58 eine lebendige Wirklichkeit für das geſchaffen, was. von allen einſichtigen Pädagogen längſt gefordert iſt. Darum richte ich an Sie alle den Appell: laſſen Sie das an ſich nicht vorübergehen. Der diktato⸗ riſche Wille der organiſierten proletariſchen Arbeiter⸗ maſſen wird ſich eines Tages mit Gewalt die Tore zur Bildung erzwingen, und wenn Sie jetzt an die⸗ ſer Stelle nicht mithelfen, ſo daß ein Uebergang zu dieſer notwendigen Entwicklung möglich iſt, dann werden Sie es ſpäter zu bereuen haben, wenn jene Umwälzung Ihnen dann ungelegener kommt, weil ſie plötzlich eintritt. Sie ſehen, daß alles dafür ſpricht. Laſſen Sie ſich dieſe Zahlen durch den Kopf gehen und folgen Sie Ihrem ſozialen Gewiſſen, von dem Sie jetzt alle — und ich will annehmen, daß Sie es mit Ernſt getan haben — in Ihren Flug⸗ blättern geſprochen haben! Geben Sie den vroleta⸗ riſchen Maſſen, ſoweit ſie tüchtig ſind, den Weg zum Aufſtieg frei, den Sie alle ihnen in der Wahlpropa⸗ ganda verſprochen haben! 2 (Bravo!) Stadtv. Fräulein Reinold: Im Namen meiner Fraktion möchte ich erklären, daß wir für die ub⸗ ſchaffung der Vorſchulen eintreten. Wir jehen in ihrer Abſchaffung den Anfang zur Einheitsſchule, die ich perſönlich aufs wärmſte begrüßc. Ich will mir verſagen, über die Noiwendigkeit der Einheitsſchule hier zu reden, da meine Oeiden Herren Vorredner das in ausgiebiger Weiſe getan haben. Ich ſelbſt bin ſtets für die Eilcheitsſchule aus den Gründen der Gerechtigkeit eingetreten und ſehe in der Abſchaffung der Vorſchule das erſte Ziel zur Ereichung derſelben. In dem gemeinſamen Un⸗ terbau der neuen Grundſchule — und hier befinde ich mich im Gegenſatz zu meinen Herren Torrednern — möchte ich die Kinder gemeinſam gefördert ſehen, und zwar einige Jahre, bis die verſchiedenen Ziele und die verſchiedene Begabung eine nach Fähig⸗ keiten notwendige Trennung erforderlich machen. Alſo im Prinzip ſtimmen wir ganz unbedin;t für die Abſchaffung der Vorſchule. Aber wir verkennen nicht, daß ſich eine Reihe von ſchweren Bedenken der ſofortigen Einführung der von mir gewünſchten Grundſchule entgenen⸗ ſtellen. Denn wir wollen nicht alles aö chaffen, ohne es durch Neueres und Beſſeres zu erſetzen. Ich glaube, daß es nicht möglich iſt, bis zum nenen Schulanfang, zum 1. April, alſo in zirka 2 Wochen, einen von Grund auf neuen Lehrplan herzuſtellen. Denn ich bin der Meinung, daß dieſer Lehrplan ein Reformplan im beſten Siane des Wortes ſein muß, bei dem die beſten und tüchtigſten Lehrer und Lehrerinnen unſerer Stadt mitgewirkt haben. Ich würde mich ganz entſchieden dagegen erklären, daß die neu aufzunehmenden Kinder ſtreng nach dem Plan der jetzigen Volksſchule unterrichtet werden. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Jetzt mit einem Mal!) — Das iſt eine Anſicht, die ich immer vertreten Dazu kommt meiner Meinung nach auch eine rein techniſche Frage, die Herr Blum leichter nimmt, als es möglich iſt. Nach dem neuen Plan, wie wir ihn uns denken, wird die Schülerzahl unbedingt ſchule in den Grundklaſſen von uns für alle Sitzung am 12. März 1919 verringert werden müſſen, ſo daß wir eine Anzahl neuer Klaſſen eröffnen müſſen. Wo wir dieſe bei dem augenblicklichen Klaſſenmangel unterbringen ſollen, iſt mir nicht ganz klar. (Zuruf.) — Ich muß den Zuruf dahin beantworten, daß ich von mehr Klaſſen rede, und da einige Klaſſen jetzt ſchon nicht mehr untergebracht werden können, und manche Schulen auf den Nachmittagsunterricht verwieſen werden müſſen, auch wenn das Militär nicht mehr in den Schulen iſt, ſo ſcheint mir das kaum angängig. Nach meiner Anſicht wäre es auch vom finan⸗ ziellen Standpunkt nicht ganz klug, wenn unſere Stadt eine ſo einſchneidende neue Einrichtung ſchaffte, ohne ſicher zu ſein, daß die Nachbarſtädte ähnliche Pläne hätten. (Sehr richtig!) Das iſt aber eine Frage, die ich nicht in der Weiſe beurteilen kann; ich werfe ſie nur in die Debatte. Meines Erachtens müßte hier auch die Frage der Privatſchulen angeſchnitten werden. Ich gehöre nicht zu den übereifrigen Reformern, die glauben, daß bei Einrichtung der Einheitsſchule auch die Privatſchule unbedingt fallen muß. Ich bin viel⸗ mehr der Meinung, und zwar aus Gründen der Ge⸗ rechtigkeit, daß einem Vater das Recht zuſteht, ſein Kind der Schule zuzuführen, die er für richtig hält. Und ſolange es noch Eltern gibt, die Privatſchulen wünſchen, müſſen wir verſuchen, die guten Privat⸗ ſchulen zu ſtützen, natürlich nur unter der Bedin⸗ gung, daß in den Grundklaſſen nach demſelben Lehr⸗ plan und nach denſelben Bedingungen gearbeitet wird wie in den öffentlichen Schulen. Daß für dieſe Klaſſen aus öffentlichen Mitteln keine Sub⸗ ventionen gegeben werden, iſt nach meiner Meinung ganz ſelbſtverſtändlich. Außerdem ſtoßen wir in den Kreiſen des Mittelſtandes, um den es ſich bei Aufhebung der Vorſchule hauptſächlich handelt, auf eine Reihe von Bedenken, die ich ſogar als eifrige und, ich möchte ſagen, begeiſterte Anhängerin der Einheitsſchule nicht immer zerſtreuen kann. Ich bin mir voll be⸗ wußt, daß die Abſchaffung der Vorſchulen ein Expe⸗ riment iſt, das beſonders in den Großſtädten mit allergrößter Vorſicht gemacht werden muß. Sehr richtig!) Aber trotz alledem bin ich auch feſt überzeugt, daeßf dieſe Vorurteile ſich zerſtreuen werden, ſobald man davon durchdrungen iſt, daß unſer ganzes Volk die Einheitsſchule braucht. Ich meine, daß das, was in Weſtdeutſchland, ſelbſt in Induſtrieſtädten, lich war, auch bei uns durchführba⸗ kann Ihnen ſagen, daß wir, die w nen Schaden gehabt haben der Anfang des tieferen tlen weng auf zuführen iſt.