4 darüber ein langer Leitartikel auf der erſten Seite des Blattes gertanden. Am nächſten Tage mußte der Vorwärts wie die geſamte übrige Preſſe die Be⸗ richtigung der Direktion der Volksbühne mitteilen, daß von Kämpfen um die Volksbühne abſolut nicht die Rede ſein könne. (Zuruf bei den Bürgerlichen: Und der Marſtall?) In den Tagen der Kämpfe haben Flugzeuge der Regierung ſich nicht nur durch Maſchinengewehrfeuer an den Kämpfen beteiligt, ſondern auch Bomben ab⸗ geworfen, von denen die eine am Bülowplatz 10 Per⸗ ſonen getötet, etwa 20 verwundet und von denen eine andere eine viel größere Zahl von Arbeitsloſen vor dem Arbeitsnachweis in der Gormannſtraße ge⸗ tötet hat. Zuerſt wurde mitgeteilt, die Bombe ſei von einem ſpartakiſtiſchen Flugzeug aus Kottbus geworfen worden. Dieſe Mitteilung wurde berich⸗ tigt. Dann hieß es, es ſei ein Flugzeug aus Adlers⸗ hof geweſen. Ebenfalls Berichtigung und Mittei⸗ lung darüber, daß dort überhaupt alles geſchloſſen worden ſei. Dann Mitteilung: es iſt überhaupt kein Flugzeug über Berlin erſchienen und hat ſich an den Kämpfen beteiligt. — In den Tagen des Kampfes um Lichtenberg wurde mitgeteilt, daß in Lichtenberg eine ſehr große Zahl von Kämpfern (Unruhe und Zurufe: Charlottenburg!) eine ſehr große Zahl von Schützen — (Wiederholte Zurufe: Charlottenbura!) — Ja, ich glaube es Ihnen ſelbſtverſtändlich — — (Unruhe. — Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Dr. Borchardt: Ich muß Sie bitten, den Redner nicht zu unterbrechen! Stadtv. Dr Hertz: Ich glaube es Ihnen ja, wie ich vorhin ſchon ſagte, daß Ihnen gerade die Erörterung der Lichtenberger Angelegenheit ſehr unangenehm iſt; (Lachen und Zurufe bei den Bürgerlichen Parteien) aber die Lichtenberger Angelegenheit hat die Ver⸗ anlaſſung gegeben, daß der Belagerungszuſtand und das Standrecht verhängt worden ſind. (Wiederholte Zurufe: Chanlottenburg! 2 des Vorſtehers.) vBorſteher Dr. Borchardt: Ich bitte noch ein⸗ mal, den Redner nicht zu unterbrechen. Soweit ich es beurteilen kann, hat er bis jetzt zur Sache ge⸗ — Gloche Srehr richial bei den Unabhänatcen, venee ve, di. ert ſind, denn der Antrag lautet Sitzung am 2. April 1919 „heit ausgeſprochen hat⸗ 131 in den aufgeregten Tagen in die Preſſe lanciert worden ſind, mit Abſicht hineinlanciert wurden, und in dieſer Annahme werde ich beſtärkt durch die Tat⸗ ſache, daß die Garde⸗Kavallerie⸗Schützen⸗Diviſton einen eigenen Preſſedienſt eingerichtet hat und daß der größte Teil der Nachrichten, die ſich nachher als unwahr herausgeſtellt haben, auf dieſe Stelle zurück⸗ zuführen iſt. Man hat ja auch Veranlaſſung gehabt, darauf hinzuweiſen oder den Eindruck zu erwecken, als wenn die Spartakiſten eine ungeheure Macht darſtellten, die eine wirkliche Bedrohung des Ge⸗ bietes Groß⸗Berlin bedeuten würde, weil man ſonſt es nicht hätte rechtfertigen können, daß ein unge⸗ heures, nach Zehntauſenden zu bezifferndes Men⸗ ſchenaufgebot gegen eine ganz kleine Zahl von Menſchen aufgeboten worden iſt. Man hat davon geſprochen, daß in Lichtenberg über 10 000 Leute gegen die Regierungstruppen kämpfen, und als man nachher ganz Lichtenberg eingeſchloſſen hatte, da hat man noch nicht einmal 200 Leute in Lichtenberg ver⸗ haften können. (Lachen und Zurufe bei den Bürgerlichen Parteien.) Genau ſo ſteht es mit den Bewaffnungsmitteln, die zu Gebote geſtanden haben ſollen. Man hat auch von einer ungeheuer großen Zahl von Ge⸗ ſchützen, Maſchinengewehren uſw. geſprochen, und nachdem man alles hermetiſch abgeſchloſſen hatte, ſo daß nach den eigenen Angaben der Garde⸗Kavalle⸗ rie⸗Schützen⸗Diviſion überhaupt niemand aus dem Gebiet heraus konnte, hat man gar kein Geſchütz, man hat nur einen Minenwerfer und etliche 20 Ma⸗ ſchinengewehre gefunden. Aber es gibt noch ein weiteres Mißgeſchick. In den Debatten im preußiſchen Landtag über den Belagerungszuſtand hat der Herr Kreasminiſter Reinhardt geglaubt, einen beſonders großen Trumpf ausſpielen zu können, wenn er ſeine Nachrichten über den Waffenfund in Adlershof bekanntaibt: dort ſollen Tauſende von Gewehren, 475 000 Pa⸗ tronen, Dutzende von Maſchinengewehren gefunden worden ſein. Am nächſten Tage mußte der Herr Kriegsminiſter zugeben, daß dieſe Dinge unter der Obhut der Regierungsvertreter dort in Adlershof ge⸗ ſtanden haben und nicht zur Verfügung der Arbeiter dort lagen. Am allergemeinſten — ich muß dieſes Wort mit Abſicht gebrauchen — hat ſich der Schwindel über die Erfindung der Greuelnachrichten in der ſo⸗ genannten Lichtenberger Beamtenmordaffäre gezeigt. Am Sonntag, dem 9., brachte die B. 3. am Mittag die Nachricht, daß in Lichtenberg 60 Beamte auf die gemeinſte Art und Weiſe von den Spartakiſten ermordet worden ſeien. Ich kann es mir nicht ver⸗ ſagen — dieſe Nachricht ging ſellſtverſtändlich durch die ganze Preſſe —, Ihnen vorzuleſen, wie damals der Vorwärts ſeine Meinung zu dieſer Angelegen⸗ (Zurufe: Haben wir alles geleſen!) Aber was am Sonnabend in Lichtenberg vor dem Omnibusdepot der Warſchauer Straße geſchehen iſt, das iſt kein politiſches Verbrechen, ſondern ein gemeiner Maſſen⸗ und Meuchelmord. Die Feder ſträubt ſich, wenn ſie die grauſenerregenden Handlungen noch⸗