101 Sitzung am 19. März 1919 Vorlagen kaputt, wir arbeiten nicht mit euch, wir ar⸗ beiten ſolange nicht mit euch, als ſich die unbeſoldeten Stadträte nicht zur Wiederwahl geſtellt haben. Das iſt der Weg dort, wo eine Konfliktſtimmung herrſcht; bei uns herrſcht ſie glücklicherweiſe nicht. Aber des⸗ wegen bleibt die Notwendigkeit beſtehen, daß wir den Magiſtrat der neuen Zuſammenſetzung dieſer Ver⸗ ſammlung anpaſſen, und ich glaube, der Magiſtrat ſelbſt ſollte dieſe Notwendigkeit einſehen und die Sache in einer Zeit erledigen, wo gar keine großen Reibungen und Spannungen ſind und wo alles das ſich in der loyalſten und freundſchaftlichſten Weiſe abwickeln kann. Herr Kollege Meyer hat ferner gemeint, wir möchten doch erſt einen gewiſſen Dauerzuſtand ein⸗ treten laſſen. Den bekommen wir nicht. Entgegen dem, was Herr Kollege Meyer geſagt hat, werden die Verordnungen vom Landtag nicht beſtätigt, ſondern der Landtag hat nach der vorläufigen Verfaſſung das Recht, alle Verordnungen nachzuprüfen und ihre Auf⸗ hebung zu verlangen, und dieſes Recht hat der Land⸗ tag mit unbeſchränkter Zeitdauer, während es die Nationalverſammlung nur für die nächſten drei Mo⸗ nate hat. Alſo an jedem Tag, an dem es der Landes⸗ verſammlung einfällt, kann ſie nachträglich ſagen: hebt mir mal die Verordnung über die Gemeinde⸗ wahlen von morgen an auf. Praktiſch ſtimmt das natürlich nicht. Praktiſch liegen die Dinae natürlich ſo, daß kein Zweifel daran iſt, daß die Verordnung über das Gemeindewahlrecht, auf Grund deren wir gewählt ſind, beſtätigt eder, richtiger geſagt, von der Landesverſammlung nicht aufgehoben wird, und das einzige, was ſpäter einmal geſchieht, wenn die neue Städte⸗ und Gemeindeordnung beſchloſſen wir), iſt, daß dann feſtgeſetzt wird: die jetzt beſtehenden Ge⸗ meindevertretungen werden dann und dann aufge⸗ löſt und auf Grund dieſer neuen, definitiven Ordnung neu gewählt. Das iſt das einzige, was geſchieht. Bis dahin aber ſind wir definitiv, bis dahin haben wir einen Dauerzuſtand, und auf Grund dieſes Dauerzuſtandes wollen wir einen neuen Dauerzu⸗ ſtand und die Sicherheit eines harmoniſchen Zu⸗ ſammenanbeitens auch mit dem Magiſtrat ſchaffen. Nun, meine Damen und Herren, iſt mir ſehr freundlich zu⸗ und auch abgeredet worden, den Antrag zurückzuziehen. Ich möchte dafür ſein; ich weiß aller⸗ dings nicht, ob ihn nicht einer der anderen Herren Antragſteller wieder aufnimmt. Für mich möchte ich erklären, daß ich bereit bin, den Antrag in dieſer Form zurückzuziehen. 7 (Bravo!) Ich bitte nur — es iſt das Recht jedes Kollegen, den Antrag wieder aufzunehmen — dieſe Zurück⸗ Rehung ſo aufzufaſſen, daß wir nicht eine Ab⸗ timmung über die Form dieſes Antrags herbeiführen möchten. Der Verlauf der Debatte hat mir gezeigt, Jiſt das nicht: deten Magaiſtratsmitglieder zu veranlaſſen, ihre Aemter niederzulegen, damit ſie neu gewählt, neu beſtätigt werden und dadurch des Vertrauens dieſer Verſammlung verſichert ſein können. In dieſem Sinne ziehe ich den Antrag zurück. Stadtv. Gebert (zur Geſchäftsordnung): Ich nehme den Antrag, wie er hier vorliegt, wieder auf. (Die Verſammlung lehnt hierauf den Antrag ab.) Vorſteher Dr. Vorchardt: Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung: Antrag der Stadtv. Bade und Gen. betr. Gemeinde⸗ friedhof und Krematorium. Druckſache 44. (Der Antrag lautet: Die Stadtverordnetenverſammlung möge be⸗ ſchließen, den Magiſtrat zu erſuchen, die Schaffung eines Gemeindefriedhofes mit der Errichtung eines Krematoriums in die Wege zu leiten.) Antragſteller Stadtv. Gebert: Meine Damen und Herren! Eine alte Frage, die aber hier bei uns in Charlottenburg ewig neu geblieben iſt, haben wir uns erlaubt wieder einmal auf die Tagesordnung zu ſtellen: die Gemeindefriedhofsfrage. Wenn wir die Geſchichte verfolgen, ſo müſſen wir feſtſtellen, daß dieſe Angelegenheit ſchon ſeit dem Jahre 1901 eine brennende Frage für Charlotten⸗ burg war. In den Jahren 1903, 1904 uſw., laufend Jahr für Jahr bis zum Jahre 1914, mußte ſich die Stadtverordnetenverſammlung mit dieſer Frage be⸗ ſchäftigen. Das Endreſultat war, daß durch das eigenartige Eingreifen der Regierung Charlotten⸗ burg als Stadt nie zu einem Friedhof gekommen iſt. Es würde heute abend zu weit führen, wenn ich auf die Vorgeſchichte dieſer Frage eingehen wollte; nur auf den ſchleppenden Gang möchte ich hinweiſen, den wir ſeinerzeit unter der alten Regierung hier in dieſer Frage erleben mußten. Wir ſagen uns, daß es nun endlich an der Zeit iſt, daß die Stadt Char⸗ friedhof bekommt. Man kann ja nun darauf hinweiſen, daß wir mit Friedhöfen jetzt geſichert ſeien. Wir haben in lottenburg noch einige Friedhöfe, wir haben in Staaken noch einen Friedhof angelegt, in Buch be⸗ ſteht auch bereits einer, ſo daß nach dieſer Richtung die Bedürfnisfrage ohne weiteres gedeckt erſcheint. Dennoch müſſen wir ſagen, daß eine Stadt wie Charlottenburg unter allen Umſtänden gezwungen iſt, einen Friedhof zu haben; denn über die Trans⸗ portwege und Transportmittel nach Stahnsdorf uſw. ſind ſchon ſo ungeheuer viel Beſchwerden geführt worden, daß man ſagen kann: ein idealer Zuſtand Nun kann man ja anführen, daß die Fried⸗ lottenburg ſo ſchnell wie möglich einen Gemeinde⸗ Stahnsdorf einen Friedhof, wir haben hier in Char⸗ —