Sitzung am 19. März 1919 ſten Zeit nötig brauchen. Wir haben an der ſtadt⸗ lichen Lebensmittelverſorgung während der Kriegs⸗ zeit nicht nur geſehen, wie kümmerlich und ſchlecht die Verteilung war, ſondern auch erfahren, wie teuer das ganze Unternehmen arbeitet. Erſparniſſe wer⸗ den ſicher nicht gemacht werden können, wenn die Lelensmittelverſorgung kommunaliſtert wird. Dann möchte ich noch auf eine Sache zurück⸗ kommen, die Herr Kollege Skaller in bezug auf die Apotheken erwähnt hat. Wir haben hier in Char⸗ lottenburg 31 Apotheken, und wenn Sie dieſe kom⸗ munaliſieren wollten, ſo wäre ein recht bedeutendes Kapital dazu nötig, um ſie zu übernehmen. Nach meiner Schätzung würden wir für die Kommunaliſte⸗ rung der Apotheken erwa 5 bis 6 Millionen aufbrin⸗ gen müſſen. Und wenn Herr Skaller ſagt, es könnten ja die Apotheken in ihren Laboratorien wieder, wie früher, ihre Präparate ſelber machen und dadurch Erſparniſſe erzielen, ſo iſt darauf zu erwidern, daß das eine Sache früherer Zeiten war und aus guten Gründen länaſt aufgehört hat. Die Apotheken ſind von den chemiſchen Fabriken abgelöſt worden, die die Prärarate viel preiswerter herſtellen, als es ſelbſt eine gut geleitete Apotheke würde machen können. Das iſt eine gegebene Tatſache und das Reſultat vieler und langer Arbeit, die ſich nicht durch derartige kleine Mitttel wie die Wiederbelebung der Apothekenlabora⸗ torien beſeitigen läßt. Außerdem kommt noch hinzu, daß die großen Entdeckungen der Neuzeit auf phar⸗ mazeutiſchem Gebiet nicht aus den Apothekenlabora⸗ torien, ſondern im weſentlichen von Gelehrten und den ſelbſtändig wiſſenſchaftlich arbeitenden großen chemiſchen Fabriken ausgegangen ſind. Eine der⸗ artige Entwicklung läßt ſich nicht zurückſchrauben und würde einen kulturellen Rückſchritt bedeuten. Noch eins möchte ich erwähnen. Wenn Sie alles das kommunaliſieren wollen, was Sie vorhaben, dann müſſen Sie doch auch daran denken, was aus den vielen Einzelperſönlichkeiten werden ſoll, die jetzt in den zu kommunaliſierenden Betrieben ihr Brot finden. Jetzt klagen Sie ſchon darüber, daß die einzelne Perſönlichkeit geknechtet wäre, „es gäbe keine freien Menſchen mehr“. Ja, wenn Sie alle zu Beamten machen, wo bleiben dann die freien Menſchen? Sie gehen doch zu Tauſenden zuarunde. (Sehr richtig! bei der Bürgerlichen Fraktion.) Als die Warenhäuſer eingerichtet wurden, ſind Tauſende von ſelbſtändigen Eriſtenzen vernichtet worden und zu Angeſtellten und Beamten geworden. Da haben Sie geſchrien und geklagt. Jetzt, wo hier kommunaliſiert werden ſoll, halten Sie das für ganz ſelbſtverſtändlich. Da müſſen Sie doch mit gleichem (Sehr richtig! bei der Bürgerlichen Fraktion) geſchloſſen.) rlitz (Schlußwort): im Namen meiner en Antrag dahin mtragten Strei⸗ 1172 Die Stadtverordnetenverſammlung wolle be⸗ ſchließen, den Magiſtrat zu erſuchen, mit ihr in gemiſchter Deputation über Maßnahmen zu beraten, welche geeignet ſind, die reifen Wirt⸗ ſchaftsgebiete in Kommuneeigentum zu über⸗ führen. Ich will innerhalb des Schlußworts noch Ge⸗ legenheit nehmen, auf einige Aeußerungen, die hier gefallen ſind, kurz einzugehen. Beſonders kann ich es nicht unterlaſſen, an den Ausführungen, die hier gegen die Konſumvereine gemacht worden ſind, ſtill⸗ ſchweigend vorüberzugehen und ſie unwiderſprochen zu laſſen. Die Anſichten, die Herr Kollege Grüßer in bezug auf die Lichtenberger Bäckerei zum beſten gegeben hat, beruhen auf einer gründlichen Ver⸗ kennung der Tatſachen. Ich bin es gewöhnt, daß von einzelnen kleinen Gewerbetreibenden gegen fort⸗ ſchrittliche Betriebe immer Bedenken erhoben wer⸗ den; aber Bedenken, wie ſie Herr Kollege Grüßer er⸗ hoben hat, die auf einer ſo niedrigen Warte ſtehen, ſind mir ſelten begegnet. Die Sache verhält ſich ſo, daß ſich der Ge⸗ ſchäftsführer des Lichtenberger Konſumvereins auf den Standpunkt geſtellt hat, daß bei den muſtergül⸗ tigen und fortſchrittlichen techniſchen Einrichtungen der dortigen Bäckerei das Quantum von 15 Zent⸗ nern Mehl auf den einzelnen Bäckergehilfen viel zu gering iſt, ſondern daß die Leiſtung des einzelnen Arbeiters weſentlich höher geſetzt werden muß, daß er weſentlich mehr verbacken kann als 15 Zentner. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das ſind die Folgerungen, die der Leiter des Lichtenberger Konſumvereins gezogen hat, und das beweiſt ſchlagend, daß techniſch derartig hochſtehende Betriebe für den geſamten Volkswohlſtand viel höher zu bewerten ſind als die kleinen Bäckereien. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Deswegen ſtehen wir grundſätzlich auf dem Stand⸗ punkt, daß auch bei Errichtung einer kommunalen Bäckerei, die natürlich mit fortſchrittlichen tech⸗ niſchen Einrichtungen ausgerüſtet ſein wird, das ge⸗ ſamte kaufende Publikum, der Konſument in jeder Beziehung, in wirtſchaftlicher und vor allen Dingen in ſanitärer und hygieniſcher Beziehung, viel beſſer aufgehoben iſt, als wenn wir die Produkte der klei⸗ nen Bäckereien in Anſpruch nehmen müſſen. Es ſind hier eine ganze Reihe von Ausflüaen in das hiſtoriſche Gebiet gemacht worden. Ich bitte Sie, mit mir einen ganz kleinen Blick in den hiſtoriſchen Werdegang der Bäckereien zu machen. Wenn Sie ſich den Backofen des kleinen Bäcker⸗ meiſters und den Backofen anſehen, den man vor vielen hundert Jahren in Herkulanum und Pompeji ausgegraben hat, dann finden Sie keinen Unterſchied. (Sehr richtial bei den Sozialdemokraten.) Der kleine Bäckermeiſter hat heute noch denſelben Backofen, und das beweiſt, welchen Wert gerade die⸗ ſer Stand — und ich muß darauf eingehen, weil wir angegriffen worden ſind — auf die Fortſchritte der modernen Technik überhaupt gelegt hat. Die Einrichtungen der modernen Bäckerei ſind den Herren durchaus fremd, und aus dieſer ihrer Un⸗ s urteien ſe auch ſo ſalſc.