142 Sitzung am 2 April 1919 gierung noch heute den Belagerungszuſtand für not⸗ das Treiben von Leuten mitzumachen, die ſich Kom⸗ muniſten nennen, ohne es zu ſein, die nur den Namen der Kommuniſten führen, um darunter ihr ver⸗ brecheriſches Treiben fortzuſetzen. (Sehr richtig!) Ich ſage alſo: ſolcher Fälle haben wir in Photo⸗ graphien allein ein Dutzend. Wenn ein Dutzend photographiert ſind, können Sie ſich vielleicht aus⸗ rechnen, daß eine weſentlich größere Zahl vorge⸗ kommen iſt, und Sie wiſſen ja, daß in dieſen Kämpfen die Regierungstruppen über 100 Mann Verluſte gehabt haben. (Stadtv. I)r Hertz: Auf der anderen Seite ſind über 200 Mann ſtandrechtlich erſchoſſen worden nach den Meldungen des „Vorwärts“1) Aber, Herr Kollege Dr Hertz, wenn irgend jemand zu Unrecht ſtandrechtlich erſchoſſen wird: glauben Sie denn, daß es hier in dieſem Saal einen Menſchen gibt ich ſpreche gar nicht von einem Sozialdemo⸗ kraten, für uns iſt das ja ſelbſtverſtändlich —, der das nicht aufs ſchärfſte verurteilt (Sehr richtig!) und es nicht mit uns wünſcht, daß der Mann, wenn es einen Schuldigen gibt, oder daß, wenn z. B. der Leutnant Marlow den Befehl zum Erſchießen gegeben hat und ihm nachgewieſen wird, daß dazu kein Grund vorlag, zu der denkbar ſtrengſten Strafe ver⸗ urteilt wird? Ich ſage alſo, meine Herren: dieſe Ausſchrei⸗ tungen ſind vorgekommen und haben die ⸗Regierung veranlaßt, den Belagerungszuſtand zu verhängen, um Menſchenleben zu ſparen. Denn das iſt doch wohl klar: wenn es einmal ſo weit gekommen iſt, wie wir alle nicht wünſchen, daß es kommt, daß man ſich gegenſeitig mordet, dann iſt der Belagerungszuſtand in der Tat ein Mittel, um Opfer zu vermeiden. Herr Kollege Dr Hertz hat auf Frankfurt hin⸗ gewieſen. Dort iſt, wie er uns geſagt hat, eine republikaniſche Schutztruppe nach ſeinem Ideal. Auch von dieſer republikaniſchen Schutztruppe hat das Ge⸗ ſindel die Leute einfach in den Main geworfen und wie Hunde erſäuft. (Stadtv. I)r Hertz: Das iſt vorher geweſen!) — Gewiß. Herr Doktor, aber was tut die Frank⸗ furter Parteigenoſſenſchaft neben der Bildung der Schutztruppe? Sie verhängt den Belagerungszuſtand, ſie ordnet an, daß niemand nach 6 Uhr auf die Straße geht! Das ſind doch, Herr Dr Hertz, die ſelbſtverſtändlichen Maßnahmen, die Ihre Partei⸗ genoſſen in Leipzig während des Generalſtreiks auch ergreifen mußten, die in München ergriffen wurden, als der revolutionäre Arbeiterrat die Gewalt an ſich riß. Daraus, daß im Moment der Kämpfe die Regierung den Belagerungszuſtand verhängte, kann ihr kein vernünftiger und ehrlicher Mann einen Vor⸗ wurf machen Eine andere Frage iſt die, ob der Belagerungs⸗ zuſtand heute noch notwendig iſt. Der Herr Ober⸗ bürgermeiſter hat bereits darauf hingewieſen, daß wir die Gründe leider nicht kennen, aus denen die Re⸗ wendig hält. Ein Indiz kenne ich nur. In der letzten Vollverſammlung der Berliner Arbeiter⸗ und Soldatenräte wurde von dem zweiten Rätekongreß geſprochen, der hier am Montag zuſammentritt, und da ſagte der Kommuniſt Herfurth: Dieſer Kongreß wird am 8. April nicht zuſammentreten, denn bis dahin werden große Umwälzungen eingetreten ſein. Als man ihn fragte, was er meinte, ſagte er: Bis dahin werde die Gegenrevolution einen gewaltſamen Putſch verſucht haben. Ich traue der Gegenrevolu⸗ tion, obwohl ich ihren Verſtand nicht übermäßig hoch einſchätze, nicht die Dummheit zu, einen ganz aus⸗ ſichtsloſen Putſch zu verſuchen, ich weiß auch nicht, ob etwa von anderer Seite etwas geplant iſt; aber die Tatſache ſteht feſt, daß der Kommuniſt Herfurth für die nächſten Tage große Unruhen angekündigt hat. Vielleicht iſt das eins der Momente, das die Re⸗ gierung in Sorge verſetzt. (Lachen bei den unabhängigen Sozialdemokraten.) Im übrigen, meine Herren, wünſchen wir, daß die Regierung noch einmal ſorafältig überlegt, ob der Belagerungszuſtand wirklich unbedingt not⸗ wendia iſt, und daß ſie ihn aufhebt, wenn ſie das mit ihrer Pflicht zur Aufrechterhaltung der öffent⸗ lichen Ordnung iraend vereinbaren kann. Eine Aufforderung in dieſem Sinne haben wir uns als Antrag zu formulieren geſtattet und bitten Sie um Ihre Zuſtimmung dazu. Aber, meine Herren, ich muß doch noch mit einem Wort auf die Bemerkung des Herrn Dr Hertz über die Einwohnerwehren und über den Schutz der öffentlichen Ordnung überhaupt eingehen. Die Ein⸗ wohnerwehr, hat er geſagt, ſei etwas Konterrevolu⸗ tionäres, unbedingt Arbeiterfeindliches. An der Spitze der Charlottenburger Einwohnerwehr ſtehen die Kollegen Dr. Borchardt, Richter, Skaller uſw. Sie werden es ſelbſt Ihren ſehr fanatiſterten An⸗ hängern gegenüber nicht leicht haben, zu beweiſen, daß die Konterrevolution ſich ausgerechnet in der Perſon des Kollegen Dr. Bruno Borchardt ver⸗ körpert. 5 (Heiterkeit.) Die Gefahr für die Revolution, mit der Sie die Arbeiter ſo ungeheuer wild machen, beſteht, wenn ſie auch lange nicht ſo aroß iſt, wie Sie fürchten. Warum die Gefahr beſteht, hat uns Karl Kautsky im Leitartikel der „Freiheit“ vom 13. Januar er⸗ zählt. Dort ſchreibt er, daß die Gewalttaktik der Spartakiſten, die den Militarismus brechen will, es iſt, die ihn dazu führt, wieder das Haupt zu erheben. (Hört, hört! bei den bürgerlichen Parteien.) Nun iſt gerade der Militarismus Stadtv. Dr. Hertz: In der Preuſiſchen Lande⸗ 0. ſammlung haben Sie noch einen Satz binzucefnati) mein Zitat richtig, und ich habe hinzugeſ 48 iſt die Schuld der Spartaki die mit ihnen durch Dick und D die es nie gewaat h