136 Sitzung am 2. April 1919 Das, verehrte Anweſende, iſt nur eines von den Do⸗ kumenten. Ich habe eine ganze Reihe von anderen, aus denen das gleiche hervorgeht. Die Anordnung zur Bildung einer Einwohnerwehr auf dem Lande, die ja auch vom preußiſchen Miniſterium des In⸗ nern ausgegangen iſt und ebenfalls die Bewaffnung der Gegenrevolution zum Zwecle hat, iſt auch von der Abſicht diktiert — es findet ſich ein entſprechen⸗ der Paſſus ebenfalls darin —, die gegenrevolutionä⸗ ren Elemente zu ſtärken. Wir ſind mit Ihnen allen darin einig, daß es Aufgabe der Gemeinden und der Gemeindevertretun⸗ gen iſt, Plünderungen, Räubereien uſw. zu ver⸗ hindern. (Zurufe bei den bürgerlichen Parteien: Na alſo!) Alle Maßnahmen, die nur darauf hinauslaufen, dieſen kriminellen Zwecken zu dienen, werden wir unterſtützen, aber nur die Dinge, die dieſen krimi⸗ nellen Zwecken dienen. Ich will Ihnen ſagen, daß es in Berlin bereits Beiſpiele gibt, wie man ſolche Dinge macht. Der erſte Polizeibeamte von Pankow hat in der Vorortszeitung von Pankow eine aus⸗ fühnliche Darſtellung gegeben, wie es in Pankow ver⸗ mieden worden iſt, daß es auch nur zu iraendeiner kleinen Ausſchreitung kam. Er hat in dieſem Ar⸗ tikel geſchildert, wie er ſofort am erſten Tage die Sozialdemokratiſche Partei und die Unabhängige Partei zuſammenberufen hat und mit ihnen gemein⸗ ſam eine Arbeiterwehr aufgeſtellt hat, die nun alle Räubereien und Plündereien eneraiſch bekämpfte und es dahin brachte, daß ſich ſolche Dinge in Pankow überhaupt nicht ereignet haben. (Hört! hört! bei den Unabhängigen.) In Frankfurt a. M. ſpielt ſich gegenwärtig genau dasſelbe ab. Dort haben Plünderer, die mit politi⸗ ſchen Organiſationen nichts zu tun haben, dieſe Kꝛa⸗ walle verurſacht, (Rufe: Das gehört doch nicht zur Sache!) und es kat die Unabhängige Partei, die Sozial⸗ demokratiſche Partei, die Kommuniſtiſche Partei ſo⸗ gar eine gemeinſame Sicherheitswehr gebildet. Das iſt der Weg, auf dem wir ſolche Dinge, wie ſie ſich in Berlin jetzt ereignet haben, endaültig aus der Welt ſchaffen können. Ich wiederhole, wir unter⸗ ſtützen alle Maßnahmen, die der Beſeitigung von kriminellen Vergehen dienen. Es iſt ja auch darüber wahrſcheinlich gar kein Zweifel bei ein⸗ ſichtigen Elementen, und jedes Mitalied der Unab⸗ hängigen Partei weiß es, daß kriminelle Vergehen, daß Räubereien und Plündereien nur den Kampf der Arbeiterllaſſe außerordentlich ſchädigen, daß alſo die Arbeiterklaſſe ſelbſt ein aroßes Intereſſe daran hat, für Ruhe und Ordnung zu ſorgen. Und, verehrte Anweſende (nach links), ich darf Sie wohl daran er⸗ innern, daß Sie alle früher dieſer Meinung waren, daß Sie früher bei jeder Demonſtration die Polizei und die Regierung darauf hingewieſen haben: laßt die Arbeiter ſelber für Ordnung ſorgen, dann wird es in keiner Weiſe zu Unruhen kommen. (Sehr richtig! bei den Unabhängigen. — Zuruf: Leipzig!) 14 die Rede des Herrn Vo⸗ edn 2 — Ja, in Leipzig iſt das der Fall geweſen, da hat ſich in dem 14tägigen Streik nicht das geringſte er⸗ Eianet. 5 Ich möchte meine Ausführungen damit ſchlie⸗ ßen: wir fordern, daß der Belagerunaszuſtand ſo⸗ fort aufgehoben wird, daß alle Maßnahmen beſeitigt werden, die eine Bewaffnung des Bürgertums zur Folge haben. In dem Auagenblick, in dem die Ar⸗ beiter reſtlos entwaffnet ſind und in dem die Gefahr der Gegenrevolution vorhanden iſt, wie Sie ſelber zugeben, müſſen alle Maßnahmen ergariffen wer⸗ den, die der Bekämpfung der Einwohnerwehren die⸗ nen, die ebenfalls nichts anderes ſind als die Vorſtufe zur Entfeſſelung des Bürgerkrieges, die Vorſtufe zur Bewaffnung des Bürgertums, nicht mit dem Zwecke, nur Spartakiſten, nur Unabhänaige zu bekämpfen, ſondern mit dem Zwecke, den Kapitalismus zu ſtützen und den Sozialismus zu bekämpfen. (Bravo! und Händeklatſchen bei den Unabhänaiaen Sozialdemokraten.) Oberbürgermeiſter Dr. Scholz: Die Feſtſtellung der Auffaſſung des Magiſtrats wird ſich in zwei we⸗ ſentlichen Punkten von den Ausführungen des Herrn Vorredners unterſcheiden, erſtens im prinzipiellen Standpunkt und zweitens durch die Kürze meiner Ausführungen. (Bravo! bei den bürgerlichen Parteien.) Niemand, der es ernſthaft mit der Ruhe und Si⸗ cherheit unſerer Bürger, insbeſondere unſerer erwerbs⸗ tätigen Bürger, meint, kann die Verantwortung dafür übernehmen, daß die wohlüberlegte Maßregel der Regierung früher aufgehoben wird, als ſie ſelbſt es für notwendig hält. (Sehr richtig! bei den bürgerlichen Parteien.) Es könnte höchſtens der die Verantwortung für die Aufhebung dieſer Maßregel zu tragen ver⸗ meinen, der uns Garantie dafür gäbe, daß derartige Dinge, wie wir ſie ſchaudernd hier in Berlin erlebt haben, ſich nicht wiederholen. Dieſe Garantie kann nie⸗ mand geben, die können auch die Herren Antragſteller, die ebenſo wie wir alle dieſen Ereigniſſen völlig fern ſtehen, nicht geben. Ich möchte hier die formelle Zuſtändigkeit der Stadtverordnetenverſammlung, über dieſe Frage zu beraten und Beſchluß zu faſſen, nicht anzweifeln. Materiell aber kann über dieſe Irage nur jemand urteilen, der an verantwortliche Stelle geſetzt alle Dinge, die damit in Zuſammenhang zu bringen ſind, überſchauen und beurteilen kann. Das ſind nicht wir, das iſt nicht die Stadtverordneten⸗ verſammlung, das iſt nicht der Magiſtrat. Ich muß deshalb erklären, daß für die Frage der A 4 des Belagerungszuſtandes nach meiner und ſtrats Auffaſſung ganz allein die Verar jenigen Stelle verbleiben muß, zuſtand verhängt hat. Aus dieſen kurz voller Abſicht aller 71 ufh en baben, an