94 die finanziellen Intereſſen ihrer Mitglieder zu ver⸗ treten hat, paßt, kann ich nicht ganz anerkennen. Ich möchte Ihnen in dieſer Beziehung doch einige Zahlen vorführen, die Ihnen zeigen, welche Be⸗ laſtung der Stadtaemeinde eintreten würde, wenn ſie tatſächlich die Polizeiverwaltung auf den ſtädti⸗ ſchen Haushalt übernehmen müßte. Schon die Jahre 1916 bis 1918 würden im Durchſchnitt eine Mehrbelaſtung der Stadtgemeinde mit Polizeikoſten gegenüber dem augenblicklichen Zuſtand bei völliger Uebernahme der Polizei von rund 2 Millionen im Jahre ergeben. (Hört! hört!) Wenn nun die anſcheinend ſehr ausgiebigen Pläne des Herrn Vorredners bezüglich der Vermehrung der Schutzmannſchaft und der Sicherheitsmannſchaft in die Wirklichkeit umgeſetzt werden ſollten, ſo würde ſich natürlich dieſe Summe außerordentlich erhöhen. Wir würden alſo mit einer ſtädtiſchen Mehrbelaſtung von etwa 3 Millionen im Jahre ohne weiteres rech⸗ nen müſſen, und das bezüglich einer Aufgabe, meine Herrſchaften, die rein ſtaatlicher Ratur iſt. Denn es iſt gar kein Zweifel, daß an ſich der Staat ver⸗ pflichtet iſt, für die Ruhe und Ordnung innerhalb des preußiſchen Staatsgebiets zu ſorgen. Weiter — darauf hat der Herr Vorredner ſelbſt ſchon hingewieſen — ſcheint mir der Zeitpunkt der Einbringung eines derartigen Antrags im Augen⸗ blick nicht beſonders gut gewählt zu ſein. Die Herr⸗ ſchaften werden ſich alle davon überzeugt haben durch den heutigen Artikel in der „Voſſiſchen Zeitung“, daß die Frage Groß⸗Berlin ſehr ſchnell ihrer end⸗ gültigen Erledigung zurollt. Es iſt völlig aus⸗ geſchloſſen, in dieſem Zeitpunkt die Kommu⸗ naliſierung der Polizei in einem der Stadtgebiete Groß⸗Berlins für ſich allein durchzuführen. Das wird mir der Herr Vorredner als Fachkenner ohne weiteres zugeben. Ich betone, es iſt völlig ausge⸗ ſchloſſen, darüber iſt gar keine Verhandlung möglich. Ich möchte ferner feſtſtellen, daß ich der Ueber⸗ zeugung bin, daß eine Anfrage an den preußiſchen Herrn Miniſterpräſidenten, der ja auch zu unſerer Freude unſer Kollege iſt, ob die Uebernahme der Polizei in Charlottenburg auf die Kommune zurzeit von dort aus gewünſcht oder auch geduldet werden würde, mit einem glatten Nein beantwortet werden würde, weil es eben tatſächlich gar nicht durchzu⸗ führen iſt. In Groß⸗Berlin iſt ja ſeit langem eine zentraliſierte Polizeiverwaltung eingeführt. Wir brauchen alſo auf die Eingemeindung in polizeilicher Beziehung gar nicht mehr zu warten, wir ſind ſchon polizeilich eingemeindet. Denn was die Charlotten⸗ burger Polizei an ſelbſtändigen Anordnungen zu treffen in der Lage iſt, das iſt — das wird mir der Herr Vorredner zugeben — verhältnismäßig recht wenig. Der Landespolizeibezirk Berlin iſt einheit⸗ lich organiſiert, und die Polizei in Charlottenburg iſt nur ein Teil des Landespolizeibezirks Berlin und hat den Anordnungen, die dort getroffen werden, ſich zu fügen. — Dann möchte ich noch auf einen Punkt aufmerk⸗ 1 Sitzung am 19. März 19190 genehm wäre, Konflikte herbeizuführen, die zwiſchen der polizeilichen Staatsgewalt — und das iſt ſie — und der ſtädtiſchen Verwaltung eintreten müßten, wenn ſie beide in einer Hand vereinigt wären. Sie dürfen ſich, meine Herrſchaften, das nicht ſo vor⸗ ſtellen, daß die Polizei, wenn ſie in Charlottenburg kommunaliſiert würde, genau wie jeder andere Zweig kommunalen Lebens von uns betrieben wer⸗ den könnte. Da, wo die Polizei ſtädtiſch iſt, iſt der Oberbürgermeiſter Polizeichef. Er hat den An⸗ ordnungen der ihm vorgeſetzten Staatsorgane un⸗ weigerlich Folge zu leiſten, er iſt Untergeordneter ſeiner Vorgeſetzten, und die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung hat nicht das Geringſte in die polizeilichen Befugniſſe hineinzureden. Glauben Sie, daß das ein erquickliches und erfreuliches Verhältnis wäre? — Ich glaube, nein. Ich kann Sie verſichern aus eigenſter Erfahrung — denn ich hale in der größten Stadt Preußens, die gemeindliche Polizei hat, näm⸗ lich in Düſſeldorf, eine Reihe von Jahren gewirkt und habe ſelbſt die Ehre gehabt, mehrfach monate⸗ lang den Polizeichef zu vertreten —, ich kenne die Sache aus eigener Erfahrung und weiß, daß, ſowie die Zeiten politiſch bewegt werden, es eine ſehr un⸗ glückliche Kombination iſt, wenn Stadtverwaltung und Polizei identiſch ſind. Es iſt ja auch klar, das muß Konflikte hervorrufen. Ich glaube, aus allen dieſen Gründen muß man die Frage außerordentlich vorſichtig behandeln, ſchon ganz allgemein geſprochen, ſicher aber in der augen⸗ blicklichen Zeit, und es würde meiner Anſicht nach ganz unverantwortlich ſein, hier etwa die Kommu⸗ naliſterung der Polizei zu beſchließen, wenn wir wiſſen oder doch annehmen müſſen, daß wir in einem Jahre leider unſere Selbſtändigkeit verloren haben werden. Ich möchte deshalb bitten, meine Herrſchaften, wenn Sie dem Antrage der Herren Antragſteller auf Beratung in einer gemiſchten De⸗ putation ſetwa zuſtimmen wollen — wogegen ich mich an ſich nicht wenden würde, weil ich niemals der näheren Prüfung einer Frage widerſpreche, ſelbſt wenn ich ſie für vollkommen geklärt halte —, wenn Sie dem Antrage zuſtimmen wollen, würde ich bitten, es in dem Sinne zu tun, daß wir vielleicht die Angelegenheit einer allgemeinen Kommunali⸗ ſierungsdeputation, wie ſie ſich aus ſpäteren An⸗ trägen ja auch noch ergeben wird, überweiſen, damit Sie wenigſtens nicht eine beſonders zu wählende De⸗ putation mit dieſer Angelegenheit betrauen, von der ich mir irgendeinen Erfolg in nächſter Zeit jedenfalls nicht verſprechen kann. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Freunde ſind be⸗ reit, den Antrag der Herren Bade, Blum uſw., den Herr Richter begründet hat, anzunehmen, nicht als ob wir damit ſagen wollten, daß für uns bereits alle dieſe Schwierigkeiten, die der Herr Oberbürger⸗ 6 md meiſter hier nach meiner Meinung vollkomm Recht aufaerollt hat, g mit den Antragſtell ſam machen, der ganz allgemein doch ſtarke Bedenken 28 8 gegen eine Uebernahme der Polizei auf die Stadt de enthält. Ich will nicht davon ſprechen, daß es ge⸗ di rade in den bewegten Zeiten, in denen wir uns augenblicklich befinden, in höchſtem Grade unan⸗ daß d —