Sitzung am 19. Rärz 1919 proviſoriſche Regierung wie auch die Landesver⸗ ſammlung im gegenwärtigen Augenblicke noch nicht vorgehen, um in dem Sinne, wie ich es eben aus⸗ geführt habe, eine Stabiliſterung der Verhältniſſe abzuwarten. Auch wir tun dann gut, dem Beiſpiel zu folgen und einen Schritt, wie ihn Kollege Heil⸗ mann vorſchlägt, zum mindeſten ſo lange zu ver⸗ tagen, bis wir Urſache haben, anzunehmen, daß etwas, was wir für geboten halten, von den zuſtän⸗ digen geſetzgebenden Stellen nicht geſchieht. Aus allen dieſen Gründen würde ich es am meiſten begrüßen, wenn die Antragſteller ſich ent⸗ ſchließen könnten, den Antrag zurückzuziehen. Sie könnten ſich, glaube ich, damit abfinden, daß die An⸗ ſchauungen, die ſie vertreten haben, hier Widerhall finden — denn ich vermute, daß auch in der rechtsſtehenden Fraktion eine ſolche Zuſtimmung bis zu einem gewiſſen Maße erfolgen wird. ohne ihr natürlich vorgreifen zu wollen —, und ſie könnten im übrigen unſeren Gründen, die den von dem Herrn Kollegen Heilmann vorgetragenen Anſchauungen keineswegs entgegenſtehen, folgen. Sollte eine Zu⸗ rückziehung des Antrags nicht erfolgen, ſo würden meine Freunde genötigt ſein, gegen den Antrag zu ſtimmen. Oberbürgermeiſter Dr Scholz: Meine verehrten Herrſchaften! Es iſt eine etwas heikle Frage, die eben zur Diskuſſion ſteht, und ich habe eine gewiſſe Zurück⸗ haltung ſeitens des Magiſtrats in dieſer Beziehung für angezeiat gehalten. Ich bin auch recht erfreut darüber: denn die beiden Reden, die ich bisher zu dieſem Thema vernommen habe, haben den Stachel, den der Antrag an ſich doch im Fleiſche des Ma⸗ giſtrats wohl zurückgelaſſen hatte, im Sinne eines kunſtvollen Orerateurs entfernt. Ich bin insbe⸗ ſondere dem Herrn Antraaſteller dankbar für die, wenn ich ſo ſagen darf, vornehme Art und Weiſe, wie er den Antrag begründet hat, und ich will ihm wechſelſeitig durchaus zugeben, daß ſeine vorgetra⸗ genen Gründe durchaus nicht ohne ſachliche Be⸗ rechtigung ſind. Ich muß aber andererſeits pflicht⸗ gemäß, ebenſo wie es die beiden Herren Vorredner zu meiner Freude getan haben, darauf hinweiſen, daß doch ſehr ſtarke materielle und gchliche Beden⸗ ken, die im Intereſſe der Stadt liegen, der Annahme dieſes Antrages widerſprechen. Ich darf mich zunächſt auf die Auffaſſungen unſerer Staatsregieruna ſelbſt beziehen, die, wie den Herrſchaften bekannt ſein dürfte, in mehreren offi⸗ ziellen und offiziöſen Auslaſſungen dazu bereits Stellung genommen hat. Das Miniſterium des Innern kat mehrfach, ſowohl in der Preſſe als auf Anfraae, erklärt, daß die Maaiſtrate und Gemeinde⸗ vorſtände in ihrer bisherigen Zuſammenſetzuna bis auf weiteres in Tätiakeit bleiben, und daß insbe⸗ ſondere die unbeſoldeten Stadträte und Schöffen ihr Amt behalten ſollen, weil eine Auflöſung der Gemeindevorſtände mit Rückſicht auf die beſoldeten Mitalieder nicht angängia ſei: auch könne die Er⸗ fahruna der bisberigen Mitalieder der Gemeinde⸗ vorſtände zunächſt nicht entbehrt werden. Das, meine Herrſchaften, ſaat ſachlich unaefähr das, was ich Ih Ihnen allaemein ee e 8 99 redner hat nicht mit Unrecht darauf hingewieſen, daß das plötzliche Wegfallen der unbeſoldeten Mitalieder beziehungsweiſe ihr Erſatz durch doch vollkommen in der Verwaltung neue Männer oder Frauen es un⸗ bedingt mit ſich bringen müßte, daß der beſoldete Maaiſtrat verſtärkt würde: denn es wäre aar nicht anders möalich, für eine gedeihliche Fortführuna der Geſchäfte Garantie leiſten zu können. Die Herren wollen überlegen, daß ſich eine ganze Reihe wichtiger Dezernate — ich nenne nur die Gas⸗, Waſſer⸗ und Elektrizitätswerke — bei uns in den Händen ver⸗ dienter und außerordentlich erfahrener unbeſoldeter Mitalieder befinden, und Sie werden mit mir an⸗ erkennen, daß es unmöglich iſt, dieſe gerade in der Jetztzeit außerordentlich wichtigen Dezernate ohne weiteres vollkommen ungeſchulten Kräften anzu⸗ vertrauen. Wenn ich von dieſen ſachlichen Geſichtspunkten aus rein im Interſſe der Stadt die Herren bitten möchte, von dem Antrag beziehungsweiſe der Durch⸗ führung des Antrags abzuſehen, ſo kann ich mir ratürlich nicht verſagen, auch auf die perſönliche Seite der Sache mit zwei Worten einzugehen. Da⸗ bei möchte ich jeſtſtellen, daß unſere unbeſolderen Mitalieder mir beziehungsweiſe dem Maaiſtrat ge⸗ genüber zum Teil bereits die Abſicht geäußert haben, ihre Aemter unter den gegenwärtigen Verhältniſſen und, wie ich nicht verhehlen will, insbeſondere unter dem Druck dieſes Antrages niederzuleagen. Der Magiſtrat hat aber das dringende Erſuchen aus den von mir aeſchilderten ſachlichen Gründen an die Herren gerichtet, das nicht zu tun, ein Erſuchen, das bei ihm nicht nur aus dem Herzen kam, ſondern das auch die Pflicht gegenüber der Stadt und das unge⸗ hinderte Fortarbeiten der ſtädtiſchen Verwaltung von ihm erheiſchte. Ich darf hinzufügen — ein Moment, daß denjenigen Herren, die länaer in der Stadtverordnetenverſammlung ſitzen, perfönlich be⸗ kannt ſein wird —, daß das Verhältnis, in dem im Magiſtrat Ckarlottenburg die einzelnen Mit⸗ alieder untereinander, beſonders aber auch die unbe⸗ ſoldeten zu den beſoldeten Herren ſtehen, ein ſo autes iſt, daß ich ruhig ſagen kann: es wird von keiner Stadt in Preußen übertroffen. Wir ſind ein Kolle⸗ gium, das nicht nur ſachlich aut zuſammenarbeitet, ſondern auch freundſchaftlich zuſammenſteht, und es wäre auch aus dieſen perſönlichen Gründen ſchlechter⸗ dings unmöalich, im Augenblick unſererſeits einen Antrag an die Staatsregierung zu richten, der, nehmen Sie mir den harten Ausdruck nicht übel, mit einem Selbſtmord zu veraleichen wäre. Wenn ſchon der Mord an ſich eine nicht gerade moraliſche Einrichtung iſt, ſo werden Sie mir, meine Herr⸗ ſchaften, zugeben, daß der Zwana zum Selbſtmord, den Sie durch Ihren heutigen Antraa ausüben wollen, noch erheblich unmoraliſcher wäve. 2 (Sehr richtial) Ich alaube, daß man ſchlechterdinas einem Kolle⸗ gium, das ſich ſolidariſch betrachtet, nicht zumuten kann, ſelbſt einen Antrag zu ſtellen, nach dem was wichtige Kräfte, die für die Fortführung der Stadt⸗ ſverwaltung notwendig und die außerdem freund⸗ ſchafulich ſo innig mit dem übrigen Körper ver⸗ —ſwachſen ſind, entfernt werden ſollen. Aus dieſen Gründen, meine Herrſchaften, be⸗ daure ich, feſtſtellen zu müſſen, daß der Maaiſtrat denfalls nicht dem Antrage der e .