132 Sitzung am 2. April 1919 mals beſchreiben ſoll, die hier von ſparta⸗ kiſtiſchen Haufen an wehrloſen Gefangenen verübt worden ſind. 60 Polizeibeamte und einige Dutzend Regierungsſoldaten ſind wie Tiere abgeſchlachtet worden. Man muß glau⸗ ben, daß die Nähe des Zentralſchlachthofes auf die Phantaſie der Mörder erregend ein⸗ gewirkt hat. Man entſchuldige dieſe Taten nicht mit Erregung. Die Lichtenberger Blut⸗ tat wird als ewiges Schandmal in der Spar⸗ takiſtenbewegung beſtehen bleiben, denn ſie war durch nichts provoziert, hatte keinen Zweck, ſondern ſie ſtellt ſich dar als Ausfluß nie⸗ derſter Mordluſt, Rachſucht und Blutgier. Dieſe Bezeichnung, verehrte Anweſende, in dem Aufſatz als ewiges Schandmal kann ich vollkommen unterſtreichen. Es iſt aber nicht ein ewiges Schand⸗ mal für die Spartakiſten, ſondern für diejenigen. die dieſe Zeilen geſchrieben, und für diejenigen, die ſie dann weiter verbreitet haben. (Sehr gut! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Auch Herr Noske hat ja dann in ſeiner Wei⸗ marer Rede die Sache ſo darzuſtellen verſucht, als ob es ſich bei der Verbreitung dieſer Nachrichten um ein Senſationsgelüſte der bürgerlichen Preſſe ge⸗ handelt habe. Aber gerade Ihnen, meine Herren, muß es ja angenehm ſein, von mir eine Rechtfertiaung der bürgerlichen Preſſe zu hören; denn ich muß hier gemäß den Tatſachen, die Ihnen ja bekannt ſind, auch nochmals unterſtreichen, daß die bürgerliche Preſſe an der Verbreitung dieſer Nachricht nur den geringſten Teil der Schuld trägt, ſondern der Haupt⸗ teil der Schuld liegt bei denjenigen, die vom Mi⸗ niſterium des Innern und von der Garde⸗Kavallerie⸗ Schützen⸗Diviſion aus die Preſſe zur Aufnahme dieſer Nachricht gezwungen haben. (Zuruf: Eidliche Ausſagen!) — Ich weiß nicht, was Sie mit dieſem Zuruf meinen. 3 (Stadtv. Heilmann: Ihre eigenen Parteifreunde haben den Zwiſchenruf gemacht. — Große Heiter⸗ keit.) — Herrn Heilmann wird es wahrſcheinlich noch viel äfter ſo gehen, daß er Zwiſchenrufe von ſeinen Freunden nicht verſteht. Nachdem dieſe arauenvolle Nachricht die Po⸗ gromſtimmung unter der Berliner Bevölkerung ge⸗ nügend hervorgerufen hatte, iſt der Befehl heraus⸗ gegangen: Die Grauſamkeit und Beſtialität der gegen uns kämpfenden Spartakiſten zwingen mich — alſo Herrn Noske — zu dem Befehl: jede Perſon, die mit den Waffen in der Hand gegen Regierungstruppen kämpfend angetroffen wird, iſt ſofort zu er⸗ ſchießen. Dieſer Befehl iſt alſo die Folge dieſes Märchens, dieſer Lüge über den Lichtenberger Beamtenmord. Damit charakteriſiert er ſich von ſelbſt. Er verdankt einer Lüge, einer bewußten Erfindung, einer grauenvollen Nachricht ſeine Entſtehung und wird ein ewiges Schandmal für diejenigen bleiben, die ihn gerechtfertigt haben. Aber was man mit dieſem Befehl gewollt hat, das, verehrte Anweſende, hat die Deutſche Allge⸗ meine Zeitung, das auch jetzt noch offiziöſe Organ der Regierung, ganz deutlich ausgeſprochen. Man wollte eine Handhabe haben, um diejenigen, die nichts getan haben, die eine Schuld nicht trifft, durch das Standrecht zu beſtrafen, obwohl ihnen eine ſtrafbare Handlung nicht nachzuweiſen iſt. Die Deutſche Allgemeine Zeitung ſagt wörtlich: Aber eine ſolche Verurteilung ſetzt den Nach⸗ weis voraus, daß die mit den Waffen in der —Hand ergriffene Perſon ſich an einer beſtimm⸗ ten ſtrafbaren Handlung wirklich beteiligt hat. An dieſem Mangel einer ſicheren Ueberfüh⸗ rung ſcheitert in zahlreichen Fällen die Be⸗ ſtrafung des Feſtgenommenen. Und weil keine Beſtrafung möglich war, hat man das Standrecht erlaſſen, um ſie ohne eine ſchuldbare Tat auf die Seite bringen zu können. (Pfuirufe bei den unabhängigen Sozialdemokraten.) Aber außer dieſem Befehl exiſtiert noch ein viel ſchlimmerer, nämlich derjenige der Garde⸗Kavallerie⸗ Schützen⸗Diviſion, der ſagt, daß verdächtige Perſön⸗ lichkeiten, bei denen tatſächlich Waffen gefunden werden, zu erſchießen ſind. Hier iſt nicht mehr wie in dem erſten Befehl die Tatſache entſcheidend, daß jemand kämpfend mit der Waffe in der Hand be⸗ troffen wird, ſondern jeder, der Waffen hatte, ſollte auf der Stelle erſchoſſen werden. Und das iſt auch geſchehen. nicht in Einzelfällen, ſondern in außer⸗ ordentlich zahlreichen Fällen, und der ſchlimmſte dieſer Fälle, in dem nicht einmal dieſe Unterlage vorhanden iſt, muß jedem, der auch nur noch einen Funken von Gerechtigkeitsgefühl in ſeinen Adern hat, die größte Verurteilung abnötigen. Heute iſt ja kein Zweifel mehr daran, daß in der Franzöſiſchen Straße in dem Lokal der Volks⸗ marinediviſion einige Dutzend Menſchen einfach er⸗ mordet worden ſind, (Pfuirufe bei den unabhängigen Sozialdemokraten) obwohl ſie nicht das Geringſte getan, obwohl ſie ſich nicht einmal an den Kämpfen beteiligt haben. Es waren Leute dabei, wie zwei Offiziere, die Zahl⸗ meiſter, die überhaupt niemals Straßendienſt getan, die nur in ihrem Kaſſenlokal ihre finanziellen An⸗ gelegenheiten erledigt haben. Es waren außerdem auch Leute aus bürgerlichen Kreiſen dabei, ſogar Leute, die ſich der perſönlichen Freundſchaft mit Noske rühmen können, Leute, die nie irgend etwas getan haben, die nie an dieſen Straßenkämpfen be⸗ teiligt geweſen ſind. Ich will es mir verſagen, Ihnen dieſe Berichte im Wortlaut vorzuleſen: ich nehme an, daß der größte Teil von Ihnen ſie kennt. Aber ich will Ihnen doch ſagen, daß die Dinge viel, viel ſchlimmer ſind, als Sie aus den Nachrichten in der P Eindruck haben müſſen. Es handelt ſich da um 24, ſondern um 32 Perſonen. Un iſt aber ein Fall, der ſo gräßlich i glauben ſollte, er habe ſich wirklich e 32 Leute ſind in eine H