1 die Kohlen und alles andere. 47 Sitzung am 12. März 1919 Ziffer war, hat ſie in Charlottenburg im Jahre 1917 nur 0,3% betragen. Alſo da zeigte ſich bereits, daß wir mit irgendeinem Ueberſchuß an leerſtehenden Wohnungen gar nicht zu rechnen hatten, und damals ſchon mußte der Magiſtrat eingreifen. Ich will ihm hier keine Vorwürfe machen, ich will ſogar aner⸗ kennen, daß er jetzt verſchiedene Schritte getan hat, die wir billigen müſſen, und die wenigſtens zum Teil die Wohnungsnot lindern werden. Ich möchte nur eine Antwort darauf haben, ob dieſe Wohnun⸗ gen, von denen Herr Syndikus Sembritzki ſprach, nicht ſchon ſämtlich oder zum größten Teil Reflek⸗ tanten haben. — Ich meine als Zuruf, geht das nicht? — Nein? Dann werden wir alſo nachher noch eine ausführliche Antwort darauf bekommen. Ich habe den Eindruck gehabt, daß die meiſten Woh⸗ nungen bereits belegt ſind. Ein kleines Beiſpiel aus meiner Praxis mag Ihnen zeigen, wie groß die Not iſt. Vor einigen Tagen kommt ein junges Portier⸗Ehepaar zu mir. Sie hatte als Portierfrau eine Stellung angenom⸗ men. Nachdem ſie jetzt vor etwa zwei Wochen ge⸗ heiratet hatte, wurde ihr von dem Wirt gekündigt. Er nahm dann an ihrer Stelle wiederum eine allein⸗ ſtehende Frau in die Portierwohnung, die ſogar komfortablerweiſe aus zwei Räumen beſtand. Die jungen Eheleute bemühten ſich nunmehr, eine an⸗ dere Wohnung zu finden. Sie ſagten, ſie hätten alles getan, ſie wären nach dem Rathaus gegangen — hier iſt wohl irgendeine Wohnungsanmelde⸗ ſtelle —, hätten aber nichts gefunden und ſchließlich die neue Portierfrau beſtimmt, ihnen von den zwei Räumen einen abzutreten. Es iſt ein ganz kleiner Raum, in dem die zwei Leute nun wohnen. Alber der Wirt will es nicht, er will ſie mit aller Gewalt herausſetzen. So liegen die Verhältniſſe, und daran ſehen Sie, daß es bei dem Proletariat etwas anders ausſieht. Etwas befremdet haben mich die Ausführungen des Herrn Syndikus Sembritzki dahin, daß Ziegel und Materialien für Wohnungen fehlen, die in Bau⸗ ſteinen ausgeführt werden ſollen. Das hat mich des⸗ halb befremdet, weil wir gehört haben, daß für die Sparkaſſe, die binnen kurzem einen Erſatzbau be⸗ fommen ſoll, alles vorhanden wäre. Denn wir fragten doch, ob nicht durch den Bau der Sparkaſſe die für den Wohnungsbau vorhandenen Materialien beſchränkt würden. Es wurde uns darauf von dem Herrn Bautechniker, der leider inzwiſchen weggegan⸗ gen iſt, die Antwort zuteil, daß teilweiſe hierfür andere Materialien gebraucht würden. Das wiſſen wir natürlich auch:; aber im großen und aanzen werden die Steine, Ziegel uſw. doch ungefähr die⸗ ſelben ſein, die man zu Wohnbauten braucht, ebenſo Deshalb muß es wenn man hört, daß dieſer Bau den Sankt Nimmer⸗ unterbreiten werden. Der Spezialiſt in unſerer Fraktion hierfür iſt Herr Dr. Hertz; er iſt leider un⸗ wohl geworden, ſo daß ich eben an ſeiner Stelle hier das Wort ergreife. Kurz möchte ich noch darauf hinweiſen, daß die Teilung der Wohnungen, von denen Herr Kollege Dr Roſenfeld mit Recht geſprochen hat, ausführbar iſt. Sie brauchen ja nur daran zu denken, wie die Offiziere und Truppen während des Krieges ein⸗ quartiert worden ſind, und wie die Bürgerſchaft ⸗ wie ich überzeugt bin, ungefähr mit demſelben Be⸗ hagen, mit dem hier vorher Herr Kollege Dr. Brir das vorgetragen hat — dieſe Leute aufgenommen hat. Alſo warum können Sie da nicht ebenſogut woh⸗ nungsloſe Proletarier aufnehmen. Es läßt ſich das machen, wenn man es nur will. (Zurufe.) — Ganz recht, wenn es ſein muß, werde ich es auch tun; Sie müſſen aber erſt feſtſtellen, ob ich einen leerſtehenden Raum dazu habe; vorläufig, glaube ich, würde es in meiner Wohnung nicht zu machen ſein. Aber Herr Dr Roſenfeld ſprach ja auch gar nicht von 5⸗Zimmer⸗Wohnungen und dal., ſondern von 10⸗ und 12⸗Zimmer⸗Wohnungen, und ich meine, dieſe Wohnungen laſſen ſich in der Tat, zumal bei kinderloſen Leuten, wohl aufteilen, oder es laſſen ſich wenigſtens einige Räume abgeben. Mein Nach⸗ bar übrigens wohnt bereits ſeit 3 Jahren nur for⸗ mell in ſeiner Wohnung, er iſt niemals zu Hauſe, ſondern er lebt in Holland. Das wäre z. B. auch eine Wohnung, bei der man etwas machen könnte. Ich bin überzeugt, daß es ſolcher Wohnungen, deren Beſitzer jetzt gerade die Flucht ergriffen haben, eine ganze Reihe gibt, und derartige Wohnungen laſſen ſich aufteilen. In München iſt, wie mir perſönlich bekannt iſt, dieſes Syſtem bereits durchgeführt, und zwar nicht etwa unter der Herrſchaft der Unabhängi⸗ gen. Dort beſteht keine ſolche Herrſchaft, ſondern vielmehr eine Koalitionsregierung mit den Rechts⸗ ſozialiſten, die natürlich nur kurze Zeit dauern kann, weil ſolche Koalitionen mit den Rechtsſozia⸗ liſten niemals von Dauer ſein können. (Heiterkeit — Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Dr Borchardt (unterbrechend): Ich glaube, Herr Kollege, wir haben politiſche Debatten heute ſchon ausreichend gehabt. (Heiterkeit.) Stadtv. Dr. Broh (fortfahrend): Ich wollte nur erwähnen, daß in München nicht unter der Herr⸗ ſchaft der Unabhängigen, ſondern unter einer Koa⸗ litionsregierung das gemacht worden iſt, und ich ſehe nicht ein, warum in Charlottenburg nicht das⸗ ſelbe Syſtem angewandt werden kann. Machen Sie erſt einmal den Verſuch! Vor allen Dingen weiß ich, daß auch eine Reihe von Villen vollkommen leer ſtehen, die dazu benutzt werden können, auch vielleicht ſch] noch ſchloßartige Gebäude, die hier vorhanden ſind, at, f eventuell das Schloß ſelbſt, das zum Teil ebenfalls rden mit herangezogen werden kann, da es noch eine Un⸗ menge von Räumen hat, die leerſtehen. Alſo nach dieſer Richtung muß noch ſehr viel mehr geſchehen. Barackenbauten in größerem Umfange