Sitzung am ſtellen ſich auf den Standpunkt, daß es einen Unter⸗ ſchied gebe zwiſchen denjenigen Sachen, die beſchädigt ſind, und denjenigen, die abhanden kommen. Nun kann ich nicht verſtehen, wie es z. B. möglich ſein ſoll, daß ein Bürger ſeinen Schaden erſetzt bekommt, wenn ihm ein Spiegel eingeſchlagen wird, aber nicht erſetzt bekommt, wenn er ihm ganz und gar geſtohlen wird. Wie ich höre, hat ſich der Magiſtrat von Ber⸗ lin auf den Standpunkt geſtellt, daß er nicht bereit ſei, für Schaden aufzukommen, obwohl tatſächlich der größte Teil der Juriſten die Anſicht vertritt, daß die Kommunen zur Zahlung der Schäden verpflichtet ſind. Meine zweite Frage geht dahin, ob die Kom⸗ munen nicht überhaupt verpflichtet ſind, die ganzen Schäden zu decken, auch diejenigen der entwendeten Waren. Da muß man ſich auf den Standpunkt ſtellen, daß es nach dem alten preußiſchen Geſetz, nach dem dieſe Angelegenheit beurteilt werden ſoll, darauf ankommt, welche Motive damals der Geſetzaebung zugrunde lagen. Nach meiner Anſicht iſt noch nicht das letzte Wort darüber geſprochen worden, daß die Kaufleute ganz einfach dem Henker überliefert werden ſollen. Es wind Ihnen doch allen ganz klar ſein, daß ein Handeltreibender, der ein Lager von ungefähr 60 000 ℳſ hat und darauf nur 30 000 ℳ Schulden, wenn ihm dieſes Lager geraubt iſt, nicht noch neben⸗ bei 30 000 ℳ bezahlen kann. Es iſt Tatſache, daß in Berlin in der Großen Frankfurter Straße Kauf⸗ leuten das ganze Lager ausgeraubt worden iſt. Und nicht nur das, man hat ihnen ſogar die Utenſilien vollſtändig zertrümmert. Meine Damen und Herren, ich hoffe, daß der Magiſtrat uns eine Antwort erteilen wird, die eini⸗ germaßen ſo ausfällt, daß die Handeltreibenden Charlottenburgs ſich damit zufrieden geben können. Oberbürgermeiſter Dr. Scholz: Der Herr Vor⸗ redner hat an den Magiſtrat die Anfrage geſtellt, ob er Intereſſe für die Gewerbetreibenden hätte. Ich kann dem Herrn Vorredner verſichern, daß der Ma⸗ giſtrat für alle ſeine Kinder ein ebenſo großes wie gleichmäßiges Intereſſe hat, alſo auch ſelbſtverſtänd⸗ lich für die Gewerbetreibenden, für die beſonders auch deshalb, weil er jede pekuniäre Schädigung der Ge⸗ werbetreibenden am eigenen Leibe der Stadt mit⸗ empfindet. Es iſt alſo nicht Mangel an Intereſſe, wenn ich dem Herrn Vorredner leider erklären muß, daß der Magiſtrat den Schutz der Gewerbetreibenden beſtimmungsgemäß nicht zu übernehmen hat. Das iſt reine Polizeiarbeit; das hat der Herr Vorredner ja auch ſchon anerkannt. Ich bedaure, daß der ver⸗ ehrte Herr Kollege Richter nicht mehr da iſt, — (Heiterkeit) der ja Polizeipräſtdent iſt. Es iſt ſeine Sache, in dieſer Beziehung für die öffentliche Ordnung in Char⸗ lottenburg zu ſorgen. Er hat das, wie ich feſtſtellen kann, mit allen Kräften, ja über ſeine Kräfte hinaus Hiier ſetzt auch die Frage ein, die der Herr Vor⸗ redner an den Magiſtrat gerichtet hat: Iſt der Ma⸗ giſtrat bereit, die Polizei in der Ausübung ihrer Pflichten zu unterſtützen. Ich kann Ihnen verſichern, Charlottenbura nicht mehr ſo ſind, wie wir ſie alle 8r 12. März 1910 mit dem Herrn Miniſterpräſidenten mehrfach darüber geſprochen. Ich habe in verſchiedenen Eingaben die dringenden Gründe des Herrn Polizeipräſidenten auf Verſtärkung oder wenigſtens Belaſſung der nötigen Sicherheits⸗ und Wachleute aufs kräftigſte unterſtützt, trotzdem es jedem von Ihnen bekannt ſein wird, daß die Stadt dabei auch pekuniär inſofern in Mitleiden⸗ ſchaft gezogen wird, als ſie ja nach dem Polizeikoſten⸗ geſetz einen erheblichen Teil der Polizeilaſten zu tra⸗ gen hat. Ich glaube alſo, daß der Magiſtrat nach Dieſer Richtung nicht das Geringſte verfäumt hat, und möchte das ausdrücklich hier öffentlich feſtſtellen. Herr Wilk, der hier iſt, wird mir beſtätigen, daß das in vollem Umfange den Tatſachen entſpricht. Was nun die zweite Frage betrifft, wie der Magiſtrat ſich zum Erſatze der Schäden ſtellt, ſo muß ich auch da leider feſtſtellen, daß irgendein Rechts⸗ anſpruch gegen die Stadtverwaltung nicht beſteht, und Sie, meine Damen und Herren ſelbſt, müßten uns von jedem Anerkenntnis eines nicht vorhandenen Rechtsanſpruchs abhalten. Denn wir ſind verant⸗ wortlich dafür, daß die von der Bürgerſchaft erhobe⸗ nen Steuern nur zu den Zwecken verwandt werden, zu denen wir geſetzlich bzw. durch freiwillige Ueber⸗ nahme der betreffenden Verpflichtung verbunden ſind. Hier liegt aber ein unmögliches Verlangen vor. Sie können nicht verlangen, daß die Stadt für eine Hand⸗ lung, für die ſie gar nicht einzuſtehen in der Lage iſt, ihrerſeits pekuniäre Opfer bringen ſoll. Wohin ſollte es kommen, wenn die Stadt für Einbruchsdiebſtähle einfach die Verantwortung zu tragen hätte! Das iſt natürlich ganz ausgeſchloſſen. Inſofern der Herr Vorredner auf Einbrüche in einzelne Geſchäfte erem⸗ plifiziert hat, kann gar keine Rede davon ſein, daß die Stadt irgendwie, auch aus moraliſchen Gründen, gezwungen wäre, einzutreten. Eine andere Frage, die bekanntlich viel umſtrit⸗ ten iſt, iſt der Erſatz aus dem ſogenannten Tumult⸗ ſchadengeſetz. Aber auch hier ſtellen ſich die deutſchen Städte einheitlich auf den Standpunkt — das hat der Herr Vorredner ſchon angedeutet — daß das Tumultſchadengeſetz auf die augenblicklichen Zuſtände nicht Anwendung finden kann. Auch hier bitte ich die verehrte Verſammlung, den Magiſtrat zu unter⸗ ſtützen. Denn wohin eine derartige Anerkennung der Möglichkeit, die jetzt entſtandenen Schäden nach dem Tumultſchadengeſetz zu requirieren, führen könnte, kann ich Ihnen an einem Beiſpiel ſchlagend beweiſen, das vor kurzem dem Vorſtande des Deut⸗ ſchen Städtetags, der ſich mit dieſer Frage beſchäftigt hat, vorlag. Eine kleine Gemeinde in Pommern von etwa 1600 Einwohnern, deren geſamtes Steuerſoll im Jahre ungefähr 85 000 ℳ betrug, hatte infolge der Revolution einen liquidierten Schaden ihrer Ein⸗ wohner in Höhe von etwas über 1,6 Millionen Mark. Meine Herrſchaften, Sie werden ohne weiteres anerkennen, daß es gänzlich ausgeſchloſſen iſt, dieſe Gemeinde aus dem Tumultſchadengeſetz haftbar zu machen für die Schäden, die ihr dadurch erwachſen ſind. Die ganze Sachlage drängt darauf — und die Vorbereitungen ſind, wie mir bekannt iſt, im Gange —, daß das Reich ſeinerſeits dieſe Haftung übernimmt. Es iſt ganz ausgeſchloſſen, daß die einzelnen Städte, wie Ihnen das Beiſpiel zeigt, dieſe Schäden, auch ſoweit ſie tatſächlich aus Tumult im Sinne des Tumultſchadengeſetzes ent⸗ K