderung der Jugend zu kon⸗ ſtatieren. Zu einem aroßen Teil ſtimmt das, be⸗ ſonders auch in bezug auf die höhere Jugend, in der noch aar kein Gefühl für die Zeichen der Zeit vor⸗ handen iſt, deren Seele noch gar nicht wach iſt für all das Große der neuen Zeit. Es trifft ferner auch, wie ich zugebe, für einen Teil der Arbeiterjugend und be⸗ ſonders der Jugend zu, deren Väter draußen im ſind. Es iſt ganz ſelbſtverſtändlich,