nächſten Jahre ſein, eine völlige Einheit herzuſtellen, trotz der Kämpfe, die gegenwärtig noch ausgefochten werden. Kommen wir nicht zu dieſer Einheit, ſo ſind wir verloren. Ein Mittel, um dieſe Einheit herzuſtellen, iſt die gemeinſame Volksbildung, die Einheitsſchule. Dieſe Einheit des Volkes muß ausdrücklich durch eine Schule, die alle beſuchen müſſen, in Erſcheinung treten. Nicht bloß dadurch, daß die Kinder drei oder vier Jahre gemeinſam unterrichtet wer⸗ den der gemeinſame Lebensgang in der Schule muß ſich auf weit mehr Jahre er⸗ ſtrecken, wenn möglich bis zum 16. Lebens⸗ jahr. In dieſer gemeinſamen Schule ſollen alle einen vorzüglichen Unterricht erhalten, zunächſt in Deutſch, in Geſchichte, in Rechnen, in Naturgeſchichte. Auch die Sprachen müſſen in der gemeinſamen Valksſchule gelehrt werden: Engliſch und Franzöſiſch. So ſollen dieſe Kinder eine lange Zeit ihres Lebens zuſammen⸗ gehalten und zu Volksgenoſſen erzogen werden. Nach⸗ dem ſie zu Volksgendſſen erzogen worden ſind, ſollen ſie dann zu Spezialiſten erzogen werden, zu Spe⸗ zialiſten auf dem Gebiete des Gelehrtenſtudiums, in⸗ dem dann dieſe Kinder in die Gelehrtenvorſchule kommen, wenn es ihre Veranlagung und ihr Wunſch iſt. Die anderen, auch hochbegabte Menſchen, gehen in die werktätige Bevölkerung. Es darf nicht mehr ſein, daß bloß einige intelligente Menſchen aus der großen Zahl der Volksſchüler herausgehoben und dann nachher auf die höhere Schule geſchickt werden, auch die befähigten Kinder ſollen nachher in das werk⸗ tätige Leben gehen, damit durch die Einheitsſchule nicht etwa der Satz ſtabiliert wird: die körperliche Arbeit nur für die Dummen, die Halbbefähigten, und das Gelehrtenſtudium allein für die Befähigten! Eine ſolche Entvölkerung der unteren Klaſſen von Intelligenzen wäre für unſere zukünftige nationale Entwicklung nicht gut. Auch hochbefähigte Menſchen müſſen nachher in die Fabriken gehen, müſſen Schloſſer und Tiſchler werden und dort das Glück des Lebens finden. Der erſte Schritt zur Verwirklichung der Ein⸗ heitsſchule iſt die Beſeitigung der Vorſchule. Es iſt dringend erforderlich, daß die Vorſchulen abgeſchafft werden. Dieſe Frage bedarf keiner 44 mehr, ſie iſt ſpruchreif und muß ſchon zu Oſtern erledigt werden. Wir können es nicht verſtehen, daß die Kin⸗ der, die jetzt zu Oſtern angemeldet ſind, noch weiter dieſe beſonderen Standesſchulen beſuchen ſollen. Es wird auch keinerlei Schwierigkeiten bieten, wenn die jetzt ſchon in den höheren Schulen angemeldeten Vorſchulkinder einfach den entſprechenden Volksſchul⸗ rektoren zugewieſen und in die Volksſchule eingeſchult werden. Gewiß werden hierdurch einige Klaſſen der Volksſchule neu eröffnet werden müſſen. Aber dafür werden an den höheren Schulen wieder genügend . Soviel ich unterrichtet bin, handelt es ſich um etwa 15 Vorſchulklaſſen, die auf dieſe Weiſe eingehen, und 15 Volksſchulklaſſen, die wieder neu eröffnet werden müßten. Dann iſt es nur in der Ordnung, wenn einige leer werdende Räume der 1 2 entſprechenden Volksſchulen zu⸗ gen befetzt werden, und e nahegelegenen Volts⸗ Sitzung am 12. März 1919 Wege geleitet werden. 55 durchführen laſſen. Es werden einige Vorſchullehrer frei. Dieſe Vorſchullehrer kommen an Volksſchulen und unterrichten dort mit ihrem höheren Gehalt, das ſie jetzt beziehen und das ihnen auch keineswegs ge⸗ nommen werden ſoll. Ich ſehe nicht ein, warum dieſer Weg nicht beſchritten werden könnte, und zwar bald, denn die Volksſchulreform, dieſe große Reform zur Einheitsſchule hin, muß endlich einmal in die Entweder wir bauen jetzt oder wir kommen nachher ins Vergeſſen. Gerade die neue Entwicklung muß mit der Jugend anfangen. Wir müſſen darum beſtrebt ſein, dieſe Einheit des Volkes durch die Einheitsſchule auch äußerlich zu be⸗ werkſtelligen. Antragſteller Stadtv. Dr Löwenſtein: Verehrte Anweſende! Ich möchte den Anfang des Herrn Vor⸗ redners umdrehen und aus meiner Erfahrung heraus ſagen: es paſſiert ſehr häufig, daß, wer Akademiker iſt oder eine höhere Schule beſucht hat, a priori, von ſelbſt für einen reichen Mann ailt. Dieſe Erfahrung, die wohl weitgehendſt bei Ihnen allen Beſtätigung findet, die, abgeſehen von einigem Bildungs⸗ proletariat, auch wirklich richtig iſt, trifft den Kern der Sache, indem nämlich die höhere Schule und vor allen Dingen die Vorſchule, die ja jetzt zur Dis⸗ kuſſion ſteht, eine Schule reicher, begüterter Stände iſt. Das iſt beſonders ſchlimm dann, wenn für die Exiſtenz dieſer höheren Schule als einer geſonderten Schule der begüterten Kreiſe weder pädagogiſche Ge⸗ ſichrspunkte noch ſoziale Maßnahmen irgendwie eine Berechtigung dafür aufzuweiſen haben. Doch ich will dieſe ganze Frage vom Srandpunkte der Einheits⸗ ſchule aus nicht betrachten, aweil dann der Rahmen zu groß und die Erreichung deſſen, was meinen Freunden vor Augen ſchwebt, erſchwert würde. Die Vorſchulen können an und für ſich betrachtet werden, und ihre Abſchaffung und ſofortige Abſchaffung be⸗ deutet nur die endliche Abſchaffung eines pädagogi⸗ ſchen Mißbrauchs und einer ſozialen Sünde. Das geſtatten Sie mir zu begründen. Für die Erxiſtenz und die Notwendigkeit der Vorſchule ſpricht in der Erfahruna nichts. Es aibt eine ganze Menge Länder in Deutſchland, die nie Vorſchulen gehabt haben: Oeſterreich, Bayern, die thüringiſchen Staaten, Baden, Sachſen und vor allen Dingen auch die preußiſche Provinz Weſtfalen. Sie alle haben nie Vorſchulen beſeſſen. Ich habe nie ge⸗ hört, daß die Schüler, die aus dieſen Schulen zu den Univerſitäten vorbereitet worden ſind, ſchlechter oder geringer vorbereitet geweſen wären als die Berliner oder die Frankfurter oder die Hamburger, die Vor⸗ ſchulen haben. Außerdem, um mit den Autoritäten zu begimnen, ſowohl die Autoritäten der Volksſchule, Lehrer wie Tews, der Kieler Lehrer⸗ verein in ſeiner Sitzung 1914, die Hamburger Schulſynode, alle die wiſſenſchaftlichen Pädagogen wie Rein, ein Mann wie Bergemann, Meſſer ader Ziegler, der ſonſt ſehr konſervativ denkt: ſie alle haben ſich arundſätzlich gegen die Vorſchule ausae⸗ ſprochen. Das, was für die Vorſchule geltend ge⸗ macht wird, iſt, wenn man's genau und bei Licht beſieht, nichts anderes als ein Standesdünkel, den zu unterſtützen in unſerer Zeit keine Kommune auch nur wi einen Augenblick ein Anrecht hat. Aber es könnte ſein, und es könnte auch in un⸗ 7 ſerer Mitte jemand ſein, der ſich auf Material beruft, der das der Bremer Schulinſpektor Hartnacke oder der Pſpcholoae Wi 44 Stern hat. Ich darf