121 Sitzung am 19. März 1919 Dr. Scholz, ſo leid, wie es einem iſt, die Sache liegt doch ſo. Nachdem die modernen Gewerkſchaften als ausſchlaggebender Faktor in Verhandlungen über Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen anerkannt worden ſind, muß man ſich nur wundern, daß es möglich iſt, daß eine Stadt wie Charlottenburg einen ſolchen ab⸗ lehnenden Standpunkt einnimmt. Es wäre uns ſehr lieb, zu erfahren, welche Gründe den Magiſtrat ver⸗ anlaßt haben, eine derartige Stellung einzunehmen. Bürgermeiſter Dr Maier: Meine Herren! Die Vorwürfe, die Herr Stadtv. Gebert auf Grund einer Zeitungsnotiz gegen den Magiſtrat gerichtet hat, hätte er doch lieber in die Form einer An⸗ frage kleiden und ſie ſich nicht ſo ohne weiteres zu eigen machen ſollen. Die Verhältniſſe liegen in Charlottenburg ſo, daß wir lange vor der Revolution die Gewerkſchaften als eine Organi⸗ ſation anerkannt haben, die kontraktfähig iſt, und wir haben lange vor der Revolution bezeugt, Daß wir den Eewerkſchaften jedes Vertrauen ent⸗ gegenbringen. Ich perſönlich habe ſtets auf das leb⸗ hafteſte bedauert und habe es als den ſchwerſten Feh⸗ ler der früheren Regierung angeſehen, daß ſie ſich die Organiſation der Gewerkſchaften nicht zu eigen ge⸗ macht und ſie nicht in den Staatskörper eingefügt hat. Ich habe das bedauert und auch an maßgebenden Stellen nicht einmal, ſondern wiederholt zum Aus⸗ druck gebracht. Wir haben, als wir die Erwerbs⸗ loſenunterſtützung regeln wollten, damals der Staot⸗ verordnetenverſammlung eine Vorlage gemacht, die die Gewerkſchaften ſogar als einen weſentlichen Be⸗ ſtandteil der Fürſorge für die Erwerbsloſen einfügt. Die Stadtveronrdretenverſammlung hat damals aller⸗ dens unſere Vorlage abgelehnt. Wenn Herr Gebert ſich die Mühe machte, mit dem Vertreter des Ge⸗ meinde⸗ und Staatsarbeiterverbandes zu ſprechen, (Stadtv. Gebert: Der hat oft genug geklagt!) ſo würde er erfahren, daß wir mit dem Gemeinde⸗ ur Staatsarbeiterverbande ſeit langem in Verbin⸗ dung ſtehen, und er würde auch erfahren, daß die Verhandlungen über den Abſchluß eines Tarifver⸗ trages mit unſeren Arbeiteren demnächſt zum Ab⸗ ſchluſſe gelanaen werden. Die Verhältniſſe liegen bei dem Büroanaeſtell⸗ tenverbarde Deutſchlands ganz ähnlich. Während der Staats⸗ und Gemeindoarbeiterverband ſich an diejenige Arbeitgeberorganiſation gewendet hat, die] für uns maßgebend iſt — das iſt der Deutſche Stäote⸗ tag —, hat das der Verband der Bürcangeſtellten Deutſchlands anfänglich nicht getan. Gegenwärtia ſchweben allerdings Verhandlungen, und wenn dieſe Verhandlungen zu einem poſitiven Ergebnis führen, ſo werden nicht nur die Groß⸗Berliner Gemeinden, ſondern auch andere Gemeinden etwaige Anreaungen auf Abſchluß eines Tarifvertrages gern aufnehmen und in entſprechende Verhandlunaen eintreten. Im übrigen glaube ich die Frage, die ſchriftlich aeſtellt worden iſt, dahin beantworten zu können, daß die einzigen Vorausſetzungen, unter denen wir Tarif⸗ verhandlungen anknüpfen können, die ſind, daß gleich⸗ ma mit uns auch die Stadtgemeinde Berltn eine Stadtv. Gebert: Meine Damen und Herren! Wenn der Magiſtrat, ſpeziell der Herr Bürgermeiſter, die vielen Beſchwerden zu hören bekäme, die wir zu hören bekommen, dann würde er einen ganz andern Standpunkt einnehmen. Es liegen hier Akten vor, die bald ein dickes Buch geworden ſind, aus denen hervorgeht, wie eigenartig man die Frage der Kriegs⸗ hilfsbeſchäftigten in puncto ihrer Entlohnung und auch ihrer Behandlung behandelt hat. Geſtatten Sie mir, nur kurz auf ein Moment hinzuweiſen. In der letzten Stadtverordnetenverſammlung, die noch in der alten Form ſtattfand, wurde ſchnell noch ein Antrag eingebracht, um die Löhne und Ge⸗ hälter der Angeſtellten, d. h. der Feſtbeſoldeten, zu erhöhen, und da wurde die Erklärung abgegeben, daß auch die Frage der Kriegshilfskräfte erledigt werden ſollte. Wie iſt nun dieſe Erledigung erfolgt? Darauf kommt es an, und das hat in den Kreiſen der Kriegs⸗ hilfsbeſchäftigten ein eigenartiges Gefühl hervorge⸗ rufen. Sie glaubten, auch eine entſprechende Summe als Entſchädigung zu erhalten, und als die neue Lohnſkala herauskam, mußten ſie feſtſtellen, daß ſie jetzt, wo der Lohn nicht mehr nach 26 Arbeitstagen, ſondern monatlich ausgezahlt wird, die 12 ℳ betra⸗ gende Teuerungszulage miteingerechnet, teilweiſe unter den Lohnſatz kommen, den ſie vorher ge⸗ habt haben. (Zuruf.) — Das iſt nicht möglich? — Aber bedauerlicherweiſe Tatſache. — Die Arbeiter urd Arbeiterinnen haben dann einen Lehnentwurf ausgearbeitet. Dieſer Lohn⸗ entwurf iſt durch eine Arbeitsgemeinſchaft von ganz Groß⸗Berlin feſtgeſetzt und dann allen Gemeinden zugeſandt woy en, und zwar durch die in Frage ommende Berufsorganiſation, den Verband der Büroangeſtellten. In dem Augenblick, wo dieſe Lohnforderung ſeitens des Verbandes eingereicht war, konnten die in den einzelnen Gemeinden be⸗ finclichen Ausſchüſſe coer Arbeiterräte nicht mehr wirken, ſondern jetzt waren alle Verhandlungen nur noch mit und durch den Verband zu führen. Der Ver⸗ band wandte ſich dann Ausgang Januar an den Ma⸗ giſtrat. Er hat, wie uns mitgeteilt iſt, bis heute noch keine Antwort bekommen, (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten) wohl hat man dem hier beſtehenden Arbeiterausſchuß geſagt, mit ihm wolle man verhandeln. Aber Der Arbeiterausſchuß kann nicht verhandeln, weil das urſächlichſte Aufgabe des Verbandes iſt. Meine Damen und Herren, Sie werden ohne weiteres ver⸗ ſtehen, daß in den Kreiſen der Kriegshilfsbeſchäftigten darüber eine Erregung herrſcht. Außerdem hat ſich auch noch etwas arderes zu⸗ getragen. Ueber die Art der Entlaſſungen wird Klage geführt. Heute ſind mir wieder zwei Briefe zugegan⸗ gen, worin Beſchwerden über die Art der Entlaſſung erhoben werden. Es wird zugegeben, daß die weib⸗ f ſen ſind; man ch die ungen ab⸗Jmit einem Unterſchiede vornehmen. Ferner kommt nd hinzu, daß man den Vertrauensleuten der Organiſa⸗ tion der Angeſtellten außerordentliche Schwierigkeiten ſe 0 Nach eine Feſtſtellung ſind drei Perſonen, in einem derartigen Be⸗ ſr Kn. ar uf wiaee ar S: