106 Sitzung am 19. März 1919 7 Millionen in Friedhöfen inveſtiert. Nun, meine Damen und Herren, eins wollen wir doch feſtſtellen: die Kirche kat es ſtets außerordentlich verſtanden, Geſchäfte zu machen. Das haben wir bei Verhand⸗ lungen über Ankäufe von Grundſtücken mit den Kirchengemeinden hier ſchon im Hauſe mehrfach er⸗ lebt. Alſo die 7 Millionen ſind ſicherlich nicht ge⸗ geben worden, um der geſamten Menſchheit einen Gefallen zu tun, jeden nach ſeinem Glauden ſelig werden zu laſſen, ſondern ſie ſind gegeben worden, vielleicht unter dem aelinden Drucke der alten Re⸗ aieruna oder auch umaekehrt derjenigen, die es inter⸗ eſſierte, Geſchäfte zu machen. Das fällt alles beim Gemeindefriedhof wea. Ich erinnere Sie an den Fall des Diſſidenten Rötkers aus der Leibnizſtraße, der auf dem Luiſenfriedhof beerdiat werden ſollte. Die Luiſercemeinde kat es abaelehnt, weil der Mamn Diſſident war. Die Leiche mußte 5 Tage zu Hauſe liegen bleiben, nachher hat man ſie alücklich nach Stahnsdorf aebracht. So könnte ich noch Dutzende von Fällen anführen. Aus allen dieſen Gründen lieat es im Intereſſe der Geſamtheit, daß ſo ſchnell wie möglich ein Gemeindefriedhof ge⸗ ſchaffen wird. (Die Verſammluna ſtimmt dem Antraage der Stadtv. Bade und Gen. zu.) Vorſteher Dr Borchardt: Punkt 13: Anträoe der Stadtv. Bade und Gen. und Dr. Broh und Gen. betr. Sozialiſieruna von Wirtſchafts⸗ betrieben. — Druckſachen 45/46. Antragſteller Stadtv. Skaller: Meine Damen und Herren! Von all den Fragen, die ſeit den Tagen der Revolution die Köpfe nicht nur innerhalb der Arbeiterſchaft, ſondern der geſamten Bevölkerung am meiſten bewegt haben. iſt eine der wichtigſten die Frage der Sozialiſierung. Ich will nicht in eine Er⸗ örterung hier eintreten, wie weit Hoffnungen und Erwartungen, die an eine plötzliche Sozialiſierung ge⸗ knüpft ſind, auf der einen Seite und Angſt und Sor⸗ gen davor auf der andern Seite übertrieben und überſpannt ſind. Meine Parteigenoſſen ſind ſich dar⸗ Wir kommen zu über einig, daß wir grundſätzlich alles tun müſſen, um eine Sozialiſierung in vernünftiger und beſonne⸗ ner Weiſe ſo ſchnell wie möglich in die Bahnen zu leiten. Wir ſind uns aber auch klar darüber, daß wir nicht bloß ſozialiſieren wollen, um zu ſozialiſteren, ſondern daß wir ſozialiſteren wollen, um beſſere Wirt⸗ ſchaftsverhältniſſe zu ſchaffen. Experimente irgend⸗ welcher Art machen wir nicht mit. Es handelt. ſich hier darum, Stellung zu nehmen, welche Betriebe reif ſind, um — wenn ich das Wort Kommunaliſte⸗ rung etwa dem Worte Sozialiſierung gleichſtelle — zur Kommunaliſierung übergeführt zu werden. Wir wollen über die Maßnahmen ſprechen, und es wird ſchaft haben, wenn wir dadurch Verhältniſſe herbei⸗ führen, mit denen die Allgemeinheit mehr zufrieden iſt, als es jetzt der Fall iſt, ſo wird ſich auf der andern Seite auch eine gewiſſe Rentabilität für die Stadt ergeben. Mir wird von Fachkreiſen z. B. mitgeteilt, daß 23 Bezirksſchornſteinfegermeiſter ein Einkommen bis zu 60 000 ℳ haben (Zuruf: Zuſamen!) — nicht zuſammen; ich verlaſſe mich natürlich auf die Angaben. die mir von Fachſeite gemacht wur⸗ den —, und daß dieſe Herren ſelbſt bei der ganzen Sache überhaupt nichts tun, ſondern auf die Tätig⸗ n von 1 und 2 Geſellen und Lehrlingen angewieſen ind. (Hört! hört!) Daß wir dieſe Arbeit beſſer beſorgen können, daß wir beſſere Tätigkeit ausüben können und dabei noch et⸗ was ſparen werden, wird jeder, der an dieſe Frage mit Sachlichkeit herantritt, zugeben. 2 Auf dem Gebiete der Lebensmittelverſorgung iſt es ja nicht ganz ſo einfach wie bei den eben genannten Dingen. Trotzdem hat die Kommune gerade jetzt während des Krieges reichliche Erfahrungen geſam⸗ melt, und wenn wir daran denken, daß die Konſum⸗ genoſſenſchaften in verſchiedenen Städten ſchon Außerordentliches erreicht haben durch Schaffung von Brotfabriken und Errichtung von verſchiedenen anderen Inſtituten, die der Lebensmittelverſorgung dienen, und wenn wir beſtrebt ſind, mit dieſen ſchon beſtehenden Genoſſenſchaften zuſammenzuarbeiten, ſo wird ſich meiner Anſicht nach unter allen Umſtän⸗ 41 ein erheblicher Vorteil für die Bevölkerung er⸗ geben. An ſich reif iſt auch die Frage der Kommunaliſie⸗ rung der Apotheken. Die Schwierigkeit ergibt ſich nur daraus, daß eine einzelne Gemeinde hier nichts machen kann. Es iſt notwendig, daß zunächſt von Geſetzes wegen durch die Landes⸗, am beſten ſogar durch die Nationalverſammlung feſtgeſtellt. wird, welche Richtlinien für die Kommunaliſterung auf⸗ geſtellt werden können. (Sehr richtig!) Bei der Kommunaliſierung der Apotheken han⸗ delt es ſich ja nicht um moderne Wirtſchaftsbetriebe, auch nicht um eine Verſtadtlichung oder Sozialiſie⸗ rung der Produktionsmittel, da die Apotheken, wie ſie heute beſtehen, 2 dern in gewiſſem Sinne nur Kaufleute ſind, die das abgeben, was andere ſich ja innerbalb der Kommiſſion Gelegenheit geben,] macht mit genügender Sachkenntnis all das vorzubereiten, was notwendig iſt. 8 Daß einige der Sachen, die wir angeführt haben, ohne weiteres reif dafür ſind, werden alle diejenigen, die die Verhältniſſe kennen, zugeben. Fragen wie] K die des Krankentransports, des Beſtattungsweſens, ſi t des Schornſteinfegeweſens ſind meiner Anſicht nach ſt reif. Wenn wir nur den Profit des Unternehmer⸗ E tums dabei ausſchalten, wenn wir die Arbeitsverhält⸗ niſſe ſo ſchaffen, daß wir eine zufriedene Arbeiter⸗ n n üb rhaup